Renditen unter Druck

Dividenden-Crash: Welche deutschen Konzerne noch sicher ausschütten

06.06.20 10:39 Uhr

Dividenden-Crash: Welche deutschen Konzerne noch sicher ausschütten | finanzen.net

Ein Drittel der deutschen Topkonzerne senkt die Ausschüttung. Die Suche nach zuverlässigen Firmen mit hoher Rendite wird schwerer. Eine Analyse.

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von Sven Parplies, Euro am Sonntag

Die Corona-Krise zwingt Unternehmen zu harten Einschnitten. Auch Aktionäre werden nicht verschont: Nach Hochrechnung von €uro am Sonntag wird mehr als ein Drittel der Konzerne aus DAX und MDAX in diesem Jahr die Dividende kürzen. Ein Viertel wird überhaupt kein Geld ausschütten - mehr als doppelt so viele Firmen wie im Vorjahr.

Die Zahl der Enttäuschungen könnte sogar weiter steigen. Prominentester Wackelkandidat ist Volkswagen, einer der größten Zahler am deutschen Aktienmarkt. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil hatte eine Überprüfung der VW-Dividende angekündigt. Da das Bundesland 20 Prozent der Stimmrechte des Autokonzerns kontrolliert, hat Weils Wort Gewicht. Die Dividende wird angesichts der Pandemie zum Balanceakt: Formal ist die Ausschüttung eine Gewinnbeteiligung für das vergangene Jahr. Volkswagen war 2019 sehr erfolgreich. Der Nettogewinn stieg um 15 Prozent auf 14 Milliarden Euro. Auf Basis des bisherigen Dividendenvorschlags des Konzerns würde davon ein Viertel an die Aktionäre gehen. Das ist eine vergleichsweise niedrige Ausschüttungsquote.

Doch die Corona-Krise schafft neue Zwänge: Die Einnahmen sind in vielen Wirtschaftszweigen weggebrochen. Die Dividendenzahlung würde den finanziellen Engpass verschärfen. Zugleich machen sich Unternehmen politisch angreifbar, wenn sie Dividenden zahlen und gleichzeitig von Staatshilfe profitieren. Adidas und MTU haben ihre Ausschüttung nachträglich gestrichen. HeidelbergCement hat seinen ursprünglichen Vorschlag deutlich gekürzt. Andere Konzerne stehen trotz Virus zu ihrem Versprechen. Die Probleme sind damit aber nur aufgeschoben: 2020 werden die Gewinne bei den meisten einbrechen. Damit drohen im kommenden Jahr auf breiter Front Kürzungen.

Renditen unter Druck

€uro am Sonntag hat sich die wichtigsten deutschen Aktien genauer angesehen. Herausgefiltert hat die Redaktion Unternehmen, die profitabel sind, ihre Dividende für 2019 und 2020 nach Einschätzung der Analysten mindestens konstant halten dürften und über vier Prozent Rendite abwerfen. Die Treffer kommen vor allem aus vier Branchen. Aber auch in diesen Fällen müssen Anleger genau hinschauen.

Immobilien: Für die meisten Mieter hat die Mietzahlung hohe Priorität. Bei Gewerbeimmobilien kann es in Krisenzeiten jedoch schneller zu Ausfällen kommen als bei Wohnimmobilien. Vonovia bietet Aktionären als Vermieter von Wohnraum eine durchschnittliche, aber vergleichsweise zuverlässige Dividende. Die Aktie hat sich in der Krise schnell erholt, weil die Auswirkungen der Pandemie auf das operative Geschäft gering sind.

Schwieriger ist die Situation bei Aroundtown. Bei diesem Spezialisten für Gewerbeimmobilien entfällt rund ein Viertel des Portfolios auf Hotels, fast 50 Prozent auf Büros. Analysten gehen davon aus, das der Konzern seine Dividende wie geplant für das vergangene Jahr anhebt und es für 2020 noch einen Aufschlag gibt. Das scheint aber unsicher, die Aktie ist deutlich riskanter als Vonovia oder Deutsche Wohnen.

