Bayer kommt Glyphosat-Einigung näher - Aktie legt kräftig zu
Bayer ist bei den Vergleichsverhandlungen im Glyphosatstreit in den USA laut Insidern etwas vorangekommen.
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Bayer steuert im milliardenschweren Glyphosatstreit in den USA offenbar auf das Ende eines großen Kapitels zu. Einem Bericht der Nachrichtenagentur Bloomberg zufolge konnte der Pharma- und Agrarchemiekonzern inzwischen in 50 000 bis 85 000 von geschätzt 125 000 Klagen zumindest eine mündliche Einigung erzielen. Bloomberg berief sich dabei auf Personen, die an den Verhandlungen beteiligt sind. Der Konzern bestätigte nur allgemein, dass er in den Verhandlungen mit den Klägern vorangekommen sei.
"Wir haben in den Mediationsgesprächen zu Roundup unter der Aufsicht von Ken Feinberg Fortschritte erzielt", sagte ein Konzernsprecher auf Nachfrage. Der Prozess bleibe aber vertraulich. Daher werde Bayer "nicht über Ergebnisse oder den Zeitpunkt eines Vergleichs spekulieren". Die seit der Übernahme des Glyphosat-Herstellers Monsanto und zuletzt durch die Corona-Krise schwer gebeutelte Bayer-Aktie legte am Mittag fast acht Prozent zu und war damit klarer Spitzenreiter im DAX 30.
Den Insidern zufolge sollen die Kläger Summen zwischen einigen Millionen und einigen Tausend US-Dollar erhalten, hieß es in dem Bloomberg-Bericht. Die Vergleiche seien Teil eines zuletzt auf zehn Milliarden Dollar (9,2 Mrd Euro) geschätzten Pakets, mit dem Bayer die Streitigkeiten um die gesundheitlichen Folgen des Glyphosat-Einsatzes beilegen will. Noch hätten die Kläger die Vergleiche nicht unterzeichnet. Bayer werde die Einigung voraussichtlich im Juni bekannt geben. Dem Deal mit den Klägern muss auch der Aufsichtsrat des Konzerns zustimmen.
Analyst Peter Spengler von der DZ Bank wertete die genannte Summe von zehn Milliarden Dollar als positiv für die Bayer-Aktie. Er habe bei einer Berechnung des fairen Werts einen Abschlag von 20 Milliarden Dollar eingerechnet, um das Glyphosat-Risiko vollständig abzudecken. Sollte der Vergleich zehn Milliarden umfassen, würde dies den fairen Wert je Aktie um etwa zehn Euro erhöhen, schrieb er am Montagmorgen.
Ein anderer Experte, der nicht genannt werden wollte, sah noch zu viele offene Fragen. Es wären zwar eine gute Nachrichten, wenn Bayer die Streitigkeiten mit den Klägern beenden könnte. Allerdings sei die genannte Spanne von 50 000 bis 85 000 Fällen sehr groß und noch weit von der geschätzten Gesamtzahl der Klagen entfernt.
Bayer hatte Ende April bei der Vorlage der Quartalszahlen mitgeteilt, dass die Corona-Krise die Suche nach einer Einigung im US-Glyphosatstreit verzögert. Bayer beteilige sich weiter konstruktiv an der Mediation und habe Fortschritte erzielt, bis der Ausbruch von Covid-19 das Verfahren erheblich verlangsamt habe.
Das hatte sich allerdings zuletzt schon so abgezeichnet. In dem Rechtsstreit um angebliche Krebsrisiken Glyphosat haltiger Unkrautvernichter des übernommenen US-Saatgutherstellers Monsanto hatte Bayer dem Vernehmen nach ursprünglich eine Einigung bis zur Hauptversammlung angestrebt. Der DAX-Konzern hatte Monsanto 2018 übernommen.
Die genaue Zahl der Klagen ist dem Bloomberg-Bericht zufolge nicht klar. Die Schätzung von mindestens 125 000 Fällen ist aber mehr als doppelt so hoch wie die Zahl, die Bayer bisher genannt hatte. Bisher hatte das Unternehmen von etwa 52 500 zugestellten Klagen bis Mitte April berichtet, rund acht Prozent mehr als Anfang Februar. Den Insidern zufolge geht es aber um mehrere Zehntausend weitere.
So hatte der für die Verhandlungen eingesetzte Mediator und Staranwalt Ken Feinberg im Januar von 85 000 Klagen gesprochen und gesagt, die Zahl werde voraussichtlich noch steigen. Damals hatte Bloomberg berichtet, dass sich Bayer auf einen Vergleich einstellt, der dem Unternehmen insgesamt rund zehn Milliarden Dollar kostet. Das Unternehmen selbst hatte im Geschäftsbericht für das Jahr 2019 formal auf die Risiken hingewiesen.
Im Zuge der Verfahren könnten bei einer Verurteilung, aber auch durch außergerichtliche Vergleiche erhebliche finanzielle Nachteile entstehen, heißt es im Risikobericht des Konzerns. Es könnte zusätzlicher Finanzbedarf entstehen, der eventuell auch durch eine Kapitalerhöhung oder einen Verkauf von Unternehmensteilen gedeckt werden müsste.
Die jetzt erzielte vorläufige Einigung mit den Klägern sieht dem Bericht zufolge vor, dass der glyphosathaltige Unkrautvernichter namens Roundup in den USA weiter ohne Warnhinweise für den Einsatz in Gärten und Bauernhöfen verkauft werden kann. Die beteiligten Anwälte verpflichten sich demnach, keine neuen Fälle in diesem Zusammenhang anzunehmen und nicht um neue Klienten zu werben.
Investoren setzen schon länger darauf, dass Bayer den Rechtsstreit um die Monsanto-Produkte zeitnah mit einem groß angelegten Vergleich beilegt. Entscheidend sei, dass ein Vergleich nicht zu schmerzhaft ausfalle, nicht wann er komme, erklärte kürzlich Experte Marc Tüngler von der Anlegerorganisation Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW).
Für die Bayer-Aktionäre hat sich die Übernahme von Monsanto mit den folgenden Klagen wegen Glyphosat als ein herbes Verlustgeschäft erwiesen. Seit das Unternehmen die 63 Milliarden US-Dollar schwere Übernahme Mitte 2018 vollzogen hat, ist der Aktienkurs von Bayer trotz der jüngsten Erholung um rund 40 Prozent eingebrochen. Nach dem Kursanstieg kommt Bayer wieder auf einen Börsenwert von etwas mehr als 60 Milliarden Euro, nachdem er im Corona-Crash zeitweise bis auf 44 Milliarden gefallen war.
Die seit der Übernahme des Glyphosat-Herstellers Monsanto und zuletzt durch die Corona-Krise schwer gebeutelte Bayer-Aktie legte zum Handelsschluss via XETRA 7,77 Prozent zu auf 62,13 Euro und war damit klarer Spitzenreiter im DAX.
LEVERKUSEN/NEW YORK (dpa-AFX)
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