Online-Boom in der Pandemie beschert Shop Apotheke starkes Jahr 2020 - Aktie unter Druck
Der Online-Arzneimittelhändler Shop Apotheke will 2021 an das außergewöhnlich starke vergangene Jahr anknüpfen und seine Profitabilität nochmals verbessern.
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Das neue Jahr habe so begonnen, wie das vergangene geendet habe - mit zweistelligen Wachstumsraten, hieß es im am Mittwoch in Venlo vorgelegten Geschäftsbericht des Unternehmens für 2020. Anleger scheinen sich aber mehr erhofft zu haben, die Aktien gerieten unter Druck.
Im vergangenen Jahr hatte das MDAX-Unternehmen von einem Boom bei den Online-Bestellungen infolge der Corona-Pandemie profitiert. Umsatz und Ergebnis verbesserten sich deutlich. Nach einem Umsatzplus von rund 38 Prozent rechnet der Vorstand um Konzernchef Stefan Feltens für 2021 aber derzeit mit etwas weniger Tempo. Angepeilt ist, dass der Umsatz um 20 Prozent oder mehr klettern soll. Die bereinigte Ebitda-Marge soll bei 2,3 bis 2,8 Prozent herauskommen. Dabei setzt das Management auch auf die Einführung des elektronischen Rezepts, dessen Start Shop Apotheke für den Sommer erwartet.
Analysten zeigten sich derweil ein wenig enttäuscht: Der Ausblick auf 2021 liege am unteren Ende der Markterwartungen, schrieb Jefferies-Analyst Alexander Thiel in einer ersten Reaktion. Die Resultate für 2020 wiederum hätten die bereits bekannten Eckdaten bestätigt und keine großen Überraschungen enthalten.
Im XETRA-Handel fällt der Aktienkurs zeitweise um 4,10 Prozent auf 194,20 Euro. Im vergangenen September hatte der starke Kursanstieg der Aktie der Shop Apotheke den Aufstieg vom SDAX in den MDAX gebracht. Seit dem Indexwechsel war es nochmals rasant aufwärts gegangen, Mitte Februar hatte das Papier fast 250 Euro gekostet - fast neun Mal so viel wie zum Börsengang im Herbst 2016. Die Aktien waren damals zu 28 Euro ausgegeben worden. Seit ihrem Hoch ist die Aktie inzwischen aber um rund ein Fünftel auf etwa 200 Euro zurückgekommen.
Weil in der Pandemie viele Menschen auch Medikamente und andere Apothekenprodukte lieber online kauften, liefen die Geschäfte im vergangenen Jahr für die Shop Apotheke prächtig. Das Unternehmen hatte 1,6 Millionen neue aktive Kunden hinzugewonnen. Die Gesamtzahl stieg damit auf 6,3 Millionen.
Die Erlöse waren wie bereits bekannt auf 968 Millionen Euro angezogen, nach 701 Millionen Euro ein Jahr zuvor. Den größten Batzen steuern dabei noch immer die deutschsprachigen Märkte Deutschland, Österreich und Schweiz bei, doch ihr Anteil nahm im Vergleich zu 2019 leicht ab.
Dabei unterstrich Konzernchef Feltens in der Bilanzpressekonferenz den Anstieg bei den verschreibungspflichtigen Medikamenten in dem Segment um fast ein Fünftel: "Daraus sind wir besonders stolz." Das stärkste Wachstum verzeichnete das Unternehmen in seinem internationalen Geschäft in Belgien, Frankreich, Italien und den Niederlanden.
Das bereinigte Ergebnis vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen (Ebitda) verbesserte sich auf 21,6 Millionen Euro, nachdem im Vorjahr noch ein Minus von 13,6 Millionen Euro in den Büchern gestanden hatte. Damit stieg die bereinigte Ebitda-Marge von minus 1,9 Prozent auf plus 2,2 Prozent. Damit übertraf das Unternehmen seine mehrfach im Jahresverlauf angehobenen Prognosen.
Unter dem Strich schreibt Shop Apotheke allerdings derzeit Verluste. Der Fehlbetrag nach Steuern wurde mit rund 16,8 (Vorjahr: -36,3) Millionen Euro zwar mehr als halbiert, Analysten hatten jedoch noch deutlichere Verbesserungen erwartet.
Nach einigen Kapitalerhöhungen sieht sich Shop Apotheke derzeit auch finanziell gut für die weiteren Wachstumspläne aufgestellt. Die Online-Apotheke hat sich zum Ziel gesetzt, in Europa führend zu werden. So hatte Shop Apotheke unter anderem die Zusammenarbeit mit dem europäischen Telemedizin-Anbieter Zava ausgeweitet. Zudem startete das Unternehmen eine eigene Marke unter dem Namen Red Care. "Wir rechnen damit, dass unser Eigenmarken-Geschäft in den kommenden Jahren deutlich zulegen wird", betonte der Vorstand.
Große Chancen sieht Konzernchef Feltens auch im Start des E-Rezepts. Nach Einschätzung des Managers dürfte sich der aktuell noch sehr geringe Online-Anteil bei den Verkäufen von verschreibungspflichtigen Medikamenten in den nächsten Jahren von aktuell maximal eineinhalb Prozent auf dann etwa acht Prozent erhöhen. Shop Apotheke bereite sich hierauf bestmöglich vor, sagte Feltens. "Wir wollen in der Pole Position sein."
So wolle Shop Apotheke sein Angebot in den kommenden Jahren zu einer "kundenzentrierten E-Pharmacy-Plattform" entwickeln. Dabei setzt Shop Apotheke gleichzeitig auf das sogenannte Cross-Selling: Kunden, die ein verschreibungspflichtiges Medikament bestellen, sollen animiert werden, obendrauf noch nicht verschreibungspflichtige Produkte mitzubestellen - denn diese sind unter dem Strich für die Online-Apotheke profitabler.
Als wichtigen Baustein seiner künftigen Strategie hatte der Konzern bereits sein Sameday-Delivery-Angebot etwa im Ruhrgebiet und Städten wie München und Berlin ausgerollt - Kunden sollen ihr Medikament auf diese Weise am selben oder spätestens am nächsten Tag abends erhalten. Weitere Metropolregionen sollen in diesem Jahr folgen. Zudem übernahm der Online-Arzneimittelhändler zu Jahresbeginn das Münchner Unternehmen Smartpatient, dessen App Menschen bei der regelmäßigen und dauerhaften Medikamenteneinnahme unterstützen soll.
Um das erwartete Wachstum stemmen zu können, baut der Konzern derzeit auch seine Kapazitäten deutlich aus. So entsteht im niederländischen Sevenum ein neues Logistikzentrum. Dort sollen nach der Fertigstellung voraussichtlich im Sommer jährlich 35 Millionen Pakete versendet werden können - das entspreche einer Verdoppelung der Kapazitäten. Feltens rechnet damit, dass Shop Apotheke damit vorerst "keinerlei Kapazitätsbegrenzungen" haben dürfte.
/tav/ngu/mis
VENLO (dpa-AFX)
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