Vermögensverwalter-Kolumne

"Russisch-Brot" für Joe

25.04.14 09:51 Uhr

"Russisch-Brot" für Joe | finanzen.net

Der Ost-West-Konflikt um die Unabhängigkeit der Ukraine spitzt sich zunehmend zu.

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Zeit für eine nüchterne, wirtschaftliche Analyse der möglichen Auswirkungen auf die Anleger.

Von Burkhard Wagner, Vorstand der PARTNERS VermögensManagement AG in München

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Während Putin seine Großmachtsfantasien auslebt, lässt die NATO die Muskeln spielen und in Europa wird auf höchster politischer Ebene heftig über Sanktionen debattiert. Es riecht nach Krise, wenn nicht sogar nach Krieg. Doch während der Westen die Peitsche schwingt, betätigen sich einzelne Unternehmenslenker als Überbringer von Zuckerbrot. Siemens-Vorstandschef Joe Käser nahm Ende März seinen länger schon anberaumten Termin bei Wladimir Putin wahr.

Interessanter Markt

Denn unter gegenseitigen Sanktionen könnten nur alle verlieren. Siemens zum Beispiel liefert Züge, Gasturbinen und Medizintechnik nach Russland. Obwohl nach Schätzungen erst zwei Prozent des Siemens-Gesamtumsatzes mit Russland umgesetzt werden, ist der Markt strategisch hochinteressant. Man lasse sich bei den langfristigen Planungen nicht von kurzfristigen Turbulenzen leiten, sagte Kaeser nach dem Treffen.

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Deutschland importiert immerhin Waren im Wert von rund 40 Milliarden Euro aus Russland, verstärkt Rohstoffe, Öl und Gas. In die andere Richtung gehen Waren und Dienstleistungen für ca. 36 Mrd. Euro. Damit liegt Russland auf Platz 11 von Deutschlands Exportrangliste. Besonders wichtig ist Russland für die Branchen Maschinenbau, Autoindustrie, Chemie und Handel.

Der "sichere Westen" hat es leicht

Europas Wirtschaft kommt nach Schätzungen auf ca. 300 Mrd. US- Dollar Gesamtumsatz mit Russland. Dass Amerika sich leichter tut, den Retter der Ukraine zu geben, ist schnell ersichtlich. Der Umsatz US-amerikanischer Firmen mit Russland beträgt aktuell nur ca. 30 Mrd. USD. Vor diesem Hintergrund kann der "sichere Westen" gut und schnell harte Sanktionen fordern. Die Europäer und insbesondere Deutschland tun sich damit schwerer. Bei einer Eskalation würde vor allem Deutschlands Wirtschaft stark in Mitleidenschaft gezogen werden. Allein die 30 DAX-Firmen beschäftigen in Russland mehr als 45.000 Mitarbeiter. In Deutschland sichert der Handel mit Russland rund 350.000 Arbeitsplätze.

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Anleger bemerken schon die Auswirkungen des Konfliktes. Die Aktienkurse der Firmen mit hoher Russland-Abhängigkeit haben schon nachgegeben. Stada, Adidas, BASF und Metro gehören zu den Verlierern der letzten Wochen. Stada korrigierte seine Jahresprognose deutlich und Metro sah sich gezwungen, den geplanten Börsengang der Russland-Tochter zu verschieben. Metro unterhält 72 Cash and Carry-Märkte sowie 57 Mediamarkt-Saturn-Märkte mit über 22.000 Mitarbeitern in Russland.

Adidas stattet nicht nur die russische Fußball- Nationalmannschaft bei der Fußball-WM in Brasilien aus. Russland ist für Adidas der drittwichtigste Einzelmarkt mit über 10.000 Mitarbeitern vor Ort. Auch bei E.on sind die Nerven angespannt. Der Energiekonzern ist über seine Tochter Ruhrgas eng mit Russland verflochten. 10 Prozent der gesamten Gaslieferungen stammen aus Russland. Obwohl schon auf oberster politischer Ebene erste Gespräche mit kanadischen Flüssiggas-Lieferanten stattgefunden haben, scheinen die Gasmengen, die aus Russland eingeführt werden, kurzfristig kaum zu ersetzen. Somit stellt für energieintensive deutsche Unternehmen der Russland-Konflikt ein besonderes Risiko dar. Einzelne Experten sehen sogar die endgültige Realisierung der Energiewende in Gefahr.

Wenn die russische Regierung beginnt, deutsche Unternehmen vor Ort unter Druck zu setzen, wird es schwierig werden. Volkswagen hat bereits für 1,4 Mrd. Euro ein Werk in Kaluga gebaut. Dort laufen die Modelle Polo, Tiguan und einzelne Skoda- Modelle vom Band. Weitere Investitionen in Höhe von 1,2 Mrd. Euro sind geplant.

Fazit:

Die Gefahr einer Verschärfung des Konfliktes durch eskalierende Sanktionsmaßnahmen existiert. Für die deutsche Industrie stehen damit auf Dauer Milliardeninvestitionen auf dem Spiel. Das kann der entscheidende Hebel sein, die Situation wieder zu beruhigen. Auf Druck der Wirtschaft werden sich die politischen Entscheider sehr schwer tun, wirklich harte wirtschaftliche Sanktionen zu verhängen.

Ist der russische Aktienmarkt eine Alternative? Eher nicht. Zwar hat der russische Aktienmarkt in den vergangenen drei Jahren rund 45 Prozent an Wert verloren und gehört mittlerweile zu den preis- wertesten Aktienmärkten der Welt. Allerdings mit dem Manko einer ausgeprägten politischen Instabilität. Zudem gab der Rubel in dieser Zeit 21 Prozent seines Wertes ab. Russische Aktien dürften auch weiterhin sehr volatil bleiben.

Für den deutschen Aktienmarkt sehen wir nach einer Beruhigung der politischen Situation keine wesentlichen Korrekturen. Die 9.000 Punkte-Marke (und gleichzeitig 200-Tage Linie) sollten halten. Die jetzige Situation eignet sich daher gut für einen antizyklischen Einstieg. Spätestens im zweiten Halbjahr gehen wir davon aus, dass der DAX die 10.000-Punkte-Marke erneut testen und überschreiten wird.

Immer mehr Privatanleger in Deutschland vertrauen bei ihrer Geldanlage auf bankenunabhängige Vermögensverwalter. Frei von Produkt- und Verkaufsinteressen können sie ihre Mandanten bestmöglich beraten. Mehr Informationen finden Sie unter www.vermoegensprofis.de.

Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.

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