Continental-Aktie tiefrot: Continental setzt mehr um - Kosten drücken die Marge
Der Autozulieferer und Reifenhersteller Continental hat im vergangenen Jahr seine Geschäfte wieder deutlich ausgeweitet - blieb wegen hoher Kosten aber unter Druck.
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Das Sorgenkind mit der Autozulieferung lieferte im vierten Quartal zwar wieder einen operativen Gewinn ab, im Gesamtjahr standen in der Sparte ersten Eckdaten zufolge jedoch noch leicht rote Zahlen in den Büchern. Die Hannoveraner hatten konzernweit schon früh vor milliardenschweren Mehrkosten für Energie, Frachten und Material gewarnt. Probleme macht derweil auch die Entwicklung der Kassenlage. Continental verfehlte hier die gesteckten Jahresziele.
Nach harschen Produktionsunterbrechungen bei Kunden in der Autoindustrie infolge fehlender Teile 2021 fasste Conti im vergangenen Jahr wieder besser Fuß. Der Umsatz legte laut vorläufigen Zahlen vom Dienstagabend um rund 17 Prozent auf 39,4 Milliarden Euro zu. Allerdings machten die Mehrkosten wegen gestiegener Energie-, Logistik- und Beschaffungspreise dem Konzern wie angekündigt zu schaffen: Vor Zinsen und Steuern sowie um Sondereffekte bereinigt sank die Gewinnmarge um 0,6 Prozentpunkte auf voraussichtlich 5 Prozent.
Mit den Werten erreichte Conti seine Erlös- und Gewinnziele - verfehlte aber beim für Investoren wichtigen Barmittelzufluss (Free Cashflow) die Planungen deutlich, weil vor dem Stichtag spürbar weniger Zahlungen der Kunden auf den Konzernkonten landeten als erwartet.
Letztlich erwirtschaftete der Konzern rund 200 Millionen Euro an Finanzzuflüssen, wenn Ein- und Auszahlungen für den Kauf und Verkauf von Unternehmensteilen ausgeklammert werden. Zuletzt angepeilt hatte das Management zwischen 600 und 800 Millionen Euro. Dass Conti im vierten Quartal noch gehörig Boden gutgemacht hat, reichte nicht mehr.
Der Barmittelzufluss ist ein Indikator für die Finanzkraft eines Unternehmens und wird von Investoren oft als Gradmesser für die Auszahlung einer Dividende herangezogen. Grundsätzlich will das Unternehmen zwischen 15 und 30 Prozent des Nettogewinns ausschütten. Hierzu machte Conti mit den vorläufigen Zahlen noch keine Angaben, die Dividende wird das Unternehmen am 8. März mit den detaillierten Zahlen vorlegen.
Nach den ersten neun Monaten hatte der Konzern Verluste in Höhe von 216 Millionen Euro angesammelt, vor allem wegen hoher Abschreibungen. In Vorjahren mit Verlusten war Conti auch schon von seiner Politik abgewichen und hatte trotz roter Zahlen eine Dividende gezahlt. Größter Aktionär von Conti ist die Industriellenfamilie Schaeffler mit 46 Prozent der Anteile.
Analyst Himanshu Agarwal von der US-Investmentbank Jefferies zufolge war weithin damit gerechnet worden, dass das Unternehmen seine Ziele beim Finanzmittelzufluss nicht mehr erreichen würde. Jedoch hätten die Autozuliefersparte und das Kunststofftechnikgeschäft Contitech beim Ergebnis enttäuscht, urteilte er.
Fachmann Philipp Konig von Goldman Sachs rechnet damit, dass die fehlenden Geldeingänge größtenteils aus verspäteten Zahlungen von Kunden aus der Autoindustrie und von Reifenhändlern stammen und diese in diesem Jahr nachgeholt werden. Die operative Gewinnmarge in der Autozulieferung habe im vierten Quartal mit 2,1 Prozent nicht so hoch gelegen wie von ihm geschätzt, habe sich aber im Vergleich zum dritten Quartal wohl grundlegend weiter gebessert.
Für die Anleger sei nun wichtig, wie es in der Sparte im neuen Jahr weitergehe, schrieb JPMorgan-Experte Jose Asumendi. Schließlich mache die Entwicklung die immer noch andauernden Herausforderungen in der Branche deutlich.
