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VW-Aktie im Plus: VW-Betriebsratschefin warnt vor 'perfektem Sturm' - Kritik an Renditevorgaben - Zeuge im VW-Anlegerprozess will nichts gewusst haben

20.09.23 17:54 Uhr

VW-Aktie im Plus: VW-Betriebsratschefin warnt vor 'perfektem Sturm' - Kritik an Renditevorgaben - Zeuge im VW-Anlegerprozess will nichts gewusst haben | finanzen.net

VW-Betriebsratschefin Daniela Cavallo hat Kritik an den Renditevorgaben der Stammmarke geäußert und vor einem "perfekten Sturm" gewarnt, der auf VW zusteuere.

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"Das Zielbild 6,5 Prozent Rendite ist keines, das die Belegschaft mitnimmt", sagte sie am Dienstag im nichtöffentlichen Teil der Betriebsversammlung in Wolfsburg. "Ein reines Renditeziel schweißt die Belegschaft weder zusammen noch motiviert es sie", hieß es in Redeauszügen im Volkswagen-Intranet, die der dpa vorliegen.

Zugleich warnte die Betriebsratschefin davor, dass sich die bereits angespannte Lage angesichts von Lieferengpässen, schleppendem Elektro-Hochlauf, Digitalisierung und neuer Konkurrenz aus China noch verschärfen könnte. "Es ist hier schon der perfekte Sturm, auf den wir zusteuern. Aktuell erleben wir die Ruhe vor diesem Sturm. Wenn der Sturm losbricht, liebe Vorstandsmitglieder, dann brauchen wir alle Hände an Deck. Dann brauchen wir eine, wie sie Volkswagen lange nicht gesehen hat."

Markenchef Thomas Schäfer verteidigte auf der Versammlung das von ihm im Mai ausgegebene Ziel. "6,5 Prozent Rendite sind die Basis dafür, dass Volkswagen wieder an die Spitze fährt", sagte er laut den Auszügen. Um das Ziel zu erreichen, hatte Schäfer im Juni ein milliardenschweres Performance Programm angekündigt, das die Kosten senken soll. Auf der Versammlung warb er für das Programm, an dessen Details noch gearbeitet wird. "Wir müssen das Performance Programm konsequent umsetzen. Es geht um die Zukunftsfähigkeit von VW."

Kritik übte die Betriebsratschefin daran, dass es nach wie vor keine offiziellen Aussagen zum Inhalt des geplanten Effizienzprogramms gebe. Das sorge in der Belegschaft für Verunsicherung. Den Markenvorstand um Schäfer forderte sie auf: "Machen Sie es wie anständige Kapitäne! Stellen Sie sich vor ihre Leute und sagen Sie klipp und klar, was der Kurs sein soll. Und was uns auf dem Weg dorthin erwartet und was Sie erwarten."

Schäfer kündigte an, bis zum Herbst ein "überzeugendes Gesamtpaket" für das Effizienzprogramm vorzulegen. "Das werden wir innerhalb der nächsten Wochen dem Betriebsrat vorstellen und gemeinsam diskutieren." Ziel sei, gemeinsam "eine tragfähige Lösung für die Beschäftigten und das Unternehmen zu finden". Details wollte er noch nicht nennen. Darüber werde hinter verschlossenen Türen verhandelt./

Zeuge im VW-Anlegerprozess will nichts gewusst haben

Im milliardenschweren Anlegerprozess gegen Volkswagen und dessen Hauptaktionär Porsche SE im Zusammenhang mit dem Dieselskandal hat das Gericht den ersten Zeugen vernommen.

Der frühere Volkswagen-Personalvorstand Horst Neumann sagte am Mittwoch vor dem Oberlandesgericht Braunschweig, er habe erst in der Krisensitzung des Konzernvorstands am 22. September 2015 von dem Abgasskandal erfahren. In den Jahren davor hätten Techniker zwar immer mal wieder von Problemen bei der Zulassung des TDI-Dieselmotors mit der Kennung EA189 in den USA berichtet, diese aber als lösbar geschildert. Von einer Manipulation der Abgaswerte sei dabei nicht die Rede gewesen. An drohende Strafzahlungen im Vorfeld der Veröffentlichung durch die US-Umweltbehörden EPA könne er sich nicht erinnern.

