Pessimismus überwiegt

JPMorgan-Stratege überzeugt: Der Markt wird die Tiefststände von 2022 wieder erreichen

12.04.23 23:20 Uhr

JPMorgan-Stratege überzeugt: Der Markt wird die Tiefststände von 2022 wieder erreichen | finanzen.net

Die verhalten positive Stimmung an den Aktienmärkten wird voraussichtlich nicht anhalten, glaubt ein Experte der Investmentbank JPMorgan. Er rechnet sogar mit einem Rückfall auf 2022er-Tiefs, obwohl er bislang zu den größten Optimisten am Markt gehört hatte.

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19.054,8 PKT 51,2 PKT 0,27%

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14,6 PKT -0,6 PKT -4,20%

• Stimmung am Markt zuletzt positiv
• JPMorgan-Experte warnt vor "Ruhe vor dem Sturm"
• Tiefststände von 2022 könnten wieder getestet werden



In den letzten Wochen stiegen Anleger wieder verstärkt in die Märkte ein. Der Dow Jones Industrial konnte auf Monatssicht rund 4,76 Prozent zulegen, für den Nasdaq Composite ging es sogar 5,28 Prozent nach oben, während der S&P 500 innerhalb eines Monats rund 4,84 Prozent gewann. Doch Marko Kolanovic, Stratege bei der US-Bank JPMorgan, warnt vor allzu risikobereiter Stimmung.

VIX treibt die Märkte an

Seiner Ansicht nach ergeben die Zuflüsse der letzten Wochen in Aktien "wenig Sinn" und wurden größtenteils von systematischen Anlegern, einem Short Squeeze und einem Rückgang des CBOE Volatility Index VIX getrieben, schreibt der Experte in einer Mitteilung an Investoren, aus der Bloomberg zitiert. Dabei verweist Kolanovic auch auf die seiner Ansicht nach geringe Chance, dass die US-Notenbank eine Zinswende einleiten wird: "Die Fed hat keine Absicht signalisiert, die Zinssätze in diesem Jahr zu senken, aber Risikoanlagen zeigen eine beispiellose Rallye, wobei europäische Aktien nahe Allzeithochs gehandelt werden und US-Aktien die jüngsten Verluste wieder wettmachen", schrieb er weiter.

Der Volatilitätsindex VIX war zuletzt unter den Wert von 20 gefallen, Anleger zeigten sich zuletzt also deutlich weniger nervös als noch Anfang März, als die Bankenkrise in den USA für enorme Verunsicherung gesorgt hatte. Dass der VIX, der als Gradmesser für die voraussichtliche Entwicklung des S&P 500 gilt, eine Entspannung signalisiert, macht dem Marktexperten offenbar Sorgen: Das aktuelle Marktumfeld bezeichnet er als "die Ruhe vor dem Sturm".

Marktoptimist wird skeptisch

Kolanovic, der noch 2022 inmitten der Kursrückgänge große Zuversicht gezeigt hatte, wird nun offenbar pessimistischer und rechnet sogar mit einem Marktrückgang auf 2022er-Niedrig-Niveau: "Wir erwarten, dass sich die Risikostimmung umkehrt und dass der Markt in den kommenden Monaten das Tief des letzten Jahres erneut testet", zitiert Bloomberg weiter aus der Investorenmitteilung von JPMorgan.

Bereits zum Jahresstart war Kolanovic vorsichtiger geworden und hatte Anlegern geraten, in den ersten sechs Monaten des Jahres US-Aktien zu meiden. "Die Dinge müssen schlimmer werden, bevor sie besser werden können", so der Investment-Guru noch vor wenigen Monaten. Für den S&P 500 sagte er sogar einen Einbruch um zehn Prozent oder mehr voraus - nach den ersten drei Monaten des Jahres hält sich der breite US-Aktienmarkt also noch deutlich besser als in der pessimistischen Prognose prophezeit. Als Grund für seine bearishe Einschätzung von US-Aktien hatte Kolanovic zum Jahresstart auf eine drohende Rezession und weitere Zinserhöhungen der US-Notenbank verwiesen, die den Aktienmarkt belasten dürfen.

Tatsächlich hat die Fed ihre falkenhafte Geldpolitik seitdem weiter fortgesetzt und die Leitzinsen trotz der jüngsten Bankenkrise weiter angehoben. Allerdings hatten die US-Währungshüter zuletzt einen Kurswechsel angekündigt und die Märkte informiert: "Wir geben nun nicht mehr an, dass wir davon ausgehen, dass laufende Zinserhöhungen angemessen sein werden, um die Inflation zu dämpfen".
Für Kolanovic aber offenbar kein Grund, seine negative Marktbewertung zu überdenken. "Es ist erwähnenswert, dass die Risikostimmung wie ein Akkordeon ist, bei dem restriktive Zinssätze ein Problem für verschiedene Carry Trades darstellten und der darauffolgende Rückgang der Renditen einen Teil des Stresses milderte", so der Experte. "Obwohl die Zentralbanken immer noch kommunizieren, gibt es noch einiges zu tun, um die Inflation zu bekämpfen und sich gegen die vom Markt angenommenen Zinssenkungen zu stellen, sodass die ursprüngliche Stressquelle, die Zinsen, die länger steigen, wieder ins Spiel kommen kann", betont er.

Redaktion finanzen.net

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