Quantitative Tightening

Rat der Europäischen Zentralbank diskutiert wohl ab Oktober Bilanzverkleinerung - Restriktive Geldpolitik wahrscheinlicher

12.09.22 15:15 Uhr

Rat der Europäischen Zentralbank diskutiert wohl ab Oktober Bilanzverkleinerung - Restriktive Geldpolitik wahrscheinlicher | finanzen.net

Der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) wird laut einer Meldung der Financial Times ab Oktober über eine Verkleinerung der Bilanz des Eurosystems diskutieren.

Wie das Blatt unter Berufung auf zwei namentlich nicht genannte Quellen berichtet, dürfte der Rat am Jahresende beschließen, die Tilgungsbeträge aus fällig gewordenen Anleihen ab dem ersten Quartal 2023 nicht mehr voll wiederanzulegen. EZB-Präsidentin Christine Lagarde hatte nach der Ratssitzung am Donnerstag gesagt, dass das Gremium über eine Bilanzverkleinerung (Quantitative Tightening) nicht diskutiert habe.

Restriktive EZB-Geldpolitik wird offenbar zunehmend wahrscheinlicher

Mitglieder des EZB-Rats sehen es laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Reuters als zunehmend wahrscheinlich an, dass die Europäische Zentralbank (EZB) ihre Leitzinsen in den restriktiven Bereich anheben muss. Wie Reuters unter Berufung auf fünf namentlich nicht genannte Quellen berichtet, wird dies für den Fall wahrscheinlich, dass die EZB-Inflationsprognose für 2025, die erstmals im Dezember ansteht, einen Wert von über 2 Prozent hat. Die EZB steuert mittelfristig 2 Prozent Inflation an. Als restriktiv wird derzeit von vielen Analysten ein Bankeinlagenzins von mindestens 2,00 (derzeit: 0,75) Prozent angesehen. Die EZB prognostiziert für 2024 eine Inflationsrate von 2,3 Prozent.

De Guindos: Großer EZB-Zinsschritt soll Inflationserwartungen dämpfen

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat ihre Leitzinsen in der vergangenen Woche nach Aussage von EZB-Vizepräsident Luis de Guindos um 75 Basispunkte angehoben, um die Inflationserwartungen unter Kontrolle zu halten. "Für eine Zentralbank ist ihre Glaubwürdigkeit von grundlegender Bedeutung", sagte De Guindos laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Bloomberg in Valladolid. Er fügte hinzu: "Wenn Bürger und Unternehmen nicht mehr daran glauben, dass die Zentralbank in der Lage ist, die Inflation innerhalb von eineinhalb oder zwei Jahren zu senken, dann wird die Situation sehr kompliziert, weil sofort Zweitrundeneffekte auftreten."

De Guindos sagte weiter, er wisse nicht, wie weit die Zinsen angehoben werden müssten, aber die Zentralbanker hätten aus der Zeit der steigenden Inflation in den 1970er Jahren gelernt. Ein durch den Anstieg der Strom- und Heizkosten ausgelöster Wirtschaftsabschwung werde weniger stark ausfallen als während der Euro-Schuldenkrise, fügte er hinzu.

Schnabel: EZB muss Zinsen bei nächsten Ratssitzungen erhöhen

Die Europäische Zentralbank (EZB) muss ihre Zinsen bei den nächsten Ratssitzungen nach Aussage von EZB-Direktorin Isabel Schnabel weiter erhöhen. Zur Eröffnung einer EZB-Konferenz sagte sie: "Auf der Grundlage unserer derzeitigen Einschätzung gehen wir davon aus, dass der EZB-Rat auf seinen nächsten Sitzungen die Zinssätze weiter anheben wird, um die rechtzeitige Rückkehr der Inflation zu unserem mittelfristigen Ziel von 2 Prozent sicherzustellen."

Die Inflation habe zuletzt bei 9,1 Prozent gelegen und ein weiterer Anstieg sei kurzfristig nicht ausgeschlossen. Schnabel zufolge deutet eine Analyse des Preissetzungsverhaltens von Unternehmen im Euroraum darauf hin, dass diese ihre Preise umso häufiger anheben, je höher die Inflation hoch ist. "Ein historisch hoher Anteil von ihnen rechnet für die nächsten Monate mit Preiserhöhungen", sagte sie.

DJG/hab/ros

FRANKFURT (Dow Jones)

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