Continental hatte vor allem in der Autozulieferung zu kämpfen, weil die weltweite Autoproduktion infolge von Teileknappheit und COVID-Lockdowns in China immer wieder stotterte. Im abgelaufenen Jahr besserte sich schließlich das Umfeld. Damit schrieb auch im vierten Quartal die Autozuliefersparte wieder operativ schwarze Zahlen - auf Jahressicht dürften aber erneut leichte Verluste angefallen sein, hieß es vom Konzern.
Das Reifengeschäft als Renditeperle im Konzern schnitt 2022 etwas besser ab als zuletzt in Aussicht gestellt - und machte damit Schwächen bei der Marge im Kunststofftechnikgeschäft der Sparte Contitech wett. Dort belasteten gestiegene Produktionskosten, ein unvorteilhafter Produktmix und COVID-Einschränkungen in China.
Neben den Herausforderungen im Tagesgeschäft plagen Conti derzeit weitere Probleme. So laufen etwa Untersuchungen dazu, wie Kunden lange Zeit mit Industrieschläuchen beliefert werden konnten, die die vereinbarten Qualitätskriterien nicht erfüllten. Außerdem sorgte eine Hackerattacke auf die IT-Systeme für Aufregung - noch wird geprüft, ob und gegebenenfalls welche sensiblen Kundendaten mit abgegriffen wurden. Zudem ermitteln die Behörden weiter rund um mögliche Verfehlungen im Dieselabgasskandal.
Continental enttäuscht Anleger mit dem Barmittelzufluss
Schwache Margen und ein deutlich unter den Schätzungen liegender freier Barmittelzufluss beim Autozulieferer und Reifenhersteller haben am Mittwoch die Anleger vergrätzt. Zuletzt büßten die Aktien als DAX-Schlusslicht 2,93 Prozent auf 66,24 Euro ein. Allerdings waren sie seit Anfang des Jahres auch überdurchschnittlich gut gelaufen, mit einem Plus von rund 22 Prozent bis zur Vorlage der Eckdaten, stärker als der DAX mit 9 Prozent Plus.RBC-Analyst Tom Narayan sprach angesichts der vorgelegten Eckzahlen für das Gesamtjahr von einer Warnung des Unternehmens. Conti habe vorläufige Zahlen bekannt gegeben, da der freie Barmittelzufluss (FCF) erheblich von der zuvor veröffentlichten Prognose des Unternehmens und der durchschnittlichen Analystenschätzung abweiche. Statt eines freien Cashflows für 2022 von 600 bis 800 Millionen Euro rechne Conti nur noch mit 200 Millionen. Der Konsens habe bei 530 Millionen gelegen. Eine negative Kursreaktion hatte er daher erwartet.
Auch Analyst Philipp Konig von der US-Investmentbank Goldman Sachs erklärte die Vorlage von Eckzahlen mit dem schwachen Cashflow. Als Grund für das Verfehlen der Prognose habe das Unternehmen allerdings geringer als erwartete Zahlungseingänge im Konzern geltend gemacht, sodass er davon ausgehe, dass dies vor allem auf verspätete Zahlungen von Autobauern und Reifenhändlern zurückzuführen sei, die 2023 aufgeholt werden dürften.
Auch die Analysten Marc-René Tonn von Warburg Research und Himanshu Agarwal von Jefferies hoben in erster Linie den schwachen Barmittelzufluss hervor. Allerdings habe das Ziel von Conti für die Kennzahl "bereits als ambitioniert" gegolten, schrieb Tonn, und auch Agarwal ist der Ansicht, dass ein Unterschreiten nicht wirklich überrascht haben dürfte.
Erklärungsbedürftig sind laut Tonn aber die im Vergleich zum Vorquartal rückläufigen Margen im Autozuliefergeschäft und die Margenschwäche der Kunststofftechniksparte Contitech. Er ist daher der Ansicht, dass nach dem starken Kurszuwachs der Aktie seit Jahresbeginn ein weiterer Anstieg ein zunehmendes Vertrauen voraussetze, dass das Unternehmen die Profitabilität in der Auto-Sparte wiederherstellen und gleichzeitig die starke Profitabilität im Reifengeschäft aufrechterhalten könne.
HANNOVER / FRANKFURT (dpa-AFX)
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