UN-Resolution: Besiegeln die USA Abkehr von der Ukraine?
NEW YORK (dpa-AFX) - Vor einer großen Ukraine-Abstimmung bei den Vereinten Nationen in New York herrscht Unklarheit über die künftige diplomatische Linie der Vereinigten Staaten unter Donald Trump. In der UN-Vollversammlung soll am Montag zum Jahrestag des Einmarsches von Russland in die Ukraine über einen Resolutionsentwurf zur Unterstützung Kiews abgestimmt werden. Westliche Diplomatinnen und Diplomaten fürchten, dass die USA dabei vor der Weltgemeinschaft ihre bislang vor allem rhetorische Abkehr von der Ukraine mit einem Votum auch diplomatisch zementieren könnten.
Auf die Frage, ob die USA den Beschlussentwurf mit der Forderung nach dem vollständigen Rückzug der russischen Truppen aus der Ukraine unterstützen würden, sagte der amtierende amerikanische Vertreter John Kelley: "Wir müssen abwarten, welche Anweisungen wir aus Washington bekommen, also hoffentlich kommen sie bald."
Auch schien es mehreren Diplomaten zufolge so, dass die Vereinigten Staaten das Papier nicht zusammen mit Dutzenden weiteren Staaten als Unterstützerin in das Gremium einbringen werden - ein symbolischer Akt als Zeichen der besonderen Unterstützung, der auch als Orientierung für kleinere Staaten wichtig ist. Doch auch in dieser Frage hatte Botschafter Kelley eigenen Angaben zufolge noch keine definitive Anweisung erhalten.
Der neue US-Präsident Donald Trump hatte seine Rhetorik gegenüber der Ukraine zuletzt deutlich verschärft und sich Russlands Präsidenten Wladimir Putin angenähert. Dabei bezeichnete er den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj als "Diktator", deutete an, dass er die Kriegsschuld bei Kiew sieht und leierte Gespräche zum Kriegsende mit Russland in Abwesenheit der Ukraine an.
Wenn die USA dem von der Ukraine ausgearbeiteten Resolutionsentwurf nicht zustimmen, wäre dies ein weiterer Schritt der Abkehr Washingtons von Kiew. Ohne die USA als treibende Kraft könnte die Abstimmung, die auch als globales Stimmungsbild zu dem größten Krieg in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg gesehen wird, auch insgesamt weniger eindeutig gegen Russland ausfallen.
Rückhalt für Ukraine schon länger wackelig
In den vergangenen Jahren hatten die US-Diplomaten mit zahllosen Gesprächen für eine Zustimmung für ähnliche Entwürfe geworben und auch Druck ausgeübt, um Russland so weit wie möglich zu isolieren. In diesem Jahr wurden diese Kontakte Diplomatenkreisen zufolge nur von anderen westlichen Ländern bemüht.
Für eine ähnliche Resolution wie für die nun vorliegende hatten ein Jahr nach Kriegsbeginn 141 der 193 Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen gestimmt. Nur Belarus, Nordkorea, Eritrea, Mali, Nicaragua und Syrien stimmten zusammen mit Moskau gegen den Entwurf.
Dieses und andere Abstimmungsergebnisse machten den Grad der politischen Isolation Russlands und die Ablehnung des Vorgehens sichtbar. Doch bereits vor der erneuten Trump-Präsidentschaft bröckelte der Rückhalt, weil vor allem in Ländern des Globalen Südens eine gewisse Kriegsmüdigkeit einsetzte.
Der Resolutionsentwurf, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, enthält neben einigen bereits mehrfach bekräftigten und gegen Russland gerichteten Positionen auch Passagen, die der US-Regierung gefallen könnten. So betont der Text "die dringende Notwendigkeit, den Krieg in diesem Jahr zu beenden" und auch die "Bemühungen verschiedener Mitgliedstaaten, die Auswirkungen des Krieges zu mildern"./scb/DP/zb