Boom bei Zweirädern: Welche Bike-Aktien ganz vorne mitfahren
Corona verhilft den Deutschen zu mehr frischer Luft - bevorzugt im Sattel eines elektrisch unterstützten Fahrrads, eines Pedelecs. Der Boom beflügelt auch die Aktien einiger Hersteller.
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von T. Schorr und S. Bauer, Euro am Sonntag
Es herrscht Kampfesstimmung in der bayerischen Landeshauptstadt. Autofahrer und Radler sind hier schon seit Jahren zerstritten. Doch Corona hat die Rivalität neu entfacht. Der Anlass: Testweise hat die Stadtverwaltung mit gelben Markierungen sogenannte "Pop-up-Radwege" auf verkehrsreiche Straßen im Zentrum gepinselt. Seitdem sind die Staus morgens und abends noch länger, die Benzinfraktion der Pendler ist genervt.
Die Münchner Kraftfahrer sind hier nicht allein. In vielen deutschen Städten entstehen gerade Radwege dieser Art. Die spontane Liebe der Stadtoberen zum Drahtesel hat einen konkreten Grund: Corona verleiht dem bereits durch die Klimadiskussion belebten Trend zum Velo Flügel. Viele Pendler, die vor der Pandemie mit öffentlichen Verkehrsmitteln fuhren, sind jetzt mit dem Radl da. Zudem denken viele in der Krise über ihre Gewohnheiten nach und entscheiden sich für mehr Sport und frische Luft - das selbstgetriebene Zweirad scheint dabei die Antwort gleich auf mehrere Fragen. Laut einer Umfrage des ADAC gaben 21 Prozent der Befragten an, das Fahrrad künftig häufiger nutzen zu wollen.
Elektrisch getriebene Margen
Für Fahrradhändler wie -hersteller sind das gute Nachrichten. Schon im vergangenen Jahr kletterte der Umsatz in Deutschland hier auf 4,2 Milliarden Euro, ein Zuwachs von einem guten Drittel. Branchenverbände rechnen im laufenden Jahr mit einer Fortsetzung des Booms. Bei den Neuanschaffungen steht dabei nicht mehr der klassische Drahtesel an erster Stelle, sondern die elektrisch unterstützte Variante, das sogenannte Pedelec. Die oft "E-Bikes" genannten Zweiräder - dies sind genau genommen Räder, die schneller als 25 Stundenkilometer fahren und eine Zulassung brauchen - sind jedoch teurer. Sie trieben den durchschnittlichen Verkaufspreis 2019 um 30 Prozent nach oben. Hersteller freut’s: Bei den Pedelecs liegen auch die Gewinnmargen höher als bei Drahteseln ohne Strom.
Einer der größten Hersteller von Pedelecs ist die niederländische Accell-Gruppe. Zu ihr gehören Marken wie Haibike, Winora, Ghost oder Batavus. Im vergangenen Jahr verkaufte Accell knapp eine Million Räder. Auch an den Niederländern ging die Pandemie nicht spurlos vorbei: Im März und April sackte der Umsatz um 27 Prozent ab. Globale Lieferketten waren unterbrochen, große Teile der Produktion stillgelegt. Auch die Kunden hielten sich zunächst zurück. Sie blieben zu Hause, anstatt sich nach Rädern umzuschauen.
Gerade die Frühjahrsmonate sind für die Fahrradindustrie wichtig. Doch mit den Lockerungen hellte sich auch die Stimmung auf. Deutlich mehr Teile konnten geliefert werden, die Produktion zog an, Menschen stiegen wieder auf ihre Zweiräder.
Im Mai lag das Absatzplus bei Accell bei 23 Prozent. "Die starke Erholung ist eindeutig eine positive Entwicklung", sagt Vorstandschef Ton Anbeek. Andererseits sind die Auswirkungen von Covid-19 für die Niederländer noch nicht absehbar. Auf Jahressicht könnte das Ergebnis vor Zinsen und Steuern deutlich fallen. Doch letztlich stimmt der Trend. Der Anbieter sollte sich auch weiterhin am Markt behaupten können. Inzwischen legt auch die Aktie kräftig zu.