Für ihn und andere Vorstände sei das Ausmaß der Abgasmanipulation eine "Schreckensnachricht" gewesen. "Für mich ist eine Welt zusammengebrochen", sagte Neumann vor Gericht. Praktisch stündlich sei in der Vorstandssitzung immer klarer geworden, wieviele Dieselautos mit der Abschalteinrichtung "verseucht" gewesen seien. Er kenne niemanden im Vorstand, der vorher davon gewusst habe. Der damalige Konzernchef Martin Winterkorn sei während der dramatischen Sitzung "immer weiter in sich zusammengesunken".

In den Jahren davor sei bei Volkswagen klargeworden, dass die Abgasreinigung bei dem Dieselmotor aufwändiger sei, als sich die Techniker dies anfangs vorgestellt hätten. Mitte 2015 hätten Entwicklungsvorstände berichtet: "Wir kriegen Probleme mit der Zulassung." Ingenieure hätten jedoch gesagt, sie hätten das im Griff. Danach habe er nichts mehr davon gehört. "Das war der Stand bis zum 22. September, als der große Knall kam." Da sei allen klargeworden, dass der Motor nicht zu retten sei. Ihm sei die Werbung mit dem "Clean Diesel" heute noch schmerzlich in Erinnerung, bei der in einem Werbeclip ein weißes Taschentuch vor den Auspuff gehalten wurde, um zu zeigen, dass die Abgase sauber seien.

86 ZEUGEN

Das Oberlandesgericht hatte im Juli beschlossen, insgesamt 86 Zeugen zu vernehmen, um Aufschluss über die Abläufe vor Bekanntwerden des Dieselskandals vor acht Jahren zu geben. Unter ihnen ist auch der nach Bekanntwerden des Dieselskandals 2015 zurückgetretene Konzernchef Winterkorn. Ob dieser von seinem Recht auf Aussageverweigerung Gebrauch macht, ist nicht bekannt. Auch der ehemalige Audi-Chef Rupert Stadler, der gegen seine Verurteilung im Abgasprozess vor dem Landgericht München in Revision gegangen ist, soll in Braunschweig als Zeuge aussagen. Eine Entscheidung über ein mögliches Zeugnisverweigerungsrecht von Stadler mit Blick auf das anhängige Revisionsverfahren wurde zurückgestellt.

Der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts verhandelt seit fünf Jahren über eine Musterklage der Fondsgesellschaft Deka Investment der Sparkassen wegen erlittener Kursverluste durch den VW-Abgasskandal. Die Kläger - zumeist institutionelle Anleger - werfen Volkswagen und der ebenfalls beklagten Porsche Holding vor, die Information über "Dieselgate" lange geheim gehalten und ihnen dadurch einen Wertverlust ihrer Aktien eingebrockt zu haben. Dem hält Volkswagen entgegen, die Kursrelevanz sei erst durch die Veröffentlichung der US-Umweltbehörde EPA am 18. September 2015 erkennbar geworden. Die Wiedergutmachung des Abgasskandals, vor allem Bußgelder, Schadensersatz und Rechtsanwaltskosten, hat Volkswagen bisher mehr als 32 Milliarden Euro gekostet.

Die Summe der Anleger-Forderungen beläuft sich auf insgesamt neun Milliarden Euro. Davon liegen Forderungen von etwa der Hälfte beim Landgericht Braunschweig. Die Kläger können im Fall eines Urteils zugunsten der Deka ihre Ansprüche dort durchsetzen. Auch nach fünf Jahren ist ein Ende des Prozesses nicht absehbar. Das Gericht hatte erst weitere Verhandlungstage bis Ende 2024 festgelegt.

Die VW-Aktie legte im XETRA-Handel letztlich 1,90 Prozent auf 111,82 Euro zu.

WOLFSBURG (dpa-AFX) / Braunschweig (Reuters)

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