BGH stützt VW-Besitzer: Können VW-Dieselkunden jetzt Ersatzfahrzeuge einklagen?
Seitdem der Dieselskandal im Jahr 2015 öffentlich wurde, klagen immer wieder VW-Besitzer auf Entschädigung oder Umtausch ihres Diesels mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung - oft vergeblich. Nun könnte sich die Situation für viele Kläger dank eines Hinweises des BGHs ändern.
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Seit Bekanntwerden der unzulässigen Abschalteinrichtungen in Dieselfahrzeugen im Jahr 2015 wird es nicht still um den deutschen Autobauer VW. Wie das Handelsblatt berichtet, sind den Wolfsburgern durch den Skandal bereits Kosten in Höhe von 28 Milliarden Euro entstanden. Die Anwaltskosten belaufen sich mittlerweile auf einen dreistelligen Millionenbetrag, wie die Rechtsvorständin Hiltrud Werner gegenüber dem Handelsblatt zugab. Bisher wurden die Klagen gegen Autohändler und VW von einzelnen Kunden in Ober- und Landesgerichten ausgetragen. Vor Kurzem wäre es allerdings fast zu einem richtungsweisenden Gerichtsurteil durch das oberste Zivilgericht, den BGH gekommen. Das war passiert:
Der entscheidende Fall
Der Fall, der nun für Aufmerksamkeit sorgte und den Klägern im Dieselskandal den Rücken stärken könnte, betrifft den Besitzer eines VW Tiguan, den dieser in 2015 als Neuwagen vor Bekanntwerden des Skandals von seinem Autohändler erwarb. Vor Gericht hatte der Kunde gegen den Autohändler geklagt, um das Auto mit der unzulässigen Abschalteinrichtung gegen ein gleichwertiges Fahrzeug umzutauschen. Nachdem der Kunde mit seiner Klage in mehreren Instanzen gescheitert war, sollte sein Fall am 27. Februar vor dem BGH endgültig entschieden werden. Allerdings wurde der Gerichtstermin aufgehoben, da der VW Tiguan-Besitzer und der Autohändler einen Vergleich vereinbart hatten. Gegen eine Zahlung des Autohändlers an den Kunden, hatte dieser seine Klage zurückgezogen.
Jedoch ließ es sich das oberste Gericht in Karlsruhe nicht nehmen, auch ohne Gerichtsurteil seine Meinung zu dem Thema zu äußern. So veröffentlichte der BGH einen Hinweis zu dem Verfahren, der nun Dieselklägern den Rücken stärkt. Die vorherigen Instanzen hatten in dem Fall des VW Tiguan entschieden, dass eine Ersatzlieferung eines Neufahrzeugs nicht möglich sei, da der Fahrzeugtyp nicht mehr hergestellt werde. Unabhängig davon argumentiert VW in den Dieselklagen, dass die Autos selbst mit unzulässiger Abschalteinrichtung "sicher und fahrbereit" seien, wie es Werner gegenüber dem Handelsblatt formulierte, demnach liege kein Mangel vor und die Kunden hätten keinen Anspruch auf Ersatz oder Entschädigung, da ihnen kein Verlust oder Schaden entstanden sei.
Die Einschätzung des BGHs
Genau das sieht der BGH nun anders, wie in der veröffentlichten Notiz deutlich wird. Das oberste Zivilgericht sieht in der Abschalteinrichtung einen Sachmangel, durch den dem Fahrzeug die Zulassung entzogen werden könnte. Dieser Mangel sei durch den Hersteller durch den Umtausch mit einem mängelfreien Neufahrzeug zu beseitigen. In dem konkreten Fall des VW Tiguan, der nicht mehr hergestellt wird, schlägt der BGH vor, dass ein Nachfolgemodell als Ersatz geliefert werden könne. Nur wenn der Ersatz mit "unverhältnismäßigen Kosten" verbunden sei, könnte er verweigert werden, wie es in dem BGH-Hinweis heißt. In diesem Punkt vertritt das Zivilgericht demnach eine andere Position als die Vorinstanzen und stellte deren Entscheide als "möglicherweise rechtsfehlerhaft" dar. Es ist das erste Mal, dass der BGH sich zum Dieselskandal äußert.
Auswirkungen für den Verbraucher
Doch was bedeutet der Hinweis nun für die Verbraucher? Da der BGH in seiner "vorläufigen Einschätzung" die Klage des VW Tiguan-Besitzers stützte, könnte daraus geschlossen werden, dass auch bei ähnlichen Klagen im gleichen Sinne entschieden werden könnte. Verbraucher, die einen VW mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung besitzen, hätten demnach gute Chancen, vor Gericht einen mängelfreien Ersatz einzuklagen. Der Knackpunkt besteht dem Handelsblatt zufolge darin, dass die Abschaltvorrichtung als Sachmangel angesehen werde. Über diesen hätte VW Bescheid gewusst, seinen Kunden allerdings vorsätzlich nichts gesagt. Aufgrund dessen hätten VW-Besitzer Anspruch auf Schadensersatz.
VW spielt BGH-Hinweis runter
Es dürfte wenig verwundern, dass die Wolfsburger auch nach der Veröffentlichung des BGH-Hinweises auf ihre Position beharren. Denn richtigerweise stellte der oben beschriebene Fall keine direkte Klage gegen VW, sondern gegen einen Autohändler dar. Trotzdem dürfte die Einschätzung des Zivilgerichts die Position von Klägern gegen VW und anderen Autohändlern in Zukunft stärken. Wichtig zu bemerken ist noch, dass nicht nur VW in den Dieselskandal verwickelt ist und damit von dem Hinweis betroffen ist. Viele weitere Autobauer sind durch das Einsetzen von unzulässigen Abschaltvorrichtungen vom Dieselskandal betroffen. So könnten auch Kunden von Mercedes Benz, Opel, Porsche und Fiat von der Einschätzung des BGH profitieren, wenn sie denn Besitzer eines "dreckigen" Diesels sind.
Redaktion finanzen.net
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