Deutsche Bank-Aktien leichter: Bericht über massiven Stellenabbau
Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing hat "harte Einschnitte" angekündigt - und könnte bald liefern. Bis zu 20 000 Jobs stehen Kreisen zufolge bei Deutschlands größtem Geldhaus auf der Kippe.
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Es wäre ein historischer Schnitt: Mehr als jede fünfte der zuletzt knapp 91 500 Vollzeitstellen würde gestrichen. Treffen dürfte es vor allem das seit zwei Quartalen verlustreiche Investmentbanking.
Schon in dieser Woche könnte es zu einer entsprechenden Ankündigung kommen, hieß es in Berichten der Nachrichtenagentur Bloomberg und des "Wall Street Journal". Sprecher der Deutschen Bank wollten sich zu den von Insidern gestreuten Informationen nicht äußern.
Offiziell entschieden ist bislang nichts. Doch allein die Erwartung, dass der tiefgreifende Konzernumbau unmittelbar bevorsteht, gaben dem DAX-Konzern am Montag an der Börse Rückenwind. Die zuletzt gebeutelte Aktie sprang zeitweise über die Sieben-Euro-Marke und stiegt am Nachmittag noch auf ein Tageshoch von 7,02 Euro. Zuletzt fiel das Papier der Deutschen Bank im Xetra-Geschäft am Montag um 0,37 Prozent auf 6,76 Euro zurück.
Die Eingliederung der Postbank in den Deutsche-Bank-Konzern kostet rund 1300 weitere Stellen. Auf einen Abbau in dieser Größenordnung im Bereich Operations einigte sich das Management mit Betriebsräten und Gewerkschaften, wie beide Seiten am Montag bekannt gaben. Zu dem Bereich gehören Kontoservice, Kreditabwicklung und ähnliche Verwaltungstätigkeiten.
Organisiert werden soll der Abbau interner wie externer Stellen bis 2022 ausschließlich über den Abgang von Mitarbeitern, das Auslaufen befristeter Verträge, die Beendigung von Zeitarbeitsverträgen sowie Abfindungen.
"Damit wir unsere ehrgeizigen Wachstums- und Kostenziele erreichen, ist es sehr wichtig, dass wir unsere Plattform ebenso effizient wie einheitlich aufstellen", begründete Privatkundenvorstand Frank Strauß in einem Schreiben an die Mitarbeiter. Darum sollen bis zum 31. August rückwirkend zum 1. Januar 2019 drei Servicegesellschaften verschmolzen werden: die BHW Kreditservice GmbH, die Postbank Service GmbH und die PCC Services GmbH der Deutschen Bank.
Bereits in der vergangenen Woche war die Neuaufstellung der Zentrale der DB Privat- und Firmenkundenbank mit Standorten in Frankfurt und Bonn vereinbart worden. Dort werden bis Ende 2020 rund 750 Vollzeitstellen gestrichen.
Strauß hatte am Freitag der Deutschen Presse-Agentur gesagt, der Umbau sei damit nicht beendet: "Wir werden kontinuierlich über die nächsten Jahre weiter abbauen. Der Bereich wird weiter schlanker werden." Seit Anfang 2017 bis zum Ende des erstens Quartals 2019 wurden in dem Segment bereits 5500 Vollzeitstellen abgebaut.
Nach einigem Hin und Her hatte sich die Deutsche Bank im Frühjahr 2017 entschieden, die Bonner Tochter Postbank doch nicht zu verkaufen, sondern in ihr Privat- und Firmenkundengeschäft einzugliedern. Im Mai 2018 wurde die DB Privat- und Firmenkundenbank AG mit zuletzt 28 000 Vollzeitkräften im Handelsregister eingetragen.
Weitaus härter wird es aller Voraussicht nach die Unternehmens- und Investmentbank treffen, in der es Ende März dieses Jahres insgesamt 38 300 Vollzeitstellen gab. Der ehemalige Privatkundenchef Sewing hatte bei der diesjährigen Hauptversammlung keinen Zweifel an seiner Entschlossenheit gelassen, den Bereich radikal zu entrümpeln. "Wir haben immer noch zu hohe Kosten, die wir nicht direkt einer Leistung für unsere Kunden zuordnen können", sagte Sewing im Mai.
Das Investmentbanking, das vor der Finanzkrise mit Milliardengewinnen glänzte, hat sich in den vergangenen Jahren immer mehr zur Bürde für die Deutsche Bank entwickelt. Etliche Prozesse und Strafzahlungen in Milliardenhöhe haben ihre Wurzeln in dem Geschäftsbereich. Nach Sewings Vorstellung soll die Investmentbank künftig nur noch solche Geschäfte machen, die mindestens entweder ausreichend profitabel oder als Dienstleistung für andere Geschäftsbereiche wichtig sind.
Als positive Beispiele nannte Sewing bei der Hauptversammlung die Beratung von Unternehmenskunden, die Ausgabe von Wertpapieren, die Währungsplattform, den Handel mit Unternehmensanleihen sowie die gewerbliche Immobilienfinanzierung in den USA. Bei anderen Bereichen werde das Management "sehr genau analysieren und dabei künftig genauso diszipliniert und kompromisslos sein wie beim Thema Kosten", versprach der seit April 2018 amtierende Konzernchef den Anteilseignern.
Beobachter rechnen damit, dass etwa der US-Aktienhandel und der Handel mit Staatsanleihen gestutzt werden. Erwartet wird zudem, dass es im Vorstand Wechsel geben wird: Als angezählt gelten Investmentbanking-Chef Garth Ritchie und Regulierungsvorstand Sylvie Matherat.
Die Deutsche Bank müht sich seit Jahren, verschiedene Großbaustellen im Konzern in den Griff zu bekommen. Rechtsstreitigkeiten aus den Zeiten um die Finanzkrise vor zehn Jahren lähmten das Institut mit teuren Vergleichen und milliardenschweren Strafen über Jahre, zudem schwächelte das Tagesgeschäft. Nach drei Verlustjahren in Folge schaffte die Deutsche Bank 2018 gerade so die Rückkehr in die schwarzen Zahlen. Eine Fusion mit der Commerzbank, die womöglich mehr Schlagkraft hätte bringen können, wurde Ende April abgesagt. Die US-Konkurrenz enteilt unterdessen immer weiter.
Seinen Aktionären macht das Geldhaus schon lange kaum mehr Freude. Vor Ausbruch der Finanzkrise 2007 notierte die Deutsche-Bank-Aktie noch bei über 90 Euro. In den vergangenen fünf Jahren hat der Titel drei Viertel seines Wertes verloren. Im Deutschen Aktienindex ist selbst der vergleichsweise junge Zahlungsabwickler Wirecard mit gut 18 Milliarden Euro rund 4 Milliarden mehr wert als das größte deutsche Geldhaus.
FRANKFURT (dpa-AFX)
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