Ferrari: Wie der Edelsportler den Aktienkurs unter Strom setzt
Seit September ist Benedetto Vigna Chef der italienischen Sportwagenikone. Der Scuderia spendiert der Neue einen Luxus-SUV. Doch vor allem die Elektrostrategie des Physikers setzt Börsianer unter Hochspannung.
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von Klaus Schachinger, Euro am Sonntag
Das ging fix. Die Spezialisten, die Ferrari jüngst ein Konzept für autonomes Fahren präsentieren wollten, lud Konzernlenker Benedetto Vigna spontan ein, mit einem Testfahrer ein paar Runden auf der hauseigenen Strecke Fiorano zu drehen. "Als sie ausstiegen, sagten sie mir: Okay, Benedetto, unsere Präsentation ist wertlos", erzählte der Topmanager jüngst auf dem Kapitalmarkttag der Sportwagenikone aus Maranello im Norden Italiens. Daraus kann man schließen: Auf absehbare Zeit wird es keine autonom fahrende Ferraris geben. "Kein Ferrari-Kunde wird für einen Computer bezahlen, um beim Fahren nur dabei zu sein. Der Mensch als Fahrer ist zentral", sagt Vigna. Als Physiker und Chipexperte kann der Chef das Geschäftspotenzial von Fahrassistenzsystemen wohl gut einschätzen. Ferrari hatte den Topmanager beim Chipkonzern ST Microelectronics abgeworben.
Vigna soll den sehr speziellen Autobauer, dessen Marke nicht nur in Italien beinahe eine Religion ist, in das Zeitalter der Elektromobilität führen. Das könnte klappen, denn der Plan, den der Chef jüngst auf dem Kapitalmarkt präsentierte, überzeugte auch Börsianer: Der Kurs beschleunigte während der Präsentation.
15 neue Modelle bis 2026
Vigna erhöht das Tempo der Transformation des Traditionsunternehmens: 15 neue Modelle, einschließlich eines Supercar, sollen während der nächsten vier Jahre auf die Straße rollen. Bis 2026 sollen 60 Prozent der Ferraris mit Elektro- oder Hybridantrieb laufen. Bis 2030 soll dann nur noch ein Fünftel mit Verbrennungsmotor angeboten werden. Um die Kapazitäten für die neuen Antriebe zu erhöhen, werden in das Werk in Maranello bis 2030 rund 4,4 Milliarden Euro investiert.
Wie die Transformation des Autobauers, dessen V-12-Zylinder-Motoren legendär sind, aussehen könnte, zeigt das Modell 296 GTB. Ferrari rollte den Flitzer mit Hybridantrieb im ersten Quartal 2022 in seine Verkaufsräume.
Rund 270.000 Euro kostet der Edelsportwagen mit 2,9-Liter-V6-Motor. Der 663-PS-Verbrenner ist mit einem Elektromotor gekoppelt, der als Leistungsbooster zusätzliche 167 PS liefern kann.
Purosangue - das Vollblut
Der erste vollelektrische Ferrari soll 2025 auf den Markt kommen, der erste SUV, ebenfalls mit Hybridantrieb, schon 2023: Purosangue, auf Italienisch Vollblut, heißt der für beeindruckende Auftritte in den Städten entwickelte Geländewagen aus Maranello.
2017 hatte Sergio Marchionne, der charismatische damalige und inzwischen verstorbene Chef, noch gesagt, man möge ihn erschießen, wenn Ferrari mit einem ähnlichen SUV wie BMW, Bentley oder Porsche auf den Markt stürme. Nun drängt auch die Edel-Scuderia aus Norditalien in das hochprofitable Segment. Auf keinen Fall aber werde es aus Maranello martialisch wirkende SUVs geben. Man lege großen Wert auf eine filigrane Linie, heißt es. Spätestens bei der Präsentation des Purosangue im September wird sich zeigen, ob das gelungen ist.
Ein Erfolg in diesem attraktiven Markt würde Chef Vigna helfen, seine noch höheren Ziele in Sachen Rendite zu erreichen. Zwar fahren die Boliden aus Maranello in der Formel 1 derzeit noch Red Bull Racing hinterher. Doch bei der Profitabilität ist Ferrari Spitze.
2021 lieferte die Luxusikone unter den Sportwagenherstellern gut 25 Prozent operative Rendite (Ebit) ab. Im laufenden Jahr sollen es an die 23 Prozent werden. Bis 2026 peilt Vigna dann 27 bis 30 Prozent an - trotz der Milliardeninvestitionen in die neue Plattform für den Elektroantrieb. Das wäre dann übrigens ein neuer Rundenrekord für den vielfachen Formel-1-Weltmeister.
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