Rezession eingepreist

JPMorgan-Analyst rechnet mit Erholungsphase am Aktienmarkt - diese Aktien dürften besonders profitieren

10.08.22 23:24 Uhr

JPMorgan-Analyst rechnet mit Erholungsphase am Aktienmarkt - diese Aktien dürften besonders profitieren | finanzen.net

Derzeit herrscht die Angst vor einer drohenden Rezession. JPMorgan-Analyst Marko Kolanovic geht hingegen davon aus, dass eine mögliche wirtschaftliche Abschwächung bereits in den Markt eingepreist ist. Diese beiden Aktien könnten von einer Erholung besonders profitieren.

Werte in diesem Artikel

• Fed dreht an Zinsschraube
• Rezession bereits eingepreist?
• Anleger müssen Erwartungen anpassen



US-Inflation im Juni auf 41-Jahreshoch

Der Inflationsdruck in den USA hat im Juni erneut zugenommen. So stiegen die Verbraucherpreise gegenüber Mai 2022 um 1,3 Prozent, im Vergleich zum Vorjahresmonat ging es 9,1 Prozent nach oben. Damit erreichte der Preisdruck ein neues Hoch seit November 1981. Als Reaktion auf die Preissteigerungen dreht die US-Notenbank Fed bereits seit einigen Monaten an der Zinsschraube. Zuletzt erhöhten die Währungshüter den Leitzins Ende Juli um 0,75 Prozentpunkte auf 2,25 bis 2,5 Prozent. Laut Fed-Chef Jerome Powell könnten die Zinsen auch ein weiteres Mal 0,75 Prozentpunkte angehoben werden, wenn nicht sogar stärker.

Warnung vor Rezession

Im Umfeld von Zinserhöhungen steigt jedoch auch die Angst vor einer Rezession, da Kredite durch höhere Zinssätze weniger attraktiv werden und die Nachfrage sinkt. Dies könnte sich negativ auf das Wirtschaftswachstum auswirken. So habe auch Powell bereits Hinweise auf eine konjunkturelle Verlangsamung erkannt, wie die Deutsche Presse-Agentur berichtete. US-Ökonom Nouriel Roubini, der aufgrund seiner pessimistischen Prognosen den Spitznamen "Dr. Doom" trägt, erklärte kürzlich außerdem, dass der US-Wirtschaft eine schwere Rezession bevorstehe. "Es gibt viele Gründe, warum wir eine schwere Rezession und eine schwere Schulden- und Finanzkrise haben werden", so der Marktbeobachter gegenüber der Nachrichtenagentur "Bloomberg". "Die Vorstellung, dass dies kurz und oberflächlich sein wird, ist völlig wahnhaft."

Bei JPMorgan läuten die Alarmglocken

Bereits im Mai warnte auch JPMorgan-Chef Jamie Dimon vor den Risiken einer Rezession. Vor wenigen Wochen sprach er auf einer Finanzkonferenz dann gar von einem "Hurrikan", der auf den Markt zukomme. "Wenn wir uns entweder auf eine Rezession oder eine sanfte Landung zubewegen, wird sich das Wachstum verlangsamen, die Inflation wird sinken und der Arbeitsmarkt wird sich abkühlen", schrieb Jacob Manoukian, Investmentstratege der US-Bank, im Juni in einem Textbeitrag. "Der Unterschied liegt im Ausmaß und in der Dauer des Abschwungs." Zwar sei eine sanfte Landung noch immer eine wahrscheinliche Option, so der Stratege, die Chance einer Rezession nehme aber weiter zu. "Das stärkste Indiz gegen einen sich selbst verstärkenden Abschwung ist die Gesundheit der Bilanzen von Finanzinstituten, Unternehmen und Haushalten. Eine nachlassende Nachfrage wird möglicherweise nicht zu der Art von Zahlungsausfällen und Bilanzstress führen, die frühere Abschwünge verschlimmert haben (siehe 2008-2009). Dennoch wird es wahrscheinlich eine knappe Entscheidung sein."

