Trotz "Liste der Schande"

Griechenland: Der Berg der Steuerschulden wächst und wächst

13.07.16 17:30 Uhr

Griechenland: Der Berg der Steuerschulden wächst und wächst | finanzen.net

Die Regierung in Athen sitzt auf einem riesigen Berg von Steuerschulden. Das Problem: Die griechischen Bürger und Unternehmen wollen einfach nicht zahlen.

Seit 2011 hat sich der Wert der festgestellten Steuerschulden in Griechenland auf 88 Milliarden Euro verdoppelt. Das entspricht ganzen fünfzig Prozent des griechischen Bruttoinlandsprodukts (BIP). Daneben liegt der EU-Durchschnitt bei gerade einmal 5 Prozent des BIP.

Während die griechische Wirtschaft auch in diesem Jahr schrumpfen wird, blüht die Schattenwirtschaft. Laut einer Studie der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO), arbeiten 15 Prozent der Beschäftigten in Griechenland schwarz und die Schattenwirtschaft macht inzwischen 25 Prozent des BIP aus.

Kein Erfolg beim Eintreiben von Schulden

Die Maßnahmen der Behörden - wie etwa die Sperrung und Pfändung der Bankkonten von mehr als 60.000 säumigen Schuldnern - sind bisher von wenig Erfolg gekrönt. Wie die Athener Zeitung "Eleftheros Typos" berichtete, haben die Inhaber offenbar im Vorfeld ihre Konten geräumt. Es handele sich hauptsächlich um Personen, die ihre Rentenbeiträge nicht abgeführt oder Schulden beim Staat hätten.

Rund 15 Prozent der vom Staat angefragten Banken hätten gemeldet, die gesperrten Konten wiesen "null Guthaben" aus. Und bei nahezu 70 Prozent der anderen Konten beliefe sich das Guthaben auf höchstens 100 Euro.

Nachhilfe für griechische Finanzbeamte

Experten schätzen, dass jährlich Steuern in Höhe von 16 Milliarden Euro hinterzogen werden - das entspricht knapp einem Drittel des letztjährigen Steueraufkommens Griechenlands. Würden alle Bürger ehrlich ihre Steuern zahlen, dann würden sich die Finanzprobleme des Landes in Luft auflösen.

Angesichts der katastrophalen Zahlungsmoral soll nun die Finanzverwaltung effektiver gestaltet werden. Hierbei erhält Griechenland auch Unterstützung aus Nordrhein-Westfalen. In einer Fortbildungsakademie der NRW-Finanzverwaltung werden griechische Finanzbeamte in den Themenbereichen Steuerfahndung, Betriebsprüfung und Steuererhebung geschult. Die ersten 25 Steuerbeamte nehmen bereits an dem einwöchigen Lehrgang in englischer Sprache teil.

Steuer-CDs aus NRW

Die Zusammenarbeit mit den NRW-Finanzbehörden reicht aber sogar noch weiter zurück. Um Griechenland bei der Jagd nach Steuersündern zu unterstützen, hatte Nordrhein-Westfalen dem Athener Finanzministerium im vergangenen November einen Datenträger mit den Daten von 10.588 griechischen Kunden der Schweizer Großbank UBS überlassen. Auch auf die Auswertung dieser Daten soll im Seminar eingegangen werden.

Die Liste der Schande

Um den Druck auf die Steuerhinterzieher zu erhöhen, hat der griechische Finanzminister diesen Juli zum zweiten Mal eine sogenannte "Liste der Schande" ins Internet gestellt. Hier sind für jeden einsehbar die Namen von 13.730 säumigen Steuerzahlern, die dem Fiskus jeweils mehr als 150.000 Euro schulden und damit für die Krise des Landes mitverantwortlich sind, aufgeführt. Insgesamt handle es sich um ausstehende Gelder in Höhe von rund 83 Milliarden Euro.

Doch auch diese Maßnahme scheint wenig erfolgreich: Wie die Zeitung "Eleftheros Typos" berichtete, sind die bedeutendsten Schuldner entweder insolvent, tot oder säumige Unternehmen existieren gar nicht mehr.

Bereits im Jahr 2012 war erstmals eine solche "Liste der Schande" öffentlich gemacht worden - und auch damals ohne nennenswerten Erfolg.

Schäuble gegen Schuldenschnitt

Da die Aussichten auf der Einnahmenseite so schlecht sind, will sich Athen auf anderem Wege wieder finanziell Luft zum Atmen verschaffen. Die Regierung unter Ministerpräsident Alexis Tsipras hofft, die Gläubiger von einer Reduzierung der Schuldenlast überzeugen zu können. Diese Hoffnung wird jedoch unter anderem durch die deutsche Bundesregierung nahezu zunichtegemacht, einem der Hauptgegner eines Schuldenschnitts.

Finanzminister Wolfgang Schäuble sieht hierfür keine Veranlassung: Weil Kredite im Schnitt zehn Jahre lang nicht zurückbezahlt werden müssten und auch die Zinsen gestundet seien, müsse Griechenland zum jetzigen Zeitpunkt null Euro zahlen.

Lichtblick ESM-Milliarden

Aber nicht alles ist hoffnungslos. Mitte Juni hat der Euro-Rettungsschirm (ESM) die Auszahlung einer Kredit-Tranche von 7,5 Milliarden Euro genehmigt.

Zuvor hatte das griechische Parlament begleitet von heftigen Protesten ein Gesetzespaket mit Einsparungen im Volumen von 1,8 Milliarden Euro verabschiedet. Umstritten war insbesondere die beschlossene "automatische Schuldenbremse". Sie verpflichtet die Regierung in Athen zu zusätzlichen Reformen und Sparanstrengungen, falls die für 2018 anvisierten Haushaltsziele verfehlt werden.

Ende Mai hatten sich die Euro-Finanzminister grundsätzlich darauf verständigt, Kredite in Höhe von 10,3 Milliarden Euro freizugeben. Da Athen mit dem neuen Maßnahmenpaket noch ausstehende Bedingungen für den ESM-Kredit erfüllt hat, floss die erste Tranche von 7,5 Milliarden Euro. Die restlichen 2,8 Milliarden Euro sollen ab Anfang September freigegeben werden. Somit ist das pleitebedrohte Land zumindest bis in den Herbst finanziert.

Redaktion finanzen.net

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