Hier stimmt was nicht! Der solideste DAX-Wert ist...

von Jörg Lang, Euro am Sonntag

Doch welche der 30 DAX-Werte sind wirklich finanziell solide? Genau dieser Frage ist das Meinungsforschungsinstitut Dr. Goeblin nachgegangen, unter anderem mittels einer Umfrage unter Wirtschaftsjournalisten. Das Ergebnis: Die meisten Befragten haben BMW als das solideste Unternehmen eingestuft, gefolgt von Volkswagen. Überraschend sind die Antworten nicht, denn die Produkte und ihre Wahrnehmung spielen bei solchen Erhebungen naturgemäß eine große Rolle. Die Autos der Konzerne gelten als solide, also werden es auch die Unternehmen sein. Zudem hatten beide Unternehmen in den vergangenen Jahren einen guten Lauf und konnten Umsatz und Gewinn deutlich verbessern. Doch der Blick auf die Produkte kann auch täuschen.

Die finanziell solidesten Unternehmen sollten in jedem Marktumfeld ihren Verpflichtungen nachkommen und profitabel arbeiten können. Bei Autofirmen sind da Zweifel angebracht. Gern wird übersehen, dass sie einen ungestörten Zugang zu den Kapitalmärkten benötigen. Der Großteil der Autos wird über Finanzierungsgeschäfte verkauft. Das heißt: Der Hersteller finanziert die Autos. Schulden und Restwert des Fahrzeugs lasten auf der Bilanz. Und da kommen schöne Summen zusammen.

BMW steht gemessen am letzten veröffentlichten Quartalsabschluss mit mehr als 60 Milliarden Euro in der Kreide. Beim größeren Volkswagen-Konzern sind es sogar mehr als 100 Milliarden. Was, wenn der Zugang zu Krediten nicht mehr möglich ist oder die Restwerte der Fahrzeuge verfallen? Und: Beide Unternehmen erzielen den Großteil ihrer Gewinne in China. Weil der Automarkt dort in den vergangenen Jahren sehr stark zugelegt hat, steuern die Luxuskarossen dicke Gewinne bei. Wenn der Wind in China aber dreht, würde das auch die Zahlen von BMW und VW belasten.

Wer also ist der wahre DAX-Champion in ­Sachen finanzielle Solidität? Ein heißer Favorit dürfte Beiersdorf sein, der Hersteller von Kosmetik (Nivea) und Klebstoffen (Tesa). Der Hamburger Konzern überzeugt in drei Punkten. Zum einen sind in der Bilanz keine versteckten Hintertürchen. Es gibt keine langfristigen ­Finanzschulden und die Bankkonten sind mit 1,5 Milliarden Euro prall gefüllt.

Zum anderen erwirtschaftete das Unternehmen auch nach Investitionen viel mehr, als es ausgibt. Ohne diesen freien Cashflow kann es keine von Krisen unabhängige Unternehmensentwicklung geben. Und diesen freien Cashflow dürfte Beiersdorf letztlich auch dann erwirtschaften, wenn die Konjunktur richtig rückläufig ist. Der Grund: Niveadosen und Tesafilm werden von den Konsumenten nicht auf Pump gekauft.