Rezession möglicherweise in den Markt eingepreist

Nun gab Marko Kolanovic, Analyst der Großbank, aber zumindest teilweise Entwarnung. So sei die Gefahr einer gesamtwirtschaftlichen Abschwächung nach wie vor gegeben, diese sei im Aktienmarkt jedoch zum Teil bereits eingepreist, wie das Analyse-Portal "TipRanks" den Strategen wiedergibt. Als Hinweise darauf nannte Kolanovic die Underperformance von zyklischen Werten seit Jahresbeginn, eine Gleichschaltung der Rezessionsbewegungen mit niedrigen Ertragskorrekturen der Unternehmen sowie die Verschiebung der Zinsmärkte. "Da der Höhepunkt der Fed-Preise wahrscheinlich hinter uns liegt, sollte auch das Schlimmste für die Risikomärkte und die Marktvolatilität hinter uns liegen", prognostizierte der Experte. Daher gehe das Geldhaus davon aus, dass die USA einen wirtschaftlichen Abschwung mit Händen und Füßen vermeiden werden. "Obwohl die Konjunkturaussichten nach wie vor schwierig sind, glauben wir, dass das Risiko-Ertrags-Verhältnis für Aktien in der zweiten Jahreshälfte attraktiver wird", zitiert Bloomberg den Experten aus der Kundennotiz. "Die Phase, in der schlechte Daten als gute interpretiert werden, gewinnt an Zugkraft, während der Ruf nach dem Höhepunkt der Falkenpolitik der Federal Reserve, dem Höhepunkt der Renditen und dem Höhepunkt der Inflation lauter wird."

Geschwächter Tech-Sektor vor Rebound?

Aufgrund dieser Erwartung sprach sich Kolanovic auch für den Tech-Sektor aus, der zuletzt deutlich unter Druck stand. Besonders Wachstumsaktien, deren Bewertungen noch auf dem vorherigen Niedrigzinsfeld fußten, wurden im Umfeld von Zinssteigerungen deutlich abgestraft. Genau auf diese Aktien wolle man sich bei JPMorgan nun aber konzentrieren. "Wir haben uns dafür ausgesprochen, taktisch Growth gegenüber Value zu bevorzugen, was sich auch in einer besseren Performance des Tech-Sektors ausdrücken lässt", so der Stratege. Diese Vorgehensweise zeigt sich auch an konkreten Empfehlungen von Kolanovics Kollege Doug Anmuth, der bei JPMorgan als Tech-Experte gilt. Wie TipRanks unter Berufung auf den "Tech-Guru" erklärt, sehe dieser bei zwei Aktien aus der Branche ein mögliches Wachstum von 100 Prozent.

Uber mit Rekord bei Bruttobuchungen

Bei einer dieser Top-Picks handelt es sich um die Aktie des Fahrdienstleisters Uber. Nicht nur fungiert das Unternehmen als Taxi-Alternative für Privatpersonen, sondern hat sein Geschäft auch auf die Bereiche Mitarbeiter-, Lebensmittel- und Frachttransport ausgeweitet. Mittlerweile ist der Konzern in 72 Ländern tätig. Im zweiten Quartal 2022 konnte der Fahranbieter ein Rekordhoch bei den Bruttobuchungen erreichen: 29,1 Milliarden US-Dollar standen hier bei Uber in den Büchern. Das sind 33 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Dennoch betrug der Nettoverlust im vergangenen Jahresviertel 2,6 Milliarden US-Dollar. 1,7 Milliarden US-Dollar davon beziehen sich aber auf Kapitalbeteiligungen der Gesellschaft, hieß es in der Mitteilung von Anfang August. Auch seien darin aktienbasierte Vergütungen in Höhe von 470 Millionen US-Dollar enthalten. Beim Umsatz konnte Uber derweil um 105 Prozent auf 8,1 Milliarden US-Dollar zulegen.

Inflation könnte größeres Angebot schaffen

"Wir glauben weiterhin, dass Uber gestärkt aus der Pandemie hervorgeht, da es sich auf Produktinnovationen (Upfront Fares, UberX Share, Hailables) und plattformübergreifende Vorteile (Uber One, beschleunigtes Onboarding von Verdienern) konzentriert", zeigte sich Anmuth in einer Notiz, die TipRanks vorliegt, zuversichtlich. "Der Inflationsdruck ist schwieriger einzuschätzen, da die Verbraucher bereits die Hauptlast der höheren Preise tragen. Erhöhte Lebenshaltungskosten könnten jedoch mehr Fahrer anlocken und ein größeres Angebot schaffen, was zu einer Senkung der Rideshare-Preise führen könnte. Wir sind uns bewusst, dass die Zustellung stärker gefährdet sein könnte, aber die Mobilität wird den größten Einfluss auf das Endergebnis haben." Damit bleibe die Uber-Aktie ein "Top-Pick", weswegen der Stratege das Papier auch mit einer Kaufempfehlung ausstattete. Als Kursziel gab der Experte 48 US-Dollar an. Zuletzt notierte die Uber-Aktie an der NYSE bei 31,06 US-Dollar (Schlusskurs vom 9. August 2022).