Einen deutlich geringeren Umsatzanteil mit Fahrrädern macht die in Österreich beheimatete Pierer Mobility - einst KTM Industries. Bekannt ist sie vor allem für ihre Motorräder. Der umtriebige Sanierer, Chef und Großaktionär Stefan Pierer kaufte die Firma Anfang der 90er-Jahre aus der Insolvenz und baute sie sukzessive auf. Heute fahren die Motorräder von KTM wieder ganz vorn mit. Gemessen an der Stückzahl zog KTM sogar an Harley-Davidson vorbei. Nicht zu Pierer gehört die Fahrradmarke KTM. Die Firmen trennten sich nach der Insolvenz.
Dass Pierer die Firma damals nicht komplett kaufte, dürfte ihn heute ärgern: Bei der KTM GmbH, ebenfalls in Mattighofen ansässig, läuft es wie geschmiert. Pierer musste anders in den Fahrradmarkt kommen. Er übernahm den Schweinfurter Hersteller von Pedelecs, Pexco, mit den Marken Husqvarna und R Raymon. In diesem Jahr wollen die Österreicher über 60.000 Räder verkaufen und einen Umsatz von rund 100 Millionen Euro erwirtschaften. Zum Vergleich: Der gesamte Konzern kommt 2020 voraussichtlich auf einen Umsatz von etwas mehr als 1,5 Milliarden Euro.
Topfitter Hundertjähriger
Trotz guter Aussichten musste auch Japans Radzubehör-Riese Shimano seine Jahresprognose zurücknehmen. Im ersten Quartal sank der Umsatz um etwas mehr als zwölf Prozent. Mit Schaltungen, Bremsen und anderen Komponenten haben die Japaner auf dem Weltmarkt eine nahezu unangefochtene Marktstellung. Dazu kommt ein extravagantes zweites Standbein: Shimano gehört zu den wichtigsten Herstellern von Angelgeräten. Zum Gesamtumsatz steuert die Sparte etwas mehr als 20 Prozent bei. Sie dürfte ebenfalls ein Krisengewinner sein. Wann, wenn nicht jetzt, gehen Angler zum Fischen?
Auch die Aktie von Shimano ist steil gestiegen, einige der positiven Nachrichten aus der Branche dürften bereits im Kurs verarbeitet sein. Dennoch winken auch hier höhere Kurse. Denn anders als Firmen, die nur kurzfristig von der Krise profitieren, sollte es bei den Japanern nachhaltig aufwärtsgehen. Im kommenden Jahr wird Shimano 100 Jahre alt. Seit mehr als einem halben Jahrhundert ist der Konzern global marktführend. Der Trend zum Fahrradfahren dürfte anhalten, vor allem der zum elektrisch unterstützten Bike. Qualitativ hochwertige Materialien bleiben hier gefragt. Selbst wenn die Pop-up-Wege irgendwann wieder von den Straßen verschwinden.
INVESTOR-INFO
Shimano
Globaler Teileprimus
Typisch japanische Tugenden macht sich der Weltmarktführer bei Bauteilen für Räder zunutze: hohe Fertigungsqualität und ständige Verbesserung im Detail. Die Zuverlässigkeit der Schaltungen, Bremsen und zuletzt auch Elektromotoren ist hoch, die Nachfrage groß. Der Gewinn der Japaner soll 2020 auf dem Vorjahresniveau stagnieren - es ist kein Einbruch in Sicht. 2021 soll der Gewinn rund elf Prozent steigen. Teuer, aber nach oben ausgebrochen.
Pierer Mobility
Teurer Zweiradler
Der Zweiradhersteller fährt das Gros des Umsatzes mit motorisierten Gefährten etwa der Marke KTM ein. Rund 20 Prozent des Geschäfts machen Fahrräder aus, darunter bekannte Marken wie Husqvarna. Die Sparte wächst stark. Der Gewinn soll sich Schätzungen zufolge nach einem Einbruch 2020 im kommenden Jahr wieder auf das 2019er-Niveau erholen. Die Aktie der Österreicher ist sehr hoch bewertet. Halten.
Accell
Europas Nummer 1
Der größte börsennotierte Fahrradhersteller Europas führt Marken wie Ghost, Batavus oder Winora. Daneben gibt es die reine E-Bike-Marke Haibike. Das Geschäft zog nach einer Corona-Delle zuletzt wieder kräftig an. Der Gewinn sinkt den Erwartungen zufolge auch noch 2021. Die Aktie ist deutlich günstiger bewertet als die der Konkurrenz. Geduldige Anleger setzen bei dieser Depotbeimischung auf das Nachholpotenzial und auf die recht hohe Dividendenrendite.
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Name | Hebel | KO | Emittent |
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Bildquellen: Accell Group, iStockphoto
Nachrichten zu Shimano Inc.
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