BFH mit Urteil: Besteuerung von Termingeschäften verfassungswidrig?
Die steuerliche Behandlung von Termingeschäften steht auf dem Prüfstand. Ein aktuelles Urteil des Bundesfinanzhofs stellt die Beschränkung der Verlustverrechnung infrage, da diese vermutlich verfassungswidrig ist.
• Gesetzesänderung aus dem Jahr 2021 beschränkt Verlustverrechnung
• Bundesfinanzhof stellt Änderung infrage
• Verstoß gegen den im Grundgesetz verankerten Gleichheitsgrundsatz
Besteuerung von Termingeschäften auf dem Prüfstand
Unter Termingeschäften versteht man Geschäfte an der Börse oder im OTC-Handel, bei denen die Erfüllung des Vertrags, das heißt die Abnahme und Lieferung der Ware, der Devisen oder des Wertpapiers, erst zu einem späteren Termin, aber zu einem am Abschlusstag festgelegten Kurs erfolgt, erklärt das Gabler Wirtschaftslexikon. Wie das Handelsblatt vor einigen Monaten berichtete, zweifelte das Finanzgericht Rheinland-Pfalz daran, dass die die Beschränkung der Verlustrechnung bei diesen und anderen Termingeschäften verfassungskonform sei, was deshalb vom Bundesfinanzhof geprüft werden sollte.
Hintergrund war eine entsprechende Gesetzesänderung aus dem Jahr 2021. Seitdem dürfen Anleger Verluste aus Termingeschäften im Wesentlichen nur noch mit Gewinnen aus ähnlichen Geschäften verrechnen. Dabei werden pro Jahr maximal 20.000 Euro berücksichtigt. Zu den Termingeschäften zählen unter anderem Optionen, Futures und CFDs. Wie die WirtschaftsWoche erklärt, gab es schon früh Kritik an dieser Gesetzesänderung. Grund dafür ist, dass der Gewinn aus solchen Geschäften damit komplett steuerlich angesetzt werde, der Verlust jedoch nicht.
Ein aktueller Fall aus Rheinland-Pfalz zeigt die steuerlichen Auswirkungen der Regelung, berichtete das Handelsblatt: Ein Anleger erzielte 2021 Gewinne von 250.631 Euro und Verluste von 227.289 Euro aus Termingeschäften, was zu einem Nettogewinn von 23.342 Euro führte. Das Finanzamt berücksichtigte jedoch nur 20.000 Euro der Verluste, wodurch Einkünfte aus Kapitalvermögen von 213.826 Euro und eine Steuerschuld von 59.860 Euro entstanden, mehr als doppelt so hoch als der eigentliche Nettogewinn. Der Anleger legte daraufhin Einspruch ein, und das Finanzgericht Rheinland-Pfalz gab ihm recht. Die Richter äußerten erhebliche Bedenken, ob die Vorschrift im Einkommensteuergesetz mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz des Grundgesetzes vereinbar sei. "Die Vorschrift behandelt Steuerpflichtige bei der Bestimmung ihrer steuerpflichtigen Einkünfte unterschiedlich, je nachdem, ob sie Verluste aus Termingeschäften oder aus anderen Kapitalanlagen haben", zitiert das Handelsblatt die Richter. Für diese Ungleichbehandlung fehle es "an einem sachlichen Rechtfertigungsgrund".
Bundesfinanzhof fällt Urteil
Der Bundesfinanzhof (BHF) hat nun in einem vorläufigen Rechtsverfahren ein Urteil gefällt und sich dem Finanzgericht Rheinland-Pfalz angeschlossen. Der BFH teilte die Zweifel deutlich, wie er in seinem Urteil betonte. Die beschränkte steuerliche Verrechnung von Verlusten aus Termingeschäften "führt zu einer zeitlichen Streckung", erklären die Richter. Die Begrenzung auf 20.000 Euro pro Jahr wirke "schärfer als die Verlustverrechnungsbeschränkung für Verluste aus der Veräußerung von Aktien".
Nach Auffassung der BFH-Richter stelle dies einen klaren Verstoß gegen den im Grundgesetz verankerten Gleichheitsgrundsatz dar, der besagt, dass Gleiches gleich behandelt werden muss. Hier liege eine doppelte Ungleichbehandlung vor: Termingeschäfte würden im Vergleich zu anderen Kapitalanlagen benachteiligt, und Gewinne aus Termingeschäften würden anders behandelt als Verluste, da letztere auf 20.000 Euro pro Jahr begrenzt seien, während Gewinne unbegrenzt seien. "Bei summarischer Prüfung ist diese doppelte Ungleichbehandlung sachlich nicht durch ausreichend tragfähige Gründe gerechtfertigt", erklärt der BHF.
Vorläufige Steuerentlastung für Anleger
Jedoch seien solche Verfahren noch keine endgültige Entscheidung über die Zulässigkeit der Besteuerung, erläutert die WirtschaftsWoche. Durch einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung könnten Anleger jedoch vorläufig erreichen, dass sie die berechnete Steuer vorerst nicht zahlen müssen. Finanzgerichte gewähren dies nur, wenn sie ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Steuerforderung haben. Zum jetzigen Stand der Dinge sei es außerdem kaum vorstellbar, dass die steuerlichen Vorschriften zur Verlustverrechnung langfristig erhalten bleiben werden.
Redaktion finanzen.net
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