Phase-III-Studien

Bayer-Aktie rutscht dennoch deutlich ab: Bayer will Tests mit Hoffnungsträger Asundexian weiter ausbauen

29.08.22 17:53 Uhr

Bayer-Aktie rutscht dennoch deutlich ab: Bayer will Tests mit Hoffnungsträger Asundexian weiter ausbauen | finanzen.net

Bayer will seinen Medikamentenkandidaten Asundexian gegen Schlaganfälle nun auch in zulassungsrelevanten Studien an einer breiten Patientengruppe testen.

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Basis sind am Sonntag auf der Tagung der Europäischen Fachgesellschaft der Kardiologen (European Society of Cardiology, ESC) in Barcelona vorgestellte Phase-II-Daten, die bei Experten allerdings auf geteiltes Echo stießen. Zwar überwogen positive Kommentare, Freudensprünge gab es aber nicht. Zudem hatte Bayer-Pharma-Chef Stefan Oelrich zuletzt hohe Erwartungen geschürt. Auch die Daten zum potenziellen Konkurrenzmedikament Milvexian der Konkurrenten Bristol-Myers Squibb und Johnson&Johnson überzeugten nicht vollends. Die Aktien der drei Unternehmen gerieten am Montag unter Druck.

Mit Blick auf die Kursreaktion merkte ein Analyst im Zuge eines Webinars mit Bayer-Pharmachef Oelrich und Medizinexperten des Unternehmens an, dass bei Investoren wohl auch Fragen aufgekommen seien, inwieweit eine Weiterentwicklung von Asundexian lohne.

Dem stellten die Bayer-Experten entgegen, dass die Patientenpopulation in den Phase-II-Studien bewusst sehr breit gewählt worden sei. Sie dürfte nun auch enger gefasst werden - mit Blick auf solche Gruppen, bei denen der Gerinnungshemmer eine bessere Wirkung im Vergleich zu Placebo gezeigt habe. Das genaue Design des Phase-III-Studienprogramms mit dem Namen Oceanic werde aber noch mit Behörden weltweit abgestimmt.

Asundexian ist ein sogenannter Faktor XIa-Hemmer. Dabei handelt es sich um eine noch junge Wirkstoffklasse, von der sich Experten geringere Blutungsrisiken als bei aktuellen Faktor-Xa-Gerinnungshemmern wie Apixaban (Handelsname Eliquis) von Bristol-Myers Squibb (BMS) und Pfizer sowie Xarelto von Bayer versprechen.

Das neue Phase-III-Programm untersucht laut Bayer die Wirksamkeit und Sicherheit von Asundexian als Schlaganfallprävention bei Patienten mit Vorhofflimmern (Herzrhythmusstörung). Erste Patienten sollen noch 2022 in das Programm eingeschlossen werden. Zudem wird das Mittel bei Patienten untersucht, mit einem bestimmten Hirninfarkt (nicht-kardioembolischer ischämischer Schlaganfall) oder einer bestimmten Durchblutungsstörung, die Vorbote eines Schlaganfalls sein kann. Gemeint ist eine sogenannte Hochrisiko-Tia (transitorische ischämische Attacke).

Vorausgegangen war ein Studienprogramm der Phase II, in dem der Medikamentenkandidat erstmals an einer kleineren Patientengruppe mit den betreffenden Krankheiten getestet wurde.

In der Pacific-Stroke-Studie wurde Asundexian zusätzlich zur Standardtherapie verabreicht, die ein Verklumpen der Blutplättchen hemmen sollen, und mit der alleinigen Gabe solcher Mittel bei Patienten verglichen, denen ein zweiter Schlaganfall droht. Die Behandlung mit der höchsten verabreichten Dosis Asundexian verringerte dabei erneute ischämische Schlaganfälle und Hochrisiko-Tia, vor allem bei Patienten mit Atherosklerose, wie aus einer Unternehmenspräsentation zur Tagung der Europäischen Fachgesellschaft der Kardiologen (European Society of Cardiology, ESC) in Barcelona vom Sonntag hervorgeht. Dabei habe es kein signifikant höheres Risiko für größere Blutungen oder Hirnblutungen gegeben.

Vorgestellt wurden auch Daten der Studie Pacific-AMI. In dieser wurde Asundexian zusätzlich zur Standardtherapie bei Patienten untersucht, die einen Herzinfarkt erlitten hatten. Dabei sei die Zahl der Blutungen bei keiner der getesteten Dosen im Vergleich zur Gabe eines Placebo signifikant gestiegen, hieß es. Allerdings habe sich auch keine Verringerung der Zahl der erneuten Durchblutungsprobleme (ischämisches Ereignis) bei den Infarktpatienten gezeigt, was Bayer mit einer insgesamt geringen Zahl solcher Fälle in allen vier Studienarmen (drei verschiedene Dosen Asundexian und eine Placebogruppe) begründete.

Bereits im April hatte es erste Daten zur Sicherheit des Mittels gegeben, die Experten überzeugt hatten. So hatten die ersten Phase-II-Ergebnisse der Teilstudie Pacific-AF bei Patienten mit Vorhofflimmern (Herzrhythmusstörung) und Schlaganfallrisiko ein geringeres Blutungsrisiko als beim Standardmedikament Apixaban.

Wie wichtig ein Erfolg neuer Medikamente für Bayer ist, verdeutlicht ein Blick auf Xarelto, dessen Umsätze in den kommenden Jahren wegen wegfallender Patente schrumpfen werden. Das Mittel zur Prävention von Blutgerinnseln und von Schlaganfällen ist seit 2008 auf dem Markt und der wichtigste Umsatzbringer im Pharmageschäft. 2021 erlösten die Leverkusener mit dem Medikament gut 4,7 Milliarden Euro. Das war rund ein Viertel der gesamten Pharmaerlöse und knapp elf Prozent des Konzernumsatzes.

Dabei entfallen noch nicht einmal alle Xarelto-Verkäufe auf Bayer, denn der US-Pharmakonzern Johnson & Johnson (J&J) vermarktet das Medikament in den USA. J&J arbeitet nun aber gemeinsam mit Bristol-Myers Squibb an Milvexian.

Daten zu Bayer-Gerinnungshemmer reißen Anleger nicht vom Hocker

Die Börse hat am Montag an den Nachrichten von Bayer rund um seinen großen Hoffnungsträger Asundexian keinen Geschmack gefunden. Die am Wochenende veröffentlichten Studiendaten trafen bei Experten teils nur auf gemäßigtes Wohlwollen. Gleichwohl startet Bayer nun zulassungsrelevante Phase-III-Studien zu dem Blutgerinnungshemmer. Die Aktie fiel zum Wochenstart im frühen XETRA-Handel um mehr als viereinhalb Prozent auf ein Tief seit Anfang März, fing sich dann aber etwas und notierte zum Handelsschluss jedoch mit 4,9 Prozent im Minus bei 51,07 Euro. So hatte Bayer in den letzten Wochen mit Blick auf die Studienergebnisse recht hohe Erwartungen geschürt.

Die Bayer-Daten zu Asundexian hätten auf den ersten Blick enttäuscht, sagte ein Händler am Morgen. Bayer hatte die Phase-II-Studiendaten zu dem Gerinnungshemmer auf der Tagung der Europäischen Fachgesellschaft der Kardiologen (European Society of Cardiology, ESC) in Barcelona vorgestellt. Dabei war das Mittel zusätzlich zur gängigen Standardtherapie in separaten Tests an Risiko-Patienten erprobt worden, die entweder einen Schlaganfall oder einen Herzinfarkt erlitten hatten. Es soll die Verklumpung der Blutplättchen hemmen und damit einen weiteren Schlaganfall oder Infarkt verhindern.

Jefferies-Experte Charlie Bentley sprach in einer bereits am Wochenende veröffentlichten Studie von teils durchwachsenen Ergebnissen. Beide vorgestellten Studien hätten zwar ihre primären Ziele in Bezug auf die Sicherheit des Mittels erreicht, aber nicht jene hinsichtlich der Wirksamkeit. In der Studie zu Hirninfarkten habe aber zumindest der sekundäre Endpunkt eine Verringerung der Fälle um rund 20 Prozent gezeigt, im Vergleich zu Placebo. Der Medikamentenkandidat der Konkurrenz, Milvexian, habe in solch einer Studie zwar auch den primären Endpunkt verfehlt, beim sekundären aber eine Senkung der Fälle um 30 Prozent gezeigt.

Immerhin seien die Daten nunmehr ausreichend für den Start von Phase-III-Studien, stellte derweil Sachin Jain fest, Analyst bei der Bank of America (BofA). Es gebe zwar auch so einige Fragen. Das Wichtigste sei jedoch, dass es keine Zunahme von Blutungen gebe, dafür aber Anzeichen für eine Wirksamkeit bei Schlaganfällen.

Positiv äußerte sich derweil Emily Field von der britischen Barclays-Bank: Sie sprach von einem "weiterhin überzeugenden Sicherheitsprofil und verwies darauf, dass das Mittel insbesondere bei Patienten mit Arteriosklerose das Risiko eines weiteren Schlaganfalls reduziert habe.

Auch JPMorgan-Analyst Richard Vosser bleibt von dem Mittel überzeugt: Er attestierte ein "hervorragendes und überlegenes Blutungsprofil". Ein kleines Plus sei zudem, dass die Wirksamkeit und das Blutungsprofil im Rahmen der Ergebnisse von Milvexian, einem Medikamentenkandidaten von Bristol-Myers Squibb und Johnson & Johnson, gelegen hätten.

Bayer-Papiere liegen trotz des aktuellen Rückschlags gegen den allgemeinen Markttrend seit dem Jahreswechsel fast elf Prozent im Plus. Ein florierendes Agrargeschäft, die sinkende Sorge um die Streitigkeiten rund um den Unkrautvernichter Glyphosat und die Hoffnung auf neue Medikamente hatten der Aktie Schwung gegeben. Vom bisherigen Jahreshoch bei knapp 68 Euro im April hat das Papier wegen der schwierigen Lage an den Aktienmärkten inzwischen aber mehr als ein Fünftel wieder abgegeben.

Bayer: Finerenon hat Potenzial bei Nierenkranken gegen plötzlichen Herztod

Das Nierenmedikament Finerenon von Bayer könnte laut aktueller Studiendaten bei bestimmten Patienten mit chronischer Nierenerkrankung und Typ-2-Diabetes das Risiko eines plötzlichen Herztodes senken. Das zeigten Daten der präspezifizierten gepoolten Analyse Fidelity, wie Bayer am Montag auf einer Tagung der Europäischen Fachgesellschaft der Kardiologen (European Society of Cardiology, ESC) in Barcelona mitteilte. Während sich über alle Patienten hinweg keine relevante Überlegenheit von Finerenon gezeigt habe, sei dies bei bestimmten Patientengruppen anders gewesen.

Derartige Subgruppen-Analysen sind in der Pharmabranche üblich. Mit den Daten wollen Unternehmen Argumente für die Behandlung bestimmter Patientengruppen mit ihren Medikamenten liefern.

Fidelity ist eine Analyse, die die Daten der beiden zulassungsrelevanten Phase-III-Studien Fidelio-DKD und Figaro-DKD hinsichtlich einer Verringerung des Fortschreitens der chronischen Nierenerkrankung (CKD) sowie des Risikos von tödlichen und nicht-tödlichen Herzinfarkten untersucht. Das gilt für Patienten mit CKD und Typ-2-Diabetes (T2D). Dabei hatte Fidelio-DKD das Mittel mit Blick auf eine Reduzierung von Nierenversagen und des Fortschreitens der Nierenerkrankung untersucht und Figaro-DKD mit Blick auf eine Reduzierung von Herzinfarkten sowie nicht-tödlichem Schlaganfällen oder Krankenhauseinweisung wegen Herzinsuffizienz.

Finerenon ist unter dem Markennahmen Kerendia seit Februar in der Europäischen Union zur Verringerung des Risikos von Nierenversagen und Herzproblemen zugelassen. Auch in den USA, China und Japan darf das Mittel verkauft werden.

Die Bayer-Aktien fielen am Montag als einer der größten Verlierer im Dax um 2,70 Prozent. Das lag aber nicht an den Finerenon-Daten, sondern an Phase-II-Studienergebnissen zum Medikamentenkandidaten Asundexian, einem Blutgerinnungshemmer. Bayer startet auf Basis dieser Ergebnisse zwar zulassungsrelevante Phase-III-Studien, Analysten sahen aber Licht und Schatten in den Resultaten. Zudem hatte Bayer zuvor sehr hohe Erwartungen an Asundexian geweckt.

BARCELONA/BERLIN/NEW YORK (dpa-AFX)

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