ROUNDUP/Streit in der Wohnungseigentümergemeinschaft: Wer zahlt was?

14.02.25 08:04 Uhr

KARLSRUHE (dpa-AFX) - In Wohnungseigentümergemeinschaften (WEG) wird häufig darüber gestritten, wer welche Kosten tragen muss. Immer wieder landet so eine Auseinandersetzung vor Gericht. An diesem Freitag will der Bundesgerichtshof (BGH) seine Antwort auf eine wichtige Teilfrage bekanntgeben. Das oberste Zivilgericht Deutschlands will klären, ob eine WEG auch zulasten einzelner Eigentümer Kosten umverteilen darf. Aber wie läuft das normalerweise mit der Kostenverteilung? Die wichtigsten Fragen und Antworten vor dem Urteil:

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Was ist eine Wohnungseigentümergemeinschaft?

Die WEG ist ein Zusammenschluss aller Eigentümer, die eine Wohnung oder Gewerbeeinheit in einer bestimmten Immobilie besitzen. In diesem Verbund werden alle gemeinschaftlichen Angelegenheiten des Gebäudes geregelt. Die Rechte und Pflichten von einzelnen Eigentümern sowie der Gemeinschaft sind im Wohnungseigentumsgesetz geregelt. Das Gesetz wurde zuletzt 2020 durch die Große Koalition aus Union und SPD reformiert.

Was zahlt die Gemeinschaft?

"Kosten, die das gemeinschaftliche Eigentum betreffen, wie beispielsweise die Instandhaltung des Dachs, der Fassade, des Treppenhauses oder der Heizungsanlage, trägt die Gemeinschaft", erklärt Luisa Peitz, Rechtsreferentin beim Eigentümerverband Haus & Grund Deutschland. Wenn keine abweichende Regelung vereinbart wurde, werden diese Kosten anteilig auf alle Eigentümer verteilt - und zwar in der Regel nach Miteigentumsanteilen.

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Was zahlen Eigentümer selbst?

Kosten für die eigene Wohnung - das "Sondereigentum" - tragen die jeweiligen Eigentümer selbst. "Dazu gehören insbesondere Erhaltungsmaßnahmen innerhalb der Wohnung, wie der Innenanstrich, Bodenbeläge oder private Sanitäranlagen", so Peitz. Die Gemeinschaft könne aber mit einem Beschluss eine von der gesetzlichen Regelung abweichende Verteilung von Kosten beschließen, wenn dies sachlich gerechtfertigt ist. So könne etwa festgehalten werden, dass der Austausch von Fenstern immer vom jeweiligen Sondereigentümer gezahlt wird, in dessen Wohnung diese Fenster sind.

Was ist das "Hausgeld" und wer muss es zahlen?

Mit dem Hausgeld sollen die laufenden Kosten für Betrieb, Instandhaltung und Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums gedeckt werden, sagt Peitz. Die Höhe basiere dabei auf dem Wirtschaftsplan, den der Verwalter jährlich erstellt. "Die Verteilung erfolgt in der Regel nach Miteigentumsanteilen - es sei denn, die Teilungserklärung oder ein Beschluss der Eigentümergemeinschaft sieht eine abweichende Regelung vor. Nach Ablauf des Wirtschaftsjahres wird eine Jahresabrechnung erstellt, in der die tatsächlich angefallenen Kosten mit den geleisteten Vorauszahlungen verrechnet werden."

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Was darf der Verwalter?

Der Verwalter wird von den Wohnungseigentümern bestellt und abberufen. "Er selbst hat nur die Entscheidungsbefugnis für Maßnahmen untergeordneter Bedeutung", sagt Lothar Blaschke vom Verein Deutscher Wohnungseigentümer. "Alles, was bedeutend ist und Geld kosten kann, kann er nicht selbst entscheiden. Das muss er als Beschlussantrag vorbereiten und in der nächsten Eigentümerversammlung vorlegen." Oft hätten Gemeinschaften aber eine Höchstgrenze festgelegt, im Rahmen dessen der Verwalter selbstständig handeln darf.

