ROUNDUP: Wie bitter wird die München-Rede von Trumps Vize für Europa?

14.02.25 07:34 Uhr

MÜNCHEN (dpa-AFX) - Es ist der mit Abstand wichtigste Auftritt bei dieser Münchner Sicherheitskonferenz: Es sind nur 30 Minuten, die der Stellvertreter von US-Präsident Donald Trump heute Nachmittag (14.30 Uhr) auf der Hauptbühne im Hotel Bayerischer Hof stehen wird. Aber die werden es in sich haben.

Wer­bung

Vizepräsident J.D. Vance ist nach München gekommen, um den europäischen Bündnispartnern den außen- und sicherheitspolitischen Kurs der neuen US-Regierung zu erläutern. Er dürfte einige bittere Wahrheiten parat haben.

Ukraine-Krieg: "Schmutziger Deal" mit Putin?

Trump hat die Stimmung zwischen den USA und Europa schon vor der Konferenz auf einen Tiefpunkt befördert. Erst hat er die EU mit der Ankündigung von Strafzöllen auf Stahl und Aluminium brüskiert. Dann hat er einen Teil seiner Verbündeten mit seinem aufsehenerregenden Telefonat mit Russlands Präsident Wladimir Putin und einem unabgestimmten Verhandlungsangebot auf die Barrikaden gebracht. "Schmutziger Deal" hat die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas das genannt und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) warnt vor einem "Diktatfrieden".

Wer­bung

Das dürfte Vance wohl kaum dazu bewegen, in irgendeiner Weise einzulenken. Die Frage ist aber, ob er die bereits bekannten US-Vorstellungen von einer Friedenslösung weiter ausformuliert und inwieweit er die Europäer in die Pflicht nimmt - zum Beispiel bei der Sicherung eines Waffenstillstands mit einer Friedenstruppe. Selenskyj wurde in der Nacht - wenige Stunden nach der Ankunft von Vance - in München erwartet. Die beiden haben sich für Freitag zu einem Gespräch verabredet.

Trumps rätselhafte Ankündigung: Kommt Russland nach München?

Es könnte aber auch noch zu einer richtig dicken Überraschung kommen. Es werde in München ein Treffen mit "hochrangigen Vertretern aus Russland, der Ukraine und den Vereinigten Staaten" geben, kündigte Trump am Donnerstag an, ohne Details zu nennen. Bisher ist Russland aber gar nicht zur Sicherheitskonferenz (MSC) eingeladen. Die Ankündigung Trumps bleibt damit erstmal ein Rätsel. Von der MSC gab es dazu zunächst keine Stellungnahme.

Wer­bung

Es gibt neben dem Ukraine-Krieg noch eine ganze Reihe weiterer Themen, bei denen die Europäer während der Rede von Vance zusammenzucken könnten.

Truppenabzug aus Europa: Zehntausende Soldaten weniger?

Spekuliert wird darüber, dass er einen Abzug amerikanischer Truppen aus Europa ankündigen könnte. In Reaktion auf Russlands Vorgehen gegen die Ukraine hatte Trumps Vorgänger-Regierung von Präsident Joe Biden mehr als 20.000 zusätzliche Soldaten über den Atlantik geschickt und damit die Zahl der US-Truppen in Europa auf mehr als 100.000 erhöht.

In der Nato wird damit gerechnet, dass Trump die Zahl relativ schnell auf das Vorkriegsniveau reduzieren lässt - wenn nicht sogar noch deutlich stärker. Als wahrscheinlich gilt zum Beispiel, dass Soldaten der 82. US-Luftlandedivision in ihre Heimat zurückkehren, die zuletzt insbesondere zur Abschreckung und Sicherung der Nato-Ostflanke eingesetzt waren.

Verteidigungsausgaben: Showdown im Juni?

Trump hat zuletzt mehrfach gefordert, dass jeder europäische Alliierte künftig fünf Prozent seiner Wirtschaftsleistung für Verteidigung ausgeben sollte. Bislang hat er allerdings nicht gesagt, ab wann er Ausgaben in dieser Höhe erwartet. Bei der Münchner Sicherheitskonferenz könnte es mehr Klarheit geben - auch mit Blick darauf, wann ein neues Nato-Ziel für die Verteidigungsausgaben vereinbart werden soll. Als wahrscheinlich gilt, dass Trump eine Entscheidung spätestens beim Nato-Gipfel im Juni will.

Strafzölle: Was ist mit den deutschen Autos?

Kommen die befürchteten Sonderzölle auf Autoimporte und zahlreiche andere Güter? Oder bleibt es vorerst doch bei den schon angekündigten Extraabgaben auf Stahl- und Aluminiumprodukte? Das ist eine weitere Frage, die die Europäer in diesen Tagen umtreibt.

Bei der Sicherheitskonferenz war die Handelspolitik von Trump bereits in der ersten Amtszeit von Trump ein großes Thema gewesen. 2019 kritisierte die damalige Kanzlerin Angela Merkel in München Planungen der US-Regierung, europäische Fahrzeuge als Bedrohung für die nationale Sicherheit der USA einzustufen und damit die Grundlage für Zölle zu schaffen. Gleichzeitig warb sie letztlich erfolgreich für Verhandlungen, um einen Handelskrieg anzuwenden.

G7: Kommt Putin zurück in eine G8?

2014 wurde Russland nach der Annexion der ukrainischen Schwarzmeerhalbinsel Krim aus der Runde der führenden westlichen Wirtschaftsnationen (G8) verbannt - die Gruppe wurde wieder zur G7. Trump spricht sich nun dafür aus, wieder mit Kreml-Chef Wladimir Putin zu tagen. Lässt er seinen Stellvertreter für die Rückkehr zum G8-Format werben?

Vance trifft Merz - Scholz kommt erst später

Vance wird in München auch einige Gesprächspartner von deutscher Seite haben. Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU) hat als erster bekanntgegeben, dass er sich mit dem Amerikaner trifft. Es wird erwartet, dass es auch ein gemeinsames Gespräch von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) und Kanzleramtschef Wolfgang Schmidt (SPD) mit dem US-Vizepräsidenten geben wird. Kanzler Olaf Scholz (SPD) wird dagegen erst am Samstag in München erwartet - wenn Vance schon abgereist ist./mfi/DP/zb