Rettungspaket: Lufthansa-Aktien zollen Erholungsrally Tribut - EU-Kommission verteidigt Auflagen
Nach zwei bislang starken Wochen haben am Freitag auch die Lufthansa-Papiere unter Gewinnmitnahmen gelitten.
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Die Anteilsscheine der Kranich-Linie fielen in der schwächeren Tourismus-Branche im XETRA-Handel mit einem kräftigen Abschlag zeitweise auf ein Tagestief bei 9,04 Euro auf. Zum Börsenschluss kosteten die Aktien mit 9,14 Euro 6,43 Prozent weniger als am Vorabend.
In rund zwei Wochen hatten sie sich in der Spitze um fast 35 Prozent erholt und kratzten am Mittwoch an der Marke von 10 Euro. Damit waren sie noch deutlich stärker als der Reise- und Freizeit-Sektor, der gleichzeitig um 21 Prozent zugelegt hatte.
Das nach zähem Ringen vereinbarte staatliche Krisen-Rettungspaket für die angeschlagene Airline hatte bei den Anlegern für Erleichterung gesorgt. Die Auflagen der EU-Kommission hätten laut dem Commerzbank-Experten Malte Schulz nun aber Bund und Lufthansa scheinbar überrascht. Brüssel besteht - strenger als bei Air France und Alitalia - dem Vernehmen nach auf der Abgabe von einem Dutzend Flugzeugen samt wertvoller Start- und Landerechte an den Flughäfen Frankfurt und München an Wettbewerber. Mit einer Einigung in den Gesprächen zwischen Bund und EU wird erst nach Pfingsten gerechnet.
Schulz glaubt an einen Deal, sieht aber ungeachtet dessen Probleme wie den - mit dem Bund im Boot - schwierigen Stellenabbau, der aber für die Wettbewerbsfähigkeit nötig sei. Zudem sei die Bilanz schwach und das Verhältnis zwischen Chancen und Risiken auf aktuellem Niveau ungünstig, obwohl die Hürden für den Konzernumbau noch gar nicht angemessen eingepreist seien. Sein Kursziel stockte er zwar auf 7 Euro deutlich auf, signalisiert aber nach der Rally wieder deutliche Rückschlagsgefahr.
Derweil hat die Lufthansa laut Achim Matzke, dem Indexexperten der Commerzbank, den "Flug vom DAX zum MDAX gebucht". Die Aktie, die 1988 zur Startzusammensetzung des DAX gehörte und über die vollständige Privatisierung 1997 hinweg auch bei späteren Indexreformen ihre Mitgliedschaft verteidigt habe, falle jetzt dem "Fast Exit" zum Opfer. Grund sei, dass man beim Marktwert auf Basis des Streubesitzes nicht mehr zu den 45 größten deutschen Unternehmen gehöre. Daher hält Matzke den Abstieg in den Index mittelgroßer Werte für sicher.
EU-Kommission verteidigt Auflagen für staatliche Lufthansa-Hilfen
Die EU-Kommission hat ihre Forderung nach Auflagen für das Lufthansa-Rettungspaket der Bundesregierung verteidigt. Es gehe nicht darum, zusätzliche Hindernisse zu schaffen, sondern darum, Wettbewerbsverzerrungen zu verhindern, sagte die zuständige Vizepräsidentin Margrethe Vestager am Freitag in Brüssel. Zu Details der laufenden Gespräche äußerte sie sich nicht, sagte aber: "Es hat hohe Priorität, eine Einigung zu erzielen. Wir sind in sehr engem Kontakt, aber ich kann nicht sagen, wann wir fertig sein werden."
Vestager betonte, dass die Bedingungen für alle gleich seien. Jeder Mitgliedstaat, der ein marktmächtiges Unternehmen mit mehr als 250 Millionen Euro rekapitalisieren wolle, werde sicherstellen müssen, dass weiter gleiche Ausgangsbedingungen im Binnenmarkt herrschten.
