Strategisches Manöver

Vorstoß in die Versicherungsbranche: Amazon will von nun an für Schäden durch Drittanbieterware aufkommen

20.08.21 22:28 Uhr

Vorstoß in die Versicherungsbranche: Amazon will von nun an für Schäden durch Drittanbieterware aufkommen | finanzen.net

Der Onlineversand-Riese Amazon hat angekündigt, dass der Konzern ab dem 1. September für Schäden durch Produkte von Drittanbietern bis zu einem Betrag von 1.000 Dollar aufkommen wird. Dahinter verbirgt sich ein strategisches Manöver des Unternehmens, um in der Versicherungsbranche Fuß fassen zu können.

• Amazon haftet mit bis zu 1.000 Euro
• Händler müssen Haftpflichtversicherung abschließen
• Amazon gibt die Bedingungen vor

Kunden von Amazon kommen so leichter an ihr Geld

Kommt es zu einem Personen- oder Sachschaden durch ein über Amazon bestelltes Produkt, so hat die geschädigte Person in der Regel einen Anspruch auf Schadenersatz. Wie die Süddeutsche Zeitung berichtet, hat der Online-Gigant nun verlauten lassen, dass die Anspruchstellung ab dem 1. September für die Kunden erleichtert werden soll. Anstatt wie bisher die Drittanbieter kontaktieren zu müssen, können sich Kunden nun wegen Schadenersatzforderungen direkt an Amazon wenden. Amazon will für entstandene Schäden bis zu einem Betrag von 1.000 Dollar aufkommen, ohne von den Händlern Rückerstattung zu verlangen. Dieses Angebot galt bisher nur in den USA, nun soll es auch auf andere Länder ausgeweitet werden.

Als einen Grund für diese neue Regelung sieht die Financial Times eine Äußerung von Seiten der US Consumer Product Safety Commission: In dieser hatte die Kommission erklärt, dass Amazon die Verantwortung für Produkte übernehmen müsse, bei denen die Gefahr "schwerer Verletzungen oder des Todes" bestehe.

Händler und Versicherer müssen nach den Regeln von Amazon spielen

Will ein Händler diese Garantie jedoch für sich in Anspruch nehmen, muss er dafür zunächst eine Haftpflichtversicherung abschließen. Welche Konditionen diese Police erfüllen muss, wird von Amazon ganz genau vorgegeben. So muss der Süddeutschen Zeitung zufolge zum Beispiel die Deckungssumme mindestens eine Million Dollar betragen und der vom Händler bezahlte Selbstbehalt darf den Betrag von 10.000 Dollar nicht überschreiten.

Zum Zwecke dieser Versicherungserfordernis hat Amazon den sogenannten Amazon Insurance Accalerator gegründet, ein Netzwerk aus Versicherern, über die Amazon den Händlern Haftpflichtversicherungen vermitteln will. Auch die daran beteiligten Versicherungsgesellschaften müssen sich dabei an die Vorgaben des Konzerns halten. Amazon behält es sich beispielsweise vor, im Falle einer Ablehnung durch den Versicherer den Anspruch nochmals selbst zu prüfen. Sollte man dann bei Amazon von der Berechtigung des Anspruchs überzeugt sein, würde der Konzern den Kunden selbst entschädigen und sich das Geld vom Versicherer zurückholen. Auch die Frist wird von Amazon diktiert: Versicherer haben 30 Tage Zeit, um einen Schaden abzuwickeln. Nach Ablauf dieser Frist hat Amazon das Recht, selbst einzugreifen und die Schadensabwicklung zu übernehmen.

Amazon wagt sich damit in die Versicherungsbranche vor

Mit diesem Konzept macht Amazon einen großen Schritt in das Versicherungsgeschäft. An dem Amazon Insurance Accelerator bereits beteiligt sind die bekannten Gesellschaften Munich Re, Chubb und Hiscox. Der Großmakler Marsh hat seine Policen den Vorgaben von Amazon angepasst. Trotz der strengen Rahmenbedingungen beteiligen sich immer mehr Versicherungsgesellschaften an dem Insurance Accelerator. Einer Vermutung der Süddeutschen Zeitung nach könnte der Grund dafür das Kalkül der Versicherer sein, dass sie über Amazon sehr viele kleinere und mittlere Unternehmen als Kunden gewinnen können. Es bleibt abzuwarten, inwieweit Amazon das Programm auf andere Länder ausdehnen und das Angebot erweitern wird. Vorstellbar wären in Zukunft beispielsweise auch Policen für Privatkunden und Angebote für Unternehmen, die über den Haftpflichtschutz hinausgehen.

Thomas Weschle / Redaktion finanzen.net

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Bildquellen: Sundry Photography / Shutterstock.com, Jonathan Weiss / Shutterstock.com

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