Standard & Poor’s: Banken in Deutschland robust trotz Strukturschwächen
Standard & Poor’s Ratings Services sieht positive Auswirkungen auf die Bankenlandschaft in Deutschland durch die Fortschritte bei den Reformen der Bankensysteme in Europa.
Aufgrund fehlender fundamentaler struktureller Reformen werden jedoch beim Wettbewerb kaum Änderungen erwartet und der Bankensektor wird seine bisherigen Refinanzierungsmerkmale beibehalten. Wegen der Einführung der BRRD-Richtlinie zur Sanierung und Abwicklung von Banken in Deutschland wurde eine Neubewertung der staatlichen Unterstützung für Banken in Deutschland vorgenommen.
Standard & Poor‘s klassifiziert den deutschen Bankensektor als besonders widerstandsfähig - obwohl strukturelle Schwächen durchaus präsent sind. Der Bankensektor in Deutschland wird gestützt durch die hoch diversifizierte und sehr wettbewerbsfähige Wirtschaft in Deutschland. Der Kapitalmarkt ist weit entwickelt und bietet dadurch gut diversifizierte Refinanzierungsmöglichkeiten. Des Weiteren zeigt das Bankensystem einen Nettoüberschuss von Einlagen über Kredite. Das Bankensystem in Deutschland ist insgesamt widerstandsfähig, weist aber auch Schwächen auf. So bestehen potenziell destabilisierende Risiken darin, dass einige große Banken überdurchschnittlich hohe Kreditvergabevolumen in sehr zyklischen Geschäften sowie im volatilen Auslandsgeschäft fahren.
Keine Immobilienblase in Deutschland
Auf einer Skala von 1 bis 10 in ihrer "BICRA" genannten Standortbewertung, wobei 1 den besten und 10 den niedrigsten Wert angibt, stuft Standard & Poor’s aus diesen Gründen den deutschen Bankensektor auf Stufe 2 ein. Hierbei werden sowohl ökonomische als auch potenzielle Risiken für die Branche als solche in Betracht gezogen. Außerdem betont Standard & Poor‘s, dass das ökonomische Risiko für Banken in Deutschland einen negativen Trend aufweist. Dieser rührt etwa daher, dass die Hauspreise in einigen Großstädten Rekordhöhen erreichen könnten, was vor allem auf das derzeit niedrige Zinsniveau und die hohe Nachfrage zurückzuführen sei. Allerdings sehen die Analysten derzeit noch keine Immobilienblase. Dennoch wird das Thema Hauspreise im Blick gehalten, genauso wie die Vergabepraktiken und Kreditvolumina der Banken, um einzuschätzen, ob die ökonomischen Trends die Risiken im Bankensektor vorantreiben. Möglicherweise könnte dadurch die derzeitige Bewertung des ökonomischen Gleichgewichts von "very low risk" ein Risiko-Level auf "low risk" heruntergestuft werden. Sollte sich die Entwicklung der Hauspreise aber nachhaltig verlangsamen, könnte das ökonomische Risiko auch wieder von negativ auf stabil gesetzt werden.
Eurozone: In Teilen fragile wirtschaftliche Entwicklung
Standard & Poor’s sieht neben dem Immobilienmarkt eine strukturelle Abhängigkeit von Exporten als einen wesentlichen Faktor in der Analyse des Bankensektors. Aufgrund der fragilen wirtschaftlichen Entwicklung in manchen Ländern der Eurozone könnten ein Rückschlag in der wirtschaftlichen Erholung oder nachlassendes Vertrauen der Investoren sich nachteilig auf die deutsche Wirtschaft und damit auch auf ihre Handelspartner und die Nachfrage nach Finanzierung auswirken.Von Markus Schmaus, Senior Director, Analytical Manager bei Standard & Poor’s Ratings Services in Frankfurt
Hier kommentieren jede Woche Analysten von Standard & Poor’s Ratings Services (S&P) die Entwicklungen in der Wirtschaft und an den Finanzmärkten - und welche Herausforderungen sich daraus für Wachstum und Stabilität ergeben. S&P ist seit 30 Jahren mit inzwischen neun Standorten in Europa vertreten, im Frankfurter Büro arbeiten 120 Mitarbeiter aus 19 Ländern. Mehr Infos unter www.spratings.de
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