Wann darf die WEG Kosten umverteilen?

Grundsätzlich werden Gemeinschaftskosten nach der gesetzlichen Regelung nach Miteigentumsanteilen verteilt. Im Gesetz steht aber auch: Die Wohnungseigentümer können für einzelne Kosten oder bestimmte Arten von Kosten eine abweichende Verteilung beschließen. Die Gemeinschaft hat also eine sogenannte Beschlusskompetenz. "Jetzt geht es um die Frage, wie weit diese Beschlusskompetenz geht", sagt Blaschke.

Dürfen Kosten auch zulasten einzelner Eigentümer umverteilt werden?

Das will jetzt der fünfte Zivilsenat des BGH in Karlsruhe klären. Dabei geht es unter anderem um die Klage einer Wohnungseigentümerin, die Kosten für die Sanierung eines Garagendachs mittragen sollte - obwohl ihr in der zur Anlage gehörenden Garage gar kein Stellplatz zusteht. Die Gemeinschaft hatte beschlossen, die Kosten auf sämtliche Wohnungseigentümer im Verhältnis ihrer Eigentumsanteile umzulegen. Die Frau wurde erstmalig an den Kosten beteiligt.

Wie entschied der BGH bisher?

Im März 2024 hatte der BGH schon einmal zu einer solchen erstmaligen Kostenbeteiligung einzelner Eigentümer in einer WEG entscheiden und dabei den Gestaltungsspielraum der Gemeinschaft betont. "Auch bisher gänzlich befreite Eigentümer können dem BGH nach erstmalig durch abändernde Beschlüsse an Kosten beteiligt werden", sagt Beate Heilmann, Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Mietrecht und Immobilien beim Deutschen Anwaltverein.

Für Entscheidungen in der Gemeinschaft reiche in der Regel immer die einfache Mehrheit, so Heilmann. "Der Minderheitenschutz findet dadurch statt, dass überrumpelte Eigentümer gegebenenfalls klagen können, wenn sie den Beschluss für nicht ordnungsgemäß, willkürlich, benachteiligend oder böswillig halten." Das Gericht könne dann aber lediglich prüfen, ob sich der Beschluss im Rahmen des relativ weiten Ermessensspielraums der WEG hält.

Wie können Eigentümer sich gegen die Kosten wehren?

Hält ein Wohnungseigentümer einen Beschluss für rechtswidrig, kann er sich zum Beispiel mit einer Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklage an das zuständige Amtsgericht wenden. Die Anfechtungsklage dient dazu, einen Beschluss gerichtlich für ungültig erklären zu lassen, und muss innerhalb eines Monats nach der Beschlussfassung erhoben werden, sagt Luisa Peitz. "Die Klage kann unter anderem darauf gestützt werden, dass der Beschluss gegen das Gesetz, die Teilungserklärung oder die Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung verstößt oder einzelne Wohnungseigentümer unbillig benachteiligt."

Die Nichtigkeitsklage ist hingegen auf die Feststellung gerichtet, dass ein Beschluss von Anfang an nichtig ist, weil er etwa gegen zwingende gesetzliche Vorschriften verstößt oder zu etwas gefasst wurde, wofür die Eigentümergemeinschaft keine Beschlusskompetenz hat, erklärt Peitz. "Im Gegensatz zur Anfechtungsklage ist die Nichtigkeitsklage nicht fristgebunden."

Was klagende Wohnungseigentümer beachten sollten: Wenn sie vor Gericht gegen die Gemeinschaft gewinnen und die WEG dazu verurteilt wird, die Prozesskosten zu tragen, dürfen diese Kosten auch anteilig auf den siegreichen Eigentümer umgelegt werden. Das hatte der BGH im Juli 2024 entschieden. Die Vorsitzende Richterin räumte damals bereits ein, dass das gerade in kleinen Gemeinschaften womöglich potenzielle Kläger von einer Klage abhalten könnte./jml/DP/zb