Telefonica macht 1&1 Drillisch neues National-Roaming-Angebot - Aktien ziehen an
Telefonica Deutschland hat der United-Internet-Tochter 1&1 Drillisch im Streit um die Preise für die Nutzung ihres Mobilfunknetzes am Freitag ein verbessertes Angebot unterbreitet.
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Auf dem Weg zum vierten Mobilfunk-Netzbetreiber in Deutschland ist 1&1 Drillisch einen Schritt vorangekommen. Der Wettbewerber Telefonica Deutschland (O2) habe ein neues Angebot zur vorübergehenden Nutzung des Mobilfunk-Netzes vorgelegt, teilten beide Unternehmen am Freitagabend mit.
In diesem seien die Preise für 1&1 Drillisch gesenkt worden, hieß es vonseiten der United-Internet-Tochter, sodass sich das Unternehmen für das Geschäftsjahr 2020 über einen potenziellen positiven Ergebniseffekt von rund 30 Millionen Euro freuen könnte. 1&1 Drillisch ist auf die Mitnutzung eines Fremdnetzes angewiesen, solange es selbst noch keine Mobilfunkmasten hat.
Die EU-Kommission habe Telefonica Deutschland um Nachbesserung eines im Oktober vorgelegten Angebotes für das sogenannte National Roaming gebeten, hieß es am Freitag von 1&1 Drillisch. National Roaming bedeutet, dass sich Handynutzer in Gebieten, in denen ihr Netzbetreiber keine eigenen Antennen hat, mit einem anderen Netz verbinden können. Ein Telefonica-Sprecher sagte hingegen, dass beide Seiten Kompromisse hätten eingehen müssen. Er betonte, dass die EU-Kommission keiner Partei Recht gegeben habe.
Analyst Simon Bentlage von der Privatbank Hauck & Aufhäuser erklärte, ein National-Roaming-Abkommen würde den Weg für das 5G-Netzwerk von 1&1 Drillisch frei machen. Die Regulierungsbehörden hätten ein Interesse am Wettbewerb im deutschen Telekommarkt, damit sich die Netzwerkqualität und die Preise für Endkunden verbesserten.
National Roaming ist für 1&1 Drillisch wichtig, weil das Unternehmen noch über kein eigenes Netz verfügt. Das Unternehmen hatte 2019 ein eigenes Mobilfunk-Spektrum für den neuen Standard 5G ersteigert, nutzt dieses aber im Gegensatz zur Konkurrenz noch nicht. Bevor der Neueinsteiger mit dem Bau eigener Mobilfunkmasten beginnt, will er für die Zwischenzeit das Telefonica-Netz nutzen. Im Zuge der Auflagen für den Erwerb von E-Plus im Jahr 2014 hatte sich Telefonica Deutschland verpflichtet, bis zu 30 Prozent der Netzkapazität an einen Wettbewerber zu verkaufen. Der Vertrag mit Drillisch ermöglicht eine Überprüfung der Konditionen zweimal im Jahr.
1&1 Drillisch und United Internet hatten ihre Prognosen für das operative Ergebnis im Geschäftsjahr 2020 Mitte September um 83,5 Millionen Euro auf 600 Millionen Euro gesenkt. Als Grund nannten sie "erhebliche Preiserhöhungen" für die Nutzung des Telefonica-Netzes. Die potenziellen 30 Millionen Euro aus dem neuesten Angebot sollten - sofern 1&1 bis zum 19. Februar zusagt - nun im Folgegeschäftsjahr verbucht werden. UBS-Analyst Polo Tang bezeichnete dies als eine "moderate Verbesserung".
Im Oktober 2020 hatte Telefonica Deutschland dem Wettbewerber 1&1 Drillisch ein aus ihrer Sicht finales Angebot zu Rahmenbedingungen und Preisen für National Roaming unterbreitet. Diese sollten rückwirkend ab Juli 2020 auch für die Preisgestaltung des sogenannten MBA-MVNO-Vertrages (Mobile Bitstream Access - Mobile Virtual Network Operator) gelten. 1&1 Drillisch monierte aber, dass die Vorleistungspreise seither gleichgeblieben seien, obwohl diese jährlich sinken müssten.
Die beiden Mobilfunk-Anbieter liefern sich seit geraumer Zeit Preisschlachten. Der Münchner Konzern kann indes einen Erfolg bei einem der sogenannten Price Reviews verbuchen, die von 1&1 Drillisch initiiert wurden. So bestätigte ein Schiedsgericht nach Angaben von Telefonica Deutschland am Freitag endgültig, dass es keine rückwirkende Preissenkung ab dem 5. September 2017 geben wird und ein entsprechendes Gutachten darüber wirksam ist. 1&1 Drillisch hatte sich zuvor gegen die Entscheidung eines Gutachters gewehrt und kündigte an, unabhängig vom Ausgang dieses Verfahrens drei andere Preisanpassungsverfahren weiterzuverfolgen. Telefonica hält die Forderungen hingegen weiter für inhaltlich unberechtigt.
