Aktienmärkte: Aussicht verschwommen
Die Angst vor einem China-Crash lähmt Börsianer. Übersehen werden viele positive Trends. Wie Anleger jetzt reagieren.
Werte in diesem Artikel
von Sven Parplies, Euro am Sonntag
Rot, so weit das Auge reicht. Innerhalb von zehn Tagen hat der Deutsche Aktienindex mehr als 1.000 Punkte verloren. Seit dem Jahreshoch im April hat der Index mehr als 15 Prozent an Wert eingebüßt. Damit sind die Gewinne des Gesamtjahres fast komplett verloren.
Auslöser der Schockwellen ist China. Das rote Riesenreich war in den vergangenen Jahren wichtigster Wachstumstreiber vieler Unternehmen - jetzt aber kühlt sich die Wirtschaft dort ab, womöglich stärker als von der Regierung in Peking einkalkuliert. Das würde auch viele Unternehmen in Europa und den Vereinigten Staaten treffen. Der Umsatzanteil Chinas liegt zwar meist bei weniger als zehn Prozent, der Anteil an den Gewinnen der Unternehmen ist allerdings oft deutlich größer.
Auch die Zinsentscheidung der amerikanischen Notenbank sorgt für Verunsicherung. Billiges Geld war in den vergangenen Jahren wichtiger Kurstreiber der Aktienmärkte. Die Ära des ultrabilligen Geldes dürfte jetzt zu Ende gehen. Steigende Zinsen sind tendenziell schlecht für die Aktienmärkte, weil sie risikoarme Investments als Alternative zu Aktien attraktiver machen und Kredite verteuern. Den letzten beiden großen Crashs ging eine Serie von Zinserhöhungen voraus.
Das Bankhaus Lampe verweist auf die Zinsanhebung der US-Notenbank im Jahr 2004. Damals verlor der DAX in der Folgezeit gut zehn Prozent an Wert. Erst als sich die Erkenntnis durchsetzte, dass die Zinsanhebung die Konjunktur nicht abwürgt, erholten sich die Kurse. Immerhin: Jene zehn Prozent Kursverlust haben die Märkte jetzt bereits vorweggenommen.
Im günstigsten Fall könnte eine Zinsanhebung jetzt sogar als positives Signal dafür interpretiert werden, dass die Notenbank den Wirtschaftsaufschwung der USA nicht in Gefahr sieht. "Wichtig für die Aktienmärkte wird sein, welchen Pfad die Notenbank nach der ersten Zinserhöhung einschlagen wird. Eine moderate Anhebung von 0,25 Prozentpunkten pro Quartal müsste zu verkraften sein", kalkuliert Matthias Thiel von der Hamburger Privatbank M.M. Warburg.
Die Aufregung an den Aktienmärkten steht in deutlichem Widerspruch zu den in der Mehrheit positiven Signalen aus den Unternehmen. Nach Berechnungen der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) haben im zweiten Quartal 17 der 30 DAX-Konzerne mehr Geld verdient als im Vorfeld erwartet, darunter die Indexschwergewichte Bayer, Daimler, Deutsche Bank und Siemens. Auch bei den Prognosen der Unternehmen für den Rest des Jahres überwiegen die positiven Überraschungen.
Enttäuschungen sind hingegen oft durch Sondereffekte zu erklären. Etwa durch Streiks bei der Deutschen Post und Lufthansa. Die DZ Bank erwartet, dass 16 der 30 DAX-Konzerne im laufenden Jahr neue Umsatzrekorde und zwölf Indexmitglieder neue Bestmarken beim Gewinn vor Steuern erreichen.
Starker Gewinntrend
Vor allem zwei Trends spielen deutschen Unternehmen in die Karten: Der Ölpreis ist in den vergangenen zwölf Monate um 50 Prozent eingebrochen und könnte noch weiter fallen. Das bringt den meisten Konzernen Entlastung, weil die Kosten für Grundstoffe niedriger sind. Auch der schwache Euro hilft. Die Gemeinschaftswährung hat binnen eines Jahres zum Dollar rund 15 Prozent an Wert verloren. Das hebelt automatisch Einnahmen, die Unternehmen der Eurozone im Dollarraum erwirtschaften.China wurde in den Firmenzentralen bislang offenbar nicht als Bremse wahrgenommen. "Laut unseren Analysten sehen die meisten Konzerne im Reich der Mitte weiterhin mehr Chancen als Risiken", heißt es bei der LBBW nach Auswertung der Geschäftsberichte. Vor allem die Automobil- und Investitionsgüterhersteller gingen zwar von einem Ende der jahrzehntelangen Sonderkonjunktur aus, allerdings bleibe die Volksrepublik für die meisten Konzerne weiterhin ein zentraler Wachstumsmarkt, erklärt die LBBW. Nach mehr als sechs Jahren mit steigenden Kursen aber sind an den Börsen viele positive Trends bereits in den Kursen verarbeitet. Abzulesen ist das am Kurs-Gewinn-Verhältnis, der am meisten beachtete Bewertungskennziffer. Dieses KGV liegt trotz der jüngsten Kursverluste für den DAX noch immer rund fünf Prozent über dem Schnitt der vergangenen zehn Jahre, beim europäischen Stoxx 600 sogar mehr als 20 Prozent. Das macht die Aktienmärkte anfällig. "Makroökonomische Sorgen bleiben ein Bremsklotz für die europäischen Aktienmärkte", so die Schweizer Bank UBS.
