Linde verdient dank US-Steuerreform deutlich mehr - Aktie etwas stärker
Der vor der Fusion mit Praxair stehende Linde-Konzern will sein US-Geschäft mit Medizingasen durch kleinere Übernahmen wieder verbessern.
Die Preise dort sänken durch staatliche Ausschreibungen immer stärker, sagte Unternehmenschef Aldo Belloni am Donnerstag in München. "Dem wollen wir durch Volumensteigerungen durch organisches Wachstum und Akquisitionen entgegenwirken." Geplant seien dabei Übernahmen vor allem von kleineren Familienunternehmen. Linde hatte 2012 die Tochter Lincare für 4,6 Milliarden US-Dollar gekauft. Im vergangenen Jahr sank der Umsatz in Nord- und Südamerika um sechs Prozent auf 4,9 Milliarden Euro, das operative Ergebnis nahm um fast zehn Prozent auf knapp 1,2 Milliarden Euro ab.
Während Linde in den USA den Preisdruck zu spüren bekam, profitierte das Unternehmen von besser laufenden Geschäften in Europa und Asien. Zudem entwickelte sich Bau kleinerer Anlagen besser. Der Konzernumsatz legte 2017 um 1,0 Prozent auf 17,1 Milliarden Euro zu. Darin nicht mehr enthalten ist die Logistiktochter Gist mit ihren rund 600 Millionen Euro Umsatz, die Linde schon seit längerem veräußern will. Linde befinde sich bei Gist in einer "sehr heißen Verkaufsphase", sagte Belloni.
Unter dem Strich blieb ein Gewinn nach Minderheiten von 1,4 Milliarden Euro. Das waren gut 16 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Hier profitierte Linde von der US-Steuerreform. Aufgrund des niedrigeren Körperschaftsteuersatzes habe das Unternehmen die erwarteten Steuerzahlungen, die nun niedriger ausfallen, neu bewertet. Daraus resultiere ein positiver Effekt in Höhe von 250 Millionen Euro, hieß es. Im Gegenzug belasteten Kosten für den Umbau, aber auch für die geplante Fusion mit dem US-Konkurrenten Praxair. Die Linde-Aktie legte im Mittagshandel um 0,2 Prozent zu.
"Beim geplanten Zusammenschluss mit Praxair liegen wir zeitlich weiterhin im Plan", sagte Unternehmenschef Aldo Belloni. Da die Aktionäre dem Vorhaben bereits zugestimmt haben, kann die Fusion nur noch an zu hohen Auflagen oder dem Veto der Kartellbehörden scheitern. Von den neun für den Zusammenschluss nötigen Wettbewerbsbehörden stimmte bislang nur Russland zu. Neben Mexiko, China, Südkorea, Kanada, Brasilien und Indien fehlen noch die Zustimmungen aus der EU und den USA.
Die EU hatte die Prüfung der Fusion kürzlich bis zum 18. Juli verlängert. Sie verlangt Zugeständnisse von den beiden Fusionspartnern, damit diese zusammen keine zu große Marktmacht haben werden. Linde ist bereit, Unternehmensteile abzugeben. "Linde befindet sich in konstruktiven Gesprächen mit den entsprechenden Behörden und parallel mit potenziellen Käufern", sagte Belloni. Bei beiden mache das Unternehmen Fortschritte. Er zeigte sich weiterhin optimistisch, die Fusion im zweiten Halbjahr 2018 abzuschließen.
Bei zu hohen Auflagen haben sich Linde und Praxair einen Rückzieher vorbehalten. Dies wäre der Fall, wenn die Verkäufe beim Umsatz 3,7 Milliarden Euro oder beim operativen Gewinn (Ebitda) 1,1 Milliarden Euro übersteigen würden. Aufgrund der Äußerungen der Kartellbehörden geht Finanzchef Sven Schneider davon aus, dass die für die Fusion notwendigen Verkäufe unter diesen Schwellen liegen werden. Den überwiegenden Teil davon müssten Linde und Praxair in Nordamerika und Europa abgeben. "Die heiße Phase bei den Verkäufen wird im Sommer beginnen", fügte Belloni hinzu.
Im Juni hatten beide Unternehmen den Zusammenschluss zum größten Industriegaskonzern der Welt besiegelt. Als neuer Weltmarktführer für Industriegase mit 66 Milliarden Euro Börsenwert, 80 000 Mitarbeitern und 27 Milliarden Euro Umsatz erhofft sich der künftig von Praxair-Chef Steve Angel in den USA geführte neue Konzern Synergien von mehr als 1 Milliarde Euro. Die IG Metall befürchtet den Verlust von Arbeitsplätzen und Mitbestimmungsrechten.
Für das laufende Jahr peilt Linde beim währungsbereinigten Umsatz einen einen Zuwachs von bis zu vier Prozent an. Der operative Gewinn (Ebitda) könnte bis zu fünf Prozent zulegen. Sollte es allerdings schlecht laufen, dann könnten beide Kennziffern auf dem Niveau von 2017 verharren, räumte das Unternehmen ein. Insgesamt rechnet Linde 2018 mit Kosten im Zusammenhang mit der geplanten Praxair-Fusion in Höhe von rund 150 Millionen Euro, nach 93 Millionen Euro im Vorjahr./mne/fba
MÜNCHEN (dpa-AFX)
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