DAX im Härtetest: Bei welchen Titeln der Einstieg lohnt
Massive Kursverluste haben dem deutschen Leitindex zugesetzt. €uro am Sonntag hat die Bewertungskennziffern der 30 deutschen Aktien untersucht. Welche Titel jetzt die besten Chancen bieten.
Werte in diesem Artikel
von Sven Parplies, Euro am Sonntag
Derart krasse Kurseinbrüche kennt man eigentlich nur von kleinen Zockerwerten, nicht von Deutschlands Topkonzernen. Ein Drittel der 30 DAX-Aktien hat über die vergangenen beiden Wochen zweistellig an Wert verloren. Am härtesten erwischte es mit einem Minus von mehr als 20 Prozent Adidas. Der DAX selbst hat die Kursgewinne der ersten Jahreshälfte inzwischen komplett verloren.
Die dramatische Korrektur zeigt, wie sehr sich das Umfeld für Aktien verschlechtert hat. Politische Krisen um die Ukraine und im Nahen Osten belasten zunehmend die Realwirtschaft. Auch die deutsche Wirtschaft verliert offenbar an Schwung. Die sich anbahnende Zinswende in den USA ist ebenfalls gefährlich. Denn mit steigendem Leitzins werden die Staatsanleihen der Supermacht als Alternative zu Aktien attraktiver.
Das alles schärft den Blick auf selbst verschuldete Probleme in den Unternehmen. Adidas ist so ein Fall. Der Sportartikelkonzern zahlt heute den Preis für mangelhafte Kreativität in Produktentwicklung und Marketing, aber auch für strategische Fehler. Ende Juli senkte Konzernchef Herbert Hainer die Gewinnprognose: Statt 830 bis 930 Millionen Euro stellt Adidas für das aktuelle Geschäftsjahr nur noch 650 Millionen als Nettogewinn in Aussicht.
Selbst wenn man den unteren Rand der ursprünglichen Prognose als Maßstab nimmt, hat Adidas das Gewinnziel um 22 Prozent gesenkt. Seit Jahresbeginn haben Analysten ihre Gewinnschätzung für den Konzern im laufenden Jahr um 35 Prozent nach unten korrigiert. Der Kursverfall der Aktie ist also keine Laune der Börse, sondern fundamental gerechtfertigt.
Überraschungssieger
Ein anderes Extrem ist ThyssenKrupp. Die Aktie des Stahlkonzerns ist in diesem Jahr bislang der mit Abstand beste Wert im Index. Das mag überraschen, denn ThyssenKrupp hat schwere Zeiten durchlebt. Preisdruck im Kerngeschäft, aber auch eine verfehlte Expansion in Amerika hatten die Ruhrgebietler tief in die roten Zahlen getrieben. Über die vergangenen beiden Geschäftsjahre erwirtschaftete ThyssenKrupp insgesamt mehr als sechs Milliarden Euro Verlust. Auf dem Höhepunkt der Krise zweifelten einige sogar an der Überlebensfähigkeit des Traditionskonzerns.
Inzwischen aber zeigen die Aufräumarbeiten von Vorstandschef Heinrich Hiesinger Wirkung. In den ersten neun Monaten des bis September laufenden Geschäftsjahres hat sich ThyssenKrupp zurück in die Gewinnzone gekämpft.
Weil der Konzern besser vorankommt als von Analysten erwartet, haben viele ihre Gewinnprognose angehoben. Hatten die Börsenprofis zu Jahresbeginn noch mit einem Gewinn von 53 Cent je Aktie im laufenden Geschäftsjahr gerechnet, sind es inzwischen 62 Cent. Der Kurszuwachs der Aktie in diesem Jahr deckt sich also in etwa mit dem Trend der Gewinnschätzungen.
Gewinnschätzungen von Analysten für Aktien und Aktienindizes sind ein wichtiger Wegweiser für Anleger - schließlich wird an der Börse die Zukunft gehandelt. Steigen die Gewinnschätzungen für ein Unternehmen, schrumpfen automatisch wichtige Bewertungskennziffern wie das viel beachtete Kurs-Gewinnverhältnis (KGV). Das wiederum macht eine Aktie attraktiver und steigert die Nachfrage unter den Anlegern. Das KGV von ThyssenKrupp beispielsweise ist trotz der deutlichen Kursgewinne nur leicht gestiegen. Adidas hingegen ist trotz massiver Kursverluste der Aktie beim KGV für das laufende Jahr nicht billiger geworden.
Auf der Suche nach attraktiven Aktien nach dem Kurssturz hat €uro am Sonntag Deutschlands Top-Aktien unter die Lupe genommen. In einem ersten Schritt hat die Redaktion für alle 30 DAX-Mitglieder die vom Datendienst Bloomberg ermittelten Konsensschätzungen, also der Durchschnitt aller Analystenschätzungen, ausgewertet.