Dass die EU-Kommission von der Lufthansa fordert, im Gegenzug für die Staatshilfen Start- und Landerechte abzugeben, erklärte Vestager mit der Bedeutung der sogenannten Slots für den Wettbewerb. "Wenn jemand mit ihnen konkurrieren will, braucht er Slots an einem Flughafen", sagte die Dänin.
Die Bundesregierung will die in der Coronakrise schwer angeschlagene Lufthansa mit einem neun Milliarden Euro umfassenden Hilfspaket stützen. Die EU-Kommission soll Wettbewerbsverzerrungen im Zuge von Staatshilfen verhindern.
Der Rettungsplan für die Lufthansa sieht vor, dass der staatliche Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) im Zuge einer Kapitalerhöhung Aktien zeichnet, um eine Beteiligung von 20 Prozent am Grundkapital der Fluggesellschaft aufzubauen. Zudem sind stille Einlagen von insgesamt bis zu 5,7 Milliarden Euro sowie ein Kredit in Höhe von bis zu 3 Milliarden Euro geplant.
Notwendig sind die Hilfen für die Lufthansa, weil die Corona-Pandemie mit den folgenden Reisebeschränkungen die Geschäfte des Unternehmens mit Ausnahme der Fracht nahezu zum Erliegen gebracht hat. In dem Konzern mit rund 138.000 Beschäftigten stehen deswegen Zehntausende Arbeitsplätze auf der Kippe.
Die Personalvertreter der rund 23 000 Lufthansa-Flugbegleiter hatten an Vestager persönlich appelliert, einzulenken. Sie wiesen auf "prekäre Arbeitsverhältnisse" bei Billiganbietern, die zum Nutznießer von Lufthansa-Beschränkungen werden könnten. Lufthansa biete seinen Leuten hingegen faire und adäquate Arbeitsbedingungen. Auf dieser Grundlage verschließe man sich keinem fairen Wettbewerb.
Auch der Aufsichtsrat der Lufthansa hat dem Rettungspakt bisher noch nicht zugestimmt. Als Grund nannte das Unternehmen die möglichen Auflagen der EU-Kommission.
Deutsche Politiker fordern die EU-Kommission deswegen schon seit Tagen zum Einlenken auf. Regierungssprecher Steffen Seibert betonte am Freitag noch einmal, das Rettungspaket sei ausgewogen und trage sowohl den Bedürfnissen des Unternehmens als auch denen der Steuerzahler sowie der Beschäftigten Rechnung.
Noch deutlicher wurde Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU). "Die EU-Kommission muss die Einschränkungen für die Lufthansa verwerfen und genauso unkompliziert agieren wie beispielsweise mit Air France oder Alitalia", sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Vestager entgegnete am Freitag, es gebe einen fundamentalen Unterschied zwischen den geplanten Liquiditätsbeihilfen für die Lufthansa und Krediten für Alitalia und Air France. Ein Kredit führe zu steigender Verschuldung, zusätzliches Kapital könne es hingegen sogar einfacher für ein Unternehmen machen, am Kapitalmarkt Geld aufzunehmen.
"Zudem kommt ein sehr starker Aktionär an Bord", betonte Vestager mit Blick auf den deutschen Staat. Es sei sehr wahrscheinlich, dass andere Investoren und Wettbewerber dies als Stärkung des Unternehmens sehen würden. Die Kommissionsvizepräsidentin wies zudem darauf hin, dass die Mitgliedstaaten der EU vor dem Erlass der Regeln für Staatshilfen in der Corona-Krise ausgiebig konsultiert worden seien.
Der Vorsitzende der CDU/CSU-Gruppe im Europaparlament, Daniel Caspary, zeigte sich nach den Äußerungen von Vestager empört. "Es ist ein Armutszeugnis, dass Frau Vestager regelmäßig europäische Unternehmen im globalen Wettbewerb schwächt wie jetzt wahrscheinlich die Lufthansa oder vor kurzem die Zughersteller Alstom und Bombardier", kommentierte der CDU-Politiker. Die Kommission sollte die geplante Lufthansa-Rettung dringend ohne weitere Auflagen genehmigen.
(dpa-AFX)
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