Gegen die Angst
Jede Krise bietet aber auch Chancen für mutige Anleger. Die Kurskurve des DAX zeigt, dass prozentual zweistellige Einbrüche innerhalb eines langen Börsenaufschwungs nicht ungewöhnlich sind. Bereits in den Jahren 2012 und 2014 hatte der deutsche Leitindex vorübergehend rund 15 Prozent an Wert verloren, sich dann aber berappelt.Die Commerzbank rechnet aktuell damit, dass sich der DAX zwischen 10.200 und 11.000 Punkten einpendeln könnte. Für das vierte Quartal erwarte man dann eine deutliche Erholung, da deutsche und amerikanische Staatsanleihen nur mit moderat steigenden Renditen auf die Fed-Zinserhöhung reagieren sollten, so die Commerzbank.
Auch die britische Bank HSBC wagt sich inmitten der aktuellen Turbulenzen aus der Deckung: Sektoren, die stark von China abhängig sind, seien bei Investoren so dramatisch aus der Mode geraten, dass bereits wenige gute Nachrichten - etwa ein neues Konjunkturprogramm aus Peking - die Kurse antreiben können (siehe Investor-Info).
Mit einer ähnlichen Überlegung hat die Investmentbank Barclays in dieser Woche BMW neu auf ihre Empfehlungsliste gesetzt. Die Aktie des deutschen Autokonzerns, der einen erheblichen Teil des Gewinns in China erwirtschaftet, hat seit dem Jahreshoch im April mehr als 30 Prozent an Wert verloren. Die Prognosen der Aktienmarktstrategen für den DAX sind ebenfalls in der Masse weiterhin zuversichtlich. Laut der jüngsten Auswertung des Datendiensts Bloomberg liegt das durchschnittliche Kursziel von elf Banken für den Deutschen Aktienindex bis zum Jahresende bei rund 12.250 Punkten.
Investor-Info
China-Opfer
Zu hart abgestraft
In China droht Ärger. Diese Meinung hat sich an den Finanzmärkten durchgesetzt. Viele Fondsmanager haben Aktien mit hohem Umsatzanteil in der Region abgestoßen. Das bietet antizyklischen Investoren Chancen. Die britische Bank HSBC hat eine Liste mit europäischen Unternehmen zusammengestellt, die von einer Gegenbewegung profitieren sollten. Die Redaktion hat jene Werte mit Kaufempfehlung der HSBC und besonders deutlichen Kursverlusten herausgepickt.
Name ISIN Kursverlust 1)
BASF DE000BASF111 -18,8 %
Burberry Group GB0031743007 -16,0 %
Daimler DE0007100000 -19,3 %
Infineon DE0006231004 -22,7 %
Schneider Electr. FR0000121972 -18,2 %
1) Kursverlust der Aktie über die vergangenen drei Monate in Landeswährung. Stand: 20.08.2015, Quelle Bloomberg
Südeuropa
Comeback-Kandidaten
Unternehmen aus Spanien und Italien haben unter der Finanzkrise besonders stark gelitten und haben jetzt entsprechend Aufholpotenzial. Anleger können in beide Länder über Indexfonds investieren: Ein ETF von iShares investiert in den italienischen Aktienindex FTSE MIB (ISIN: IE 00B 1XN H56 8). Ein ETF des Anbieters db X-trackers bildet den spanischen Aktienindex IBEX 35 ab (LU 059 221 639 3).
Globax
Made in Germany
Die Aktien von 30 deutschen Exportstars bildet der von €uro am Sonntag entwickelte Aktienindex ab, unter anderem Adidas, Bayer und Daimler. Der GLOBAX basiert auf der Überlegung, dass Firmen mit einem hohen Umsatzanteil außerhalb Europas langfristig überdurchschnittlich wachsen. Anleger können in den Index dieser global aufgestellten Unternehmen über ein Zertifikat der Deutschen Bank (DE 000 DX9 GL0 1) investieren. Der Finanzen Verlag ist dabei Indexberater.Ausgewählte Hebelprodukte auf BASF
Mit Knock-outs können spekulative Anleger überproportional an Kursbewegungen partizipieren. Wählen Sie einfach den gewünschten Hebel und wir zeigen Ihnen passende Open-End Produkte auf BASF
Der Hebel muss zwischen 2 und 20 liegen
Name | Hebel | KO | Emittent |
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Bildquellen: valerianic / Shutterstock.com, Lightspring / Shutterstock.com
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