Hauck & Aufhäuser belässt 1&1 Drillisch-Aktie auf 'Buy' - Ziel 31 Euro
Die Privatbank Hauck & Aufhäuser hat 1&1 Drillisch nach einem neuen Angebot von Telefonica Deutschland zur Nutzung seines Mobilfunk-Netzes und einer abgeschlossenen Prüfung durch die EU-Kommission über den National-Roaming-Streit mit Telefonica auf "Buy" mit einem Kursziel von 31 Euro belassen. Die Regulierunhgsbehörden hätten ein Interesse am Wettbewerb im deutschen Telekommarkt, damit sich die Netzwerkqualität und die Preise für Endkunden verbesserten, schrieb Analyst Simon Bentlage in einer am Montag vorliegenden Studie. Ein National-Roaming-Abkommen würde für 1&1 auch den Weg frei machen für das 5G-Netzwerk.
Aktien von 1&1 und Mutter United ziehen an - Neues Netz-Angebot von O2
Die Aktien von 1&1 Drillisch und im Gefolge deren Mutter United Internet haben am Montag kräftig von einer Neuverhandlung des National-Roaming-Vertrags mit Wettbewerber Telefonica Deutschland profitiert. Bis zum Handelsende zogen 1&1 Drillisch im SDAX um 6,34 Prozent auf 22,30 Euro an. United Internet profitierten davon im MDAX mit letztlich plus 3,63 Prozent bei 38,50 Euro.
Nach den Feststellungen der EU-Kommission sieht Jefferies-Analyst Ulrich Rathe nun den Durchbruch für ein National-Roaming-Abkommen. Für 1&1 Drillisch sollte dies den Weg freimachen für den Aufbau und Start eines eigenen 5G-Netz, wie Analyst Simon Bentlage von der Privatbank Hauck & Aufhäuser schrieb. Damit dürfte ein Unternehmenswandel einhergehen, der dann auch die Abhängigkeit von anderen Mobilfunknetzbetreibern wie Telefonica oder Vodafone reduziere und helfe, mittel- bis langfristig Kosten einzusparen. Die Regulierungsbehörden hätten ein Interesse am Wettbewerb im deutschen Telekommarkt, damit sich die Netzwerkqualität und die Preise für Endkunden verbesserten.
Berenberg-Analyst Usman Ghazi zielte vor allem auf das "volle Ausmaß" der finanziellen Vorteile für 1&1 Drillisch ab. Dieses sei größer als die zunächst vom Unternehmen veranschlagten 30 Millionen Euro für Juli bis Dezember 2020 oder 60 Millionen Euro auf annualisierter Basis, schrieb er. Dafür verwies er darauf, dass einige Aspekte der neuen Vereinbarung so strukturiert seien, dass das Unternehmen davon erst von 2021 an profitieren werde. 1&1 wolle den Finanzmärkten dazu mehr Klarheit liefern, sobald es das neue National-Roaming-Angebot vorliegen habe, was an diesem Freitag der Fall sein dürfte. Dann werde auch die Entscheidung darüber gefällt, ob es angenommen oder abgelehnt werde.
Andrew Lee von Goldman Sachs sowie UBS-Kollege Polo Tang sahen indes die jüngsten Entwicklungen sowohl für 1&1 als auch für United Internet nur als "mäßig positiv" an. Die neuen Bedingungen für den Netzzugang brächten nur kleinere Vorteile, schrieb Tang, denn die "Hängepartie in der Netzfrage" sei weiter nicht gelöst. Die von Drillisch genannten 30 Millionen Euro, mit denen sich die neuen Nutzungsbedingungen auf das operative Ergebnis (Ebitda) auswirkten, könnten aber immerhin bereits in die durchschnittlichen Analystenschätzungen eingepreist werden, weshalb die Aktien positiv reagierten.
Für Telefonica Deutschland werteten Anleger es zugleich positiv, dass die vorgeschlagenen Bedingungen dem Unternehmen zufolge keinen Einfluss auf die diesjährigen Finanzkennziffern haben. Die Papiere reagierten daher ebenfalls positiv und legten zuletzt um ein Prozent auf 2,30 Euro zu.
FRANKFURT / HAMBURG (Dow Jones / dpa-AFX)
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