Unabhängig von Inflation

EZB-Chefvolkswirt Lane: EZB sieht "strategische" Notwendigkeit für lockere Geldpolitik

08.11.21 14:51 Uhr

EZB-Chefvolkswirt Lane: EZB sieht "strategische" Notwendigkeit für lockere Geldpolitik | finanzen.net

Der Chefvolkswirt der Europäischen Zentralbank (EZB), Philip Lane, hält ungeachtet der aktuell hohen Inflation im Euroraum eine lockere Geldpolitik für notwendig.

Zur Eröffnung einer EZB-Konferenz begründet Lane das mit der eingeschränkten Möglichkeit der EU-Länder, eine wachstumsfreundliche Fiskalpolitik zu betreiben. "Während der Pandemie war die Fiskalpolitik stark antizyklisch, doch die Fähigkeit der Fiskalpolitik, die Dynamik der Gesamtnachfrage mittelfristig zu unterstützen, ist durch die hohe Gesamtverschuldung der Staaten und das Fehlen einer dauerhaften zentralen Fiskalkapazität eingeschränkt", sagte Lane laut veröffentlichtem Redetext.

Er fügte hinzu: "Diese Faktoren bestärken uns in unserer strategischen Einschätzung, dass eine umfangreiche geldpolitische Akkommodation erforderlich ist, um sicherzustellen, dass sich ein anhaltender Inflationsdruck aufbaut, um die Inflation mittelfristig bei 2 Prozent zu stabilisieren."

Lane bekräftigte seine Einschätzung, dass die gegenwärtig erhöhte Inflation auf Faktoren beruhe, die im Laufe des nächsten Jahres schwinden dürften. Er wies zudem darauf hin, dass die stark steigenden Energiepreise auch das Wachstum und damit die mittelfristigen Inflationsaussichten schwächten. Für diese Aussichten sei es auch wichtig, dass die Löhne nicht nur einmalig stiegen. "Die anhaltende Komponente der Lohndynamik wird bei der Bewertung der zugrunde liegenden Inflation von zentraler Bedeutung sein, insbesondere angesichts des hohen Anteils der Dienstleistungen am Gesamtpreisniveau und des hohen Anteils der Arbeit an der Wertschöpfung im Dienstleistungssektor", sagte der EZB-Chefvolkswirt.

Dementsprechend würden die Beobachtung der produktivitätsbereinigten Lohnabschlüsse und die Unterscheidung zwischen vorübergehenden und dauerhaften Komponenten der Lohnabschlüsse von zentraler Bedeutung sein. "Insbesondere bedeutet eine einmalige Verschiebung des Lohnniveaus als Teil der Anpassung an einen vorübergehenden unerwarteten Anstieg des Preisniveaus keine Trendverschiebung des zugrunde liegenden Inflationspfads", sagte Lane.

Von Hans Bentzien

FRANKFURT (Dow Jones)

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