Zwischen Bankenkrise und Inflationsbekämpfung: Fed erhöht Leitzins - Kurswechsel angekündigt
Die US-Notenbank Federal Reserve hat am Mittwochabend ihre mit Spannung erwartete Zinsentscheidung bekanntgegeben.
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Die US-Notenbank Fed dreht weiter an der Zinsschraube: Der Leitzins erhöht sich um 0,25 Prozent auf eine Spanne von nun 4,75 bis 5,00 Prozent, wie die Währungshüter am Mittwochabend mitteilten.
Es ist die neunte Zinserhöhung der US-Notenbank in Folge. Bereits Anfang Februar hatte die Fed den Leitzins mit diesem Tempo angehoben. Im vergangenen Jahr hatte die Fed mit großen Schritten die Zinsen erhöht. Anfang März 2022 hatte er noch in einer Spanne von 0,0 bis 0,25 Prozent gelegen. Im vergangenen Jahr hatte die Fed mehrmals den Leitzins um beachtliche 0,75 Prozentpunkte angehoben, aber das Tempo zuletzt verlangsamt. Jüngste Daten zeigen, dass die hohe Inflation in der größten Volkswirtschaft der Welt auf dem Rückzug ist.
Fed kündigt Kurswechsel an
Am Mittwoch kündigte die Fed zudem einen Kurswechsel an: "Wir geben nun nicht mehr an, dass wir davon ausgehen, dass laufende Zinserhöhungen angemessen sein werden, um die Inflation zu dämpfen", sagte Fed-Chef Jerome Powell bei einer Pressekonferenz am Mittwoch. Die größte Notenbank der Welt signalisiert für dieses Jahr nur noch einen weiteren Zinsschritt. Powell versicherte außerdem, dass das Bankensystem in den USA "solide und widerstandsfähig" sei. "Die jüngsten Entwicklungen werden wahrscheinlich zu schärferen Kreditkonditionen für Haushalte und Unternehmen führen und die Wirtschaftstätigkeit belasten, Neueinstellungen und Inflation belasten". Das Ausmaß dieser Auswirkungen sei aber ungewiss.
Angesichts der Bankenkrise habe die Fed sogar eine Zinspause in Betracht gezogen. Die Turbulenzen im Finanzsektor würden die finanziellen Bedingungen verschärfen, sagte Powell. Verschärfte Kreditbedingungen könnten einen ähnlichen Effekt haben wie Zinserhöhungen. Powell hatte erst Anfang März angedeutet, dass wieder größere Zinssprünge möglich sein könnten. "Tatsächlich sah es vor ein paar Wochen so aus, als müssten wir die Zinsen im Laufe des Jahres erhöhen", bekräftigte er. Diese Haltung habe sich aber geändert.
Zinsentscheid zwischen Bankenkrise und Inflationsbekämpfung
Denn die Bankenkrise rund um die Silicon Valley Bank hat ein Hemmnis für weitere deutliche Zinsanhebungen dargestellt. Die stark gestiegenen Zinsen gelten als ein Grund für die Probleme im amerikanischen Bankensektor. Die Fed musste bei ihrer Entscheidung abwägen zwischen der Beruhigung der Sorgen im Bankensektor und dem Kampf gegen die hohen Verbraucherpreise. Die Auswirkungen der Unruhe könnten als "gleichwertig" mit Zinserhöhungen angesehen werden, so Powell.
Der Fed-Chef betonte auch, dass die Verbraucherpreise in den USA weiter zu hoch sein. Jüngste Daten zeigen zwar, dass die hohe Inflation in der größten Volkswirtschaft der Welt auf dem Rückzug ist. Doch die Fed erwartet in ihrer jüngsten Prognose für dieses Jahr im Schnitt eine Inflationsrate von 3,3 Prozent - das ist etwas mehr, als noch vor drei Monaten angenommen. Die von der Fed mittelfristig gewünschte Inflationsrate liegt bei zwei Prozent - davon sind auch die neuen Zahlen noch entfernt. Auch die Wirtschaft soll der Schätzung nach etwas weniger wachsen als