Energie: Der Stromverbrauch geht in Krisenzeiten zurück, weil Unternehmen ihre Produktion runterfahren. Die Einnahmen eines Versorgers schwanken trotzdem nicht so stark wie bei Industriekonzernen. Das macht die Branche zu beliebten Dividendenlieferanten. Eon will seine Zahlung pro Aktie bis zum Geschäftsjahr 2022 jeweils um bis zu fünf Prozent steigern. Auch danach soll die Ausschüttung weiter zulegen.

In einer Sondersituation befindet sich Uniper. Die ehemalige Eon-Tochter gehört inzwischen zu knapp drei Vierteln dem finnischen Versorger Fortum. Der hat Interesse an einer hohen Ausschüttung. Zusätzlich bleibt die Möglichkeit, dass Fortum ein Übernahmeangebot vorlegen könnte.

Industrie: Hohe Dividendenrenditen wegen niedriger Kurse finden Anleger in zyklischen Branchen. Das verdeutlicht auch das Misstrauen vieler Investoren. Beim Chemiekonzern BASF fiel der operative Gewinn im ersten Quartal um 18 Prozent, bei Evonik um 17 Prozent. Damit wird die Dividende für beide Konzerne zum Kraftakt. Das Geschäft von Bayer mit den Sparten Agrar und Pharma hält sich auch in Krisenzeiten. Handikap sind die finanziellen Belastungen der Monsanto-Übernahme. Siemens erwartet, dass die Talsohle im laufenden Quartal erreicht wird. Es werde aber sechs bis neun Monate dauern, ehe es wieder richtig aufwärtsgehe. Auch bei Siemens erwarten Analysten eine leicht steigende Dividende.

Finanzen: Aufgrund der Corona-Krise schrumpft das Portfolio der Vermögensverwaltung DWS. Großaktionär Deutsche Bank, der 80 Prozent der Aktien hält, freut sich dennoch über eine hohe Ausschüttung. Kostensenkungen und die Erholung der Aktienmärkte sollten der DWS mehr Spielraum geben.

Für Versicherungskonzerne sind Krisen fester Bestandteil des Geschäftsmodells. 2020 aber wird ein ungewöhnlich hartes Jahr. Beim Rückversicherer Munich Re ist der Gewinn im ersten Quartal um zwei Drittel gesunken. Die Solvenzquote, die viel beachtete Kennziffer für die finanzielle Ausstattung, lag aber bei 212 Prozent und damit innerhalb des vom Konzern als optimal bezeichneten Korridors von 175 bis 220 Prozent. Munich Re hat seine Dividende seit 50 Jahren nicht gesenkt.


INVESTOR-INFO

Bayer

Krisengewinner

Monsanto ist noch immer das dominierende Thema bei Bayer: Der hohe Kaufpreis und die Glyphosat-Prozesse strapazieren die Finanzen der Rheinländer. Das operative Geschäft entwickelt sich aber gut. Die Arzneimittelsparte profitierte im ersten Quartal von der Pandemie. Umsatz und Gewinn von Bayer dürften in diesem Jahr leicht steigen. Aufgrund des defensiven Geschäftsmodells sollte Bayer die Dividende mindestens auf dem aktuellen Niveau halten können.

Munich Re

Dividendenriese

Der Versicherungskonzern ist seit einem halben Jahrhundert zuverlässiger Dividendenzahler. 2020 wird anspruchsvoll: Die Schäden aus der Pandemie belaufen sich bereits auf 800 Millionen Euro. Der Gewinn schrumpfte im ersten Quartal von 633 auf 221 Millionen Euro. Das Gewinnziel für 2020 hat der Vorstand kassiert, Aktienrückkäufe gestoppt. Analysten gehen davon aus, dass Munich Re die Dividende 2020 konstant halten kann.

Uniper

Extra-Spekulation

Die einstige Eon-Tochter ist auf Stromerzeugung aus Gas, Wasserkraft und Kohle sowie den Energiehandel spezialisiert. Die Pandemie führt zu keinen größeren Problemen. Für 2019 wollen die Düsseldorfer 421 Millionen Euro (1,15 Euro je Aktie) Dividende auszahlen. Für 2020 soll die Summe nach Plänen des Vorstands auf 500 Millionen Euro steigen. Hartnäckig halten sich Übernahmespekulationen. Fortum hält 73 Prozent der Aktien.

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