Nerdy schafft Rekordumsatz

Hierzulande eher unbekannt dürfte die Lern-Plattform Nerdy sein, die betreuten Unterricht online anbietet. Der Service richtet sich sowohl an Kinder als auch Erwachsene. Neben kleinen virtuellen Klassenzimmern, in denen bis zu 15 Personen Platz finden, können auch größere Veranstaltungen mit bis zu 50.000 Zuhörern organisiert werden. Über eine Lernbibliothek können sich Nutzer angebotene Kurse außerdem selbstständig bearbeiten. Darüber hinaus ist das Unternehmen aber auch im Bereich Künstliche Intelligenz aktiv. Dadurch sollen Lernende beispielsweise automatisch mit kompetenten Experten zusammengebracht werden sowie individuelle Lernpläne erhalten.

Im ersten Quartal 2022, das am 31. März endete, konnte der Online-Dienst einen Rekordumsatz in Höhe von 46,9 Millionen US-Dollar verbuchen - 36 Prozent mehr als im Vorjahresquartal. Besonders der Bereich Kleinklassen und Gruppenunterricht war dafür verantwortlich, hier stand ein Umsatzplus von 243 Prozent auf 6,4 Millionen US-Dollar in den Büchern. Im ersten Quartal 2021 brachte der Bereich noch 1,9 Millionen US-Dollar ein. Darüber hinaus konnte das Unternehmen das vergangene Jahresviertel schuldenfrei abschließen. 141,7 Millionen US-Dollar an Barmitteln verblieben noch in Nerdys Kassen. "Im ersten Quartal haben wir die Dynamik des Jahres 2021 fortgesetzt und erneut einen Rekord bei den Buchungen und Umsätzen erzielt", so Nerdy-Gründer und -CEO Chuck Cohn im Rahmen der Zahlenvorlage. "Wir freuen uns über die wachsende Chance, Lernlösungen anzubieten, die auf umfassendere und wiederkehrende Beziehungen sowohl zu Privatkunden als auch zu institutionellen Kunden ausgerichtet sind." Die Zahlen für das zweite Quartal 2022 werden am 15. August veröffentlicht.

KI-Features machen den Unterschied

Anmuth zufolge dürften besonders die Automatisierungsfunktionen der Lern-Plattform für ein Alleinstellungsmerkmal auf dem E-Learning-Markt sorgen. "Wir glauben, dass Nerdys erstklassige Experten und der KI/ML-Algorithmus, der mehr als 100 Attribute und mehr als 80 Millionen Datenpunkte nutzt, um aktive Lerner/Experten zu finden, die Plattform von anderen Online-Lernanbietern unterscheidet", so der Experte laut TipRanks. "Wir glauben, dass Nerdy gut positioniert ist, um ein nachhaltiges Umsatzwachstum von 20 %+ zu erzielen". Dies könne das Unternehmen dadurch erreichen, dass das Wachstum im gesamten US-Markt für Lern-Plattformen von 47 Milliarden US-Dollar im Jahr 2019 bis 2025 auf mindestens 75 Milliarden US-Dollar steige, das Tochterunternehmen Varsity Tutors for Schools weiter expandiere, sich der durch Corona-Lockdowns verursachte Lernverlust reduziere und Produktinnovationen verschiedene Absatzmöglichkeiten schaffen. Der Nerdy-Aktie, die durch eine SPAC-Transaktion mit TPG Pace Tech Opportunities erst seit September 2021 an der NYSE gelistet ist, erhält von Anmuth daher ein "Overweight"-Rating. Als realistisches Kursziel sieht der Experte außerdem einen Preis von 6 US-Dollar, was bei einem derzeitigen Kurs von 2,86 US-Dollar (Schlusskurs vom 9. August 2022) ein deutliches Aufwärtspotenzial bedeutet.

Freundliches Jahresende voraus

Doch nicht nur Uber- und Nerdy-Aktien dürften in diesem Jahr noch stark performen, ist sich Anmuths Kollege Kolanovic sicher. "Die Risikomärkte erholen sich trotz einiger enttäuschender Datenveröffentlichungen, was darauf hindeutet, dass schlechte Nachrichten bereits erwartet/eingepreist wurden", so der Analyst laut Bloomberg. Sollte sich diese Vermutung bewahrheiten, dürfte dem Aktienmarkt ein erholter Jahresabschluss bevorstehen. Daher müssten Anleger ihre Erwartungen an die US-Notenbank, aber auch die Bilanzen der Unternehmen neu ausrichten.

Redaktion finanzen.net

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Bildquellen: TK Kurikawa / Shutterstock.com, Gil C / Shutterstock.com

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