ROUNDUP: Erleichterungen für Hausärzte - und mehr Termine?
BERLIN (dpa-AFX) - Hausarztpraxen bekommen bessere Bedingungen, um die Patientenversorgung vor Ort stärker abzusichern. Der Bundesrat billigte ein vom Bundestag beschlossenes Gesetz, das finanzielle Anreize und Vereinfachungen dafür festlegt. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sagte: "Einen Termin beim Hausarzt zu bekommen, wird endlich wieder deutlich einfacher - insbesondere für gesetzlich Versicherte." In der Länderkammer beraten wird nun auch über eine Initiative gegen Benachteiligungen von Kassenpatienten.
Lauterbach sagte, das Gesetz werde die ambulante Versorgung grundlegend verbessern. "Wenn leicht chronisch Kranke nicht mehr alle drei Monate für die Quartalspauschale des Arztes in die Praxis einbestellt werden müssen, wenn zusätzliche Patienten abgerechnet werden können, wird auch wieder mehr Zeit sein für neue Patienten." Hausärzte könnten ihre Lotsenfunktion besser wahrnehmen. "Das senkt die Kosten, überflüssige Facharzttermine fallen weg."
5.000 Hausarztsitze vakant
Großes Ziel ist, angesichts von bundesweit 5.000 unbesetzten Hausarztsitzen den Beruf attraktiver zu machen und das Praxisnetz zu erhalten - vor allem auf dem Land und in ärmeren Vierteln von Großstädten. Dazu hatten sich SPD und Grüne mit ihrem früheren Ampel-Partner FDP noch auf wichtige Punkte eines Gesetzes verständigt, das nach dem Koalitionsbruch zu versanden drohte.
Vergütung
Für Hausärzte fallen - wie schon bei Kinderärzten - sonst übliche Deckelungen der Vergütung weg. Das heißt, dass sie Mehrarbeit sicher honoriert bekommen, auch wenn das Budget ausgeschöpft ist. "Jede Leistung wird bezahlt", lautet das Motto. Das soll es für Hausärzte attraktiver machen, mehr Patienten anzunehmen. Die gesetzlichen Kassen schätzen die jährlichen Mehrkosten auf 400 Millionen Euro, bezweifeln aber konkrete Versorgungs-Verbesserungen.
Neue Pauschalen I
Praxen erhalten künftig eine "Versorgungspauschale" für Patienten mit leichten chronischen Erkrankungen und wenig Betreuungsbedarf. Das soll Einbestellungen in jedem Quartal nur aus Abrechnungsgründen vermeiden und größere Freiräume schaffen. Hausärzte können stattdessen eine bis zu ein Jahr umfassende Pauschale abrechnen.
Neue Pauschalen II
Eine extra "Vorhaltepauschale" können Praxen bekommen, die besonders in der Versorgung engagiert sind - je mehr von bestimmten Kriterien sie erfüllen, desto mehr zusätzliches Honorar winkt. Dabei geht es zum Beispiel um Haus- und Pflegeheimbesuche oder "bedarfsgerechte" Sprechzeiten etwa abends.
Vorstoß gegen Ungleichbehandlung
In den Bundesrat eingebracht wurde eine Initiative Niedersachsens. Eine Zwei-Klassen-Medizin sei für Millionen gesetzlich Versicherte frustrierende Realität, sagte Gesundheitsminister Andreas Philippi (SPD). Tag für Tag erlebten sie, dass Privatversicherte schnell Termine bekämen, während sie oft wochenlang warten müssten. Die neue Bundesregierung soll daher aufgefordert werden zu prüfen, wie ein "gleichberechtigter Zugang" gesichert werden kann - etwa mit einer verpflichtenden Mindestquote oder finanziellen Anreizen für Termine für Kassenpatienten. Über den Vorstoß beraten nun die Bundesrats-Ausschüsse.
"Pille danach"
Das von der Länderkammer gebilligte Gesetz regelt auch einige andere Punkte. Schon jetzt haben Frauen einen Anspruch auf eine Notfall-Verhütung mit einer "Pille danach" auf Kassenkosten, wenn es Hinweise auf sexuellen Missbrauch oder eine Vergewaltigung gibt - allerdings bisher nur bis zum 22. Geburtstag. Diese Altersgrenze fällt jetzt weg./sam/DP/jha