In der Masse spiegeln die Daten die angespannte Stimmung an den Finanzmärkten wider: Bei zwei Dritteln der DAX-Mitglieder ist die Gewinnerwartung für das laufende Geschäftsjahr heute niedriger als noch zu Jahresbeginn. Das deckt sich mit den Kommentaren aus vielen Unternehmen, die mit Verweis auf die vielen politischen und wirtschaftlichen Risiken vor einer schwächeren Geschäftsentwicklung in der zweiten Jahreshälfte warnen.
Neben ThyssenKrupp ragt auch Daimler positiv heraus. Um 17 Prozent ist die Konsensschätzung der Analysten seit Jahresbeginn gestiegen. Angeschoben wird der Optimismus durch die bisherigen Ergebnisse des Konzerns. Im ersten Halbjahr legte der operative Gewinn aus dem laufenden Geschäft um mehr als zwölf Prozent zu.
Ebenfalls zweistellig gestiegen sind die Prognosen für Infineon und K + S, allerdings aus unterschiedlichen Gründen. Der Chiphersteller Infineon steigerte die operative Marge nach langer Zeit erstmals wieder über den selbst gesteckten langfristigen Zielwert von 15 Prozent und hat damit die Analysten überrascht.
Bei K + S waren die Schätzungen im vergangenen Jahr massiv gesenkt worden, weil der Kalipreis auf dem Weltmarkt unter Druck geraten ist. Inzwischen aber hat sich die Lage stabilisiert. "Die Kalipreise haben die Talsohle durchschritten", vermeldete der Finanzchef von K + S, Burkhard Lohr, in dieser Woche. Damit bestätigte er die wachsende Zuversicht unter Analysten, von denen einige mit ihren Gewinnkürzungen im Vorjahr schlicht über das Ziel hinausgeschossen sind.
Banken im Brennpunkt
Gewinnprognosen müssten in der Theorie zeitnah in den Kursen verarbeitet werden. Spannend wird es, wenn Schätzungen und Kurse deutlich auseinanderdriften. In diesen Fällen bieten sich oft attraktive Einstiegsgelegenheiten - oder hohe Risiken. Deshalb hat die Redaktion in einem zweiten Schritt die Entwicklung der Gewinnerwartung an die Unternehmen mit der Kursentwicklung der jeweiligen Aktie im laufenden Jahr verglichen.
Extreme Bewegungen gibt es im DAX vor allem bei den Banken. Dort sind die Gewinnschätzungen deutlich stärker gefallen als die Kurse. Offenbar setzen Anleger darauf, dass Deutsche Bank und Commerzbank die Lasten aus der großen Finanzkrise bald abgeschüttelt haben.
In einer Sondersituation befindet sich Lanxess. Der Spezialchemiekonzern hat mit Matthias Zachert einen Chef, der als tatkräftiger Sanierer gilt. Als Zacherts Verpflichtung bekannt gegeben wurde, schoss der Kurs in die Höhe. Anleger setzen also offenbar schon jetzt auf eine deutliche Gewinnverbesserung.
So eine Spekulation kann aufgehen, ist aber gefährlich. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis der Lanxess-Aktie ist auf 17 gestiegen. Im Schnitt der vergangenen zehn Jahre gestand die Börse der Aktie lediglich ein KGV von 12 zu. Das verdeutlicht, wie groß der Druck auf Zachert ist.
Vergleichsweise günstig bewertet sind die Autowerte Volkswagen, Daimler und BMW. Das KGV liegt dort jeweils unter dem langjährigen Durchschnitt. Zugleich haben sich die Kurse in diesem Jahr schlechter entwickelt als die Gewinnschätzungen der Analysten. Offenbar stellen sich Anleger bereits auf eine Abkühlung der Autokonjunktur in der zweiten Jahreshälfte ein. BMW und Daimler aber halten sich hartnäckig in der Erfolgsspur. Beide meldeten in ihrem Kerngeschäft im Juli erneut Absatzrekorde.
Kurios sind die Bewertungskennziffern der Lufthansa: Das Kurs-Gewinn-Verhältnis ist so niedrig wie bei keinem anderen DAX-Konzern und auch gemessen an der eigenen Historie sehr klein. Das zeigt die große Skepsis vieler Anleger gegenüber der Luftfahrtindustrie, die stark von der allgemeinen Wirtschaftslage abhängt und durch eine Abkühlung besonders hart getroffen würde.
Das Bewertungsniveau des Gesamtindex hat sich nach dem Kursrutsch entspannt. Das KGV ist auf Basis der in den kommenden zwölf Monaten erwarteten Gewinne von 13,3 auf 12,1 gesunken und liegt leicht über dem historischen Durchschnitt von 11,5. Der Index ist also weder extrem teuer noch billig. Halt geben sollte die Dividendenrendite, die mit knapp drei Prozent deutlich über der Rendite deutscher Staatsanleihen liegt. Die Banken bleiben trotz des rauen Börsenklimas bei ihren Kurszielen für den Index. Die DZ Bank etwa sieht den Index zum Jahresende bei 10.200 Punkten.
Auch die Redaktion von Euro am Sonntag rechnet für die kommenden Wochen nicht mit einem harten Kurseinbruch. Gleichwohl müssen sich Anleger nach der inzwischen mehr als fünf Jahre anhaltenden Aktienmarktrally auf bescheidenere Renditen einrichten. Gerade deshalb macht es Sinn, die Kennziffern genau im Blick zu behalten. Die Redaktion hat vier Aktien mit unterschiedlichem Risikoprofil und überdurchschnittlichen Chancen herausgefiltert, die in der nachfolgenden Investor-Info aufgeführt sind.
Investor-Info
Allianz
Auf Rekordkurs
Trotz Schwäche der Vermögensverwaltung dürfte der Versicherungsriese 2014 einen Rekordgewinn erzielen. Nach dem guten ersten Halbjahr peilen die Münchner das obere Ende ihrer Prognosespanne von 9,5 bis 10,5 Milliarden Euro beim operativen Ergebnis an. Die Gewinnschätzungen in diesem Jahr sind stärker gestiegen als der Aktienkurs. Die hohe Dividendenrendite rechtfertigt das relativ hohe KGV.
BMW
In voller Fahrt
Erstmals will BMW in diesem Jahr mehr als zwei Millionen Fahrzeuge verkaufen. Mit einer Ebit-Marge der Autosparte von 11,7 Prozent übertraf der Automobilhersteller im zweiten Quartal die Erwartungen der Analysten. Die Gewinnschätzungen in diesem Jahr sind stärker gestiegen als der Aktienkurs. Damit sollte eine leichte Eintrübung des Branchenumfelds im zweiten Halbjahr bereits verarbeitet sein.
Infineon
Rückschlag nutzen
Der Chiphersteller hat Margen und Gewinn deutlich gesteigert. Wichtigster Umsatzbringer ist die Autoindustrie, die ihre Fahrzeuge mit immer mehr Technik aufmotzt. Dieser Trend dürfte anhalten. Das KGV ist im historischen Vergleich niedrig, der Kursgewinn im laufenden Jahr wird durch die Gewinndynamik untermauert. Der Kursrückschlag bietet eine gute Einstiegschance.
K + S
Guter Boden
Der Betriebsgewinn des Düngemittelherstellers ist im ersten Halbjahr um 14 Prozent geschrumpft. Wichtiger ist die neue Jahresprognose, die über Analystenerwartung liegt. Zudem haben die stark gesunkenen Kalipreise offenbar einen Boden gefunden. K + S ist eine Turnaround-Spekulation, das KGV der Aktie deshalb hoch. Riskant!
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Name | Hebel | KO | Emittent |
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Bildquellen: Julian Mezger für Finanzen Verlag
Nachrichten zu Volkswagen (VW) AG Vz.
Analysen zu Volkswagen (VW) AG Vz.
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06.12.2024 | Volkswagen (VW) vz Market-Perform | Bernstein Research | |
03.12.2024 | Volkswagen (VW) vz Overweight | Barclays Capital | |
03.12.2024 | Volkswagen (VW) vz Sell | UBS AG | |
29.11.2024 | Volkswagen (VW) vz Market-Perform | Bernstein Research | |
29.11.2024 | Volkswagen (VW) vz Market-Perform | Bernstein Research |
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03.12.2024 | Volkswagen (VW) vz Overweight | Barclays Capital | |
11.11.2024 | Volkswagen (VW) vz Buy | Jefferies & Company Inc. | |
11.11.2024 | Volkswagen (VW) vz Buy | Joh. Berenberg, Gossler & Co. KG (Berenberg Bank) | |
01.11.2024 | Volkswagen (VW) vz Buy | Joh. Berenberg, Gossler & Co. KG (Berenberg Bank) | |
31.10.2024 | Volkswagen (VW) vz Buy | Deutsche Bank AG |
Datum | Rating | Analyst | |
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06.12.2024 | Volkswagen (VW) vz Market-Perform | Bernstein Research | |
29.11.2024 | Volkswagen (VW) vz Market-Perform | Bernstein Research | |
29.11.2024 | Volkswagen (VW) vz Market-Perform | Bernstein Research | |
27.11.2024 | Volkswagen (VW) vz Neutral | JP Morgan Chase & Co. | |
26.11.2024 | Volkswagen (VW) vz Market-Perform | Bernstein Research |
Datum | Rating | Analyst | |
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03.12.2024 | Volkswagen (VW) vz Sell | UBS AG | |
30.10.2024 | Volkswagen (VW) vz Sell | UBS AG | |
07.10.2024 | Volkswagen (VW) vz Sell | UBS AG | |
30.09.2024 | Volkswagen (VW) vz Sell | UBS AG | |
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