Änderung des Einkommensteuergesetzes: Steuerliche Benachteiligung von Privatanlegern
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Kurz vor Weihnachten letzten Jahres haben Bundestag und Bundesrat eine Änderung des Einkommensteuergesetzes beschlossen, die, sollte sie tatsächlich so ab dem 1. Januar 2021 in Kraft treten, zu gravierenden Nachteilen für Privatanleger führen würde. Nun wurde eine Petition gestartet.
• Änderung des Einkommensteuergesetzes benachteiligt Privatanleger massiv
• Asymmetrie in Besteuerung von Gewinnen und Verlusten
• Petition gegen Gesetzesänderung gestartet
Änderung des Einkommensteuergesetzes zum Nachteil von privaten Anlegern
Ende vergangenen Jahres verabschiedete das Bundesministerium der Finanzen (BMF) das "Gesetz zur Einführung einer Pflicht zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen". In Teilen trat dieses neue Gesetz bereits zum 1. Januar dieses Jahres in Kraft, in vollem Umfang soll es dann ab dem 1. Januar 2021 gelten. Die Gesetzesänderung beinhaltet auch die Änderung des Einkommensteuergesetzes - sehr zum Nachteil von Privatanlegern, die ihre Kapitalerträge aus Termingeschäften erwirtschaften. Denn damit könnten Gewinne aus Anlagegeschäften künftig nicht mehr mit Verlusten ausgeglichen werden. Für Termingeschäfte sieht das geänderte Gesetz Folgendes vor: "Verluste aus Kapitalvermögen im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 3 dürfen nur in Höhe von 10.000 Euro mit Gewinnen im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 3 und mit Einkünften im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 11 ausgeglichen werden; die Sätze 2 und 3 gelten sinngemäß mit der Maßgabe, dass nicht verrechnete Verluste je Folgejahr nur bis zur Höhe von 10.000 Euro mit Gewinnen im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 3 und mit Einkünften im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 11 verrechnet werden dürfen".
Weitreichende Folgen für Privatanleger
Wie GodmodeTrader erklärt, wären von dieser Gesetzesänderung alle Privatanleger betroffen, die mit Optionen, Futures, Optionsscheinen sowie KO-Zertifikaten handeln. Es gäbe demnach künftig eine steuerliche Unterscheidung zwischen den einzelnen strukturierten Produkten. Bei Produkten mit derivater Komponente, so beispielsweise Optionsscheine oder KO-Zertifikate, würde es sich dann um ein als Termingeschäft ausgestaltetes Finanzinstrument handeln. Strukturierte Produkte ohne Hebelwirkung, wie Indexzertifikate, Bonuszertifikate und ähnliches, würden nicht darunter fallen, heißt es bei GodmodeTrader weiter.
Besondere Beachtung gilt dabei allerdings der Tatsache, dass Totalverluste unter dem geänderten Gesetz nur noch bis zu einer Obergrenze von 10.000 Euro mit Gewinnen aus demselben Jahr verrechnet werden könnten. Anhand eines Rechenbeispiels macht GodmodeTrader deutlich, wie sich dies schlussendlich auf Privatanleger auswirken würde.
Ausgangssituation: Ein Anleger hat zum Jahresende einen Gewinn von 100.000 Euro sowie einen Verlust von 80.000 Euro erwirtschaftet. Nach bislang geltendem Gesetz müsste er 20.000 Euro (100.000 - 80.000) mit einem Kapitalertragsteuersatz von 25 Prozent versteuern, das entspräche einer Steuerlast von 5.000 Euro. Nach Inkrafttreten des neuen Gesetzes würden lediglich 10.000 Euro von den Verlusten in Höhe von 80.000 Euro berücksichtigt. Der Anleger müsste somit anstatt der zuvor 20.000 Euro dann 90.000 Euro (100.000 - 10.000) versteuern, was einer Steuerlast von 22.500 Euro entsprechen würde. Und das, obwohl der Anleger lediglich einen Bruttogewinn von 20.000 Euro erwirtschaftet hat.
Zwar könnte nach dem geänderten Gesetz ein eventueller Differenzbetrag als Verlustvortrag auf das/die Folgejahr/e vorgetragen werden, dann würde aber wiederum die 10.000 Euro-Obergrenze gelten. "Währenddessen müssen eventuelle Gewinne, die faktisch (und bisher auch steuerlich) durch diese Verluste gemindert wurden, vollumfänglich mit der Abgeltungssteuer versteuert werden", heißt es in der Begründung einer Petition, die aufgrund der anstehenden Änderung nun ins Leben gerufen wurde.
Großer Unmut unter Anlegern
Denn die vorgesehene Änderung führt zu großem Unmut, weshalb eine gemeinschaftliche Initiative verschiedenster Finanzinformationsanbieter, Medienunternehmen, Anlegerportalbetreiber, Finanzsoftwareentwickler, Angehörigen der Börsen sowie Anleger-Communities gestartet wurde. In der Petition wird gefordert, "[…] dass die entsprechenden Passus, […] ersatzlos gestrichen werden".
Als ein wichtiges Argument gegen die neuen Steuerregeln führen die Initiatoren der Petition die "Asymmetrie in der Besteuerung" an. Denn positiv verlaufene Transaktionen würden unter dem geänderten Gesetz anders behandelt als negative. "Dies führt dazu, dass sogar dann Gewinnsteuern entrichtet werden müssen, wenn nach der bisherigen und einzig richtigen Definition gar keine Gewinne angefallen sind." Letztlich wirke sich dies überaus negativ auf das Vertrauen der Steuerpflichtigen in den Staat aus. Darüber hinaus würden "Grundrechte und steuerliche Prinzipien verletzt". Neben einer Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes des Grundgesetzes liege ein Verstoß gegen das Nettoprinzip sowie gegen den Grundsatz der Besteuerung nach Leistungsfähigkeit vor, werfen die Initiatoren der Petition Bundestag und -rat vor. Auch handele es sich bei der vorgesehenen Gesetzesänderung um eine "Aushebelung von BFH-Urteilen". Denn das BFH-Urteil, welches besagt, dass Totalverluste auch ohne "Schlusstransaktion" steuermindernd berücksichtigt werden müssen, würde einfach ignoriert werden. Als weitere Argumente gegen die Änderung des Einkommensteuergesetz werden in der Petition folgende genannt: "Entmündigung der Bürger", "Arbeitsplätze gefährdet", "Unnötige Belastung der Gerichte", "Verschlechterung der Finanzierungsbedingungen für den Mittelstand", "Keine Notwendigkeit für dieses Gesetz".
Mögliche Folgen des neuen Gesetzes
Mit der Änderung wollten der Bundesrat sowie der Bundestag wohl beabsichtigen, Privatanleger zu schützen. Das sei jedoch keineswegs gelungen, wie es in der Petition weiter heißt. "Es ist davon auszugehen, dass gerade kleine Anleger alles versuchen werden, um eventuell entstandene Verluste durch Derivate mit erneuten Käufen von Derivaten auszugleichen, da diese nicht über andere Anlageklassen ausgeglichen werden können. Das kann zu einem ruinösen Prozess führen." Mehr und mehr Anleger dürften außerdem auf ausländische Broker ausweichen, da es dort keinen unterjährigen Abzug der Steuer gebe, befürchten die Initiatoren der Petition. Im Ausland gebe es allerdings auch zahlreiche unseriöse Broker, warnen sie in diesem Zuge. "Auch hier ist demnach der Schutz der Anleger massiv in Frage gestellt." Durch die Möglichkeit, Verluste auf die Folgejahre vorzutragen, würden bei vielen Tradern vermutlich immer größere Verlustvorträge entstehen, "[…] die gar nicht mehr sinnvoll abgebaut werden können". "In der Realität wird dieses Gesetz also bei einigen Anlegern zu einem unfassbaren Steuerirrsinn eskalieren", so das Fazit der Petition.
Ob es tatsächlich zum Inkrafttreten der Gesetzesänderung kommen wird oder ob die Petition etwas erreichen kann, bleibt nun spannend.
Redaktion finanzen.net
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