Expertenmeinung: Die USA können sich einen Streit mit Europa nicht leisten
Die Experten sind sich einig: Die USA können sich derzeit einen Handelskrieg mit Europa nicht leisten, denn die Konsequenzen wären weitaus schlimmer als beim gegenwärtigen Konflikt mit China.
• Experten sind sich sicher, dass die USA sich derzeit einen Handelskrieg mit Europa nicht leisten können
• Brüssel bereitet sich auf drohende Abgaben vor
• Die USA exportieren dreimal mehr Waren nach Europa als nach China
Die Auswirkungen auf die Wirtschaft
Im Handelsstreit zwischen den USA und China scheint kein Ende in Sicht, doch es geht noch schlimmer. Da sind sich zumindest einige Experten einig, die zuletzt gegenüber CNBC äußerten, dass die USA von einem Handelskrieg mit der EU mehr zu verlieren hätten als bei ihrem jetzigen Konflikt mit China. Denn auch wenn sich US-Präsident Trump die letzten Monate scheinbar auf die chinesischen Zölle konzentriert hat, so hat er seine Kritik gegen die Europäische Union dennoch fortgesetzt. Deutlich wird dies durch die Ankündigung, dass seine Regierung im November darüber entscheiden will, ob auch für europäische Güter Zölle auferlegt werden sollen. Die ausstehende Entscheidung betrifft eine der wichtigsten Branchen in Europa: Die Autobranche.
Der bilaterale Handel zwischen den USA und der EU
Doch die Experten sind sich sicher, dass es bei Kritik und Worten bleiben wird, denn ein Streit mit Europa wäre für die USA weitaus schädlicher als der derzeitige Kampf gegen China. "Der Handel zwischen der EU und den USA ist am wichtigsten. Es ist mit Abstand der größte bilaterale Handelsstrom der Welt", bestätigt auch Florian Hense, Ökonom bei Berenberg, gegenüber CNBC in einer Mail. "Der bilaterale Handel zwischen den USA und der EU, bei dem die Exporte und Importe von Waren und Dienstleistungen berücksichtigt wurden, übertraf den zwischen den USA und China im Jahr 2018 um mehr als 70%", sagte Hense. Verlassen kann sich auf die Vermutungen jedoch niemand und so treffen sich die Staats- und Regierungschefs der sieben größten Volkswirtschaften der Welt noch diesen Monat in Frankreich. Das Treffen der G-7-Vertreter ist, neben Themen wie Gleichheit und Frieden, auch angedacht, um über den Welthandel zu sprechen und Konfliktpunkte aufzudecken und anschließend zu lösen.
Brüssel ist vorbereitet
Cecilia Malmström, die EU-Handelschefin, hat sich ebenfalls zu der aktuellen Situation geäußert. Sie erklärte, sie würde zunächst keine Abgaben fordern, sondern erst einmal abwarten. Sobald sich die US-Regierung jedoch dazu entscheidet, würde auch Malmström entsprechende Schritte einleiten. Bereits im Juni 2018 sagte sie: "Die Regeln des internationalen Handels, die wir im Laufe der Jahre gemeinsam mit unseren amerikanischen Partnern entwickelt haben, können nicht ohne Reaktion unserer Seite verletzt werden". Brüssel scheint darauf vorbereitet zu sein, denn jedes Mal, wenn seitens der USA Drohungen laut wurden, neue Abgaben zu erheben, hat Brüssel verschiedene Warenlisten ausgearbeitet. Mit den ausgearbeiteten Listen zeigt man den USA, was auf sie zukommt, sollten sie ihre Drohungen wahr machen. Gleichzeitig macht Brüssel die Bereitwilligkeit zurückzuschlagen deutlich. Doch es scheint, als würde es eben nur bei Drohungen als gegenseitiges Kräftemessen bleiben und keine Partei wagt den ersten Schritt.
US-Exporte und Importe
"Während der US-China-Handelskrieg jetzt beginnt, Auswirkungen auf die allgemeine Gesundheit der Wirtschaft zu haben, hat es eine Weile gedauert und einige der Auswirkungen wurden durch ein günstiges Wirtschaftsklima ausgeglichen", sagte Fredrik Erixon, Direktor des Think Tanks ECIPE gegenüber CNBC. Die Experten sind sich einig: Die USA können sich derzeit einen Handelskrieg mit Europa schlichtweg nicht leisten. Erixon betont, dass ein Anstieg der Zölle zwischen der USA und der EU zu einer Verlangsamung beider Volkswirtschaften führen würde und so niemand von einer Änderung profitierte. Und auch die Zahlen machen dies deutlich. Daten des Büros des US-Handelsbeauftragten zeigen, dass die USA im Jahr 2018 EU-Waren im Wert von 683,9 Mrd. USD und 557,9 Mrd. USD aus China importierten. Es wird deutlich, dass diese Werte nah beieinander liegen, doch, wenn man sich die Daten der Exporte ansieht, ist erkennbar, dass auch die Zahlen für die Meinung der Experten sprechen. Denn die USA haben im letzten Jahr fast dreimal mehr Waren nach Europa exportiert als nach China. So beliefen sich die US-Exporte in die EU auf 574,5 Milliarden US-Dollar und nach China auf 179,2 Milliarden US-Dollar.
Isabell Tonnius / Redaktion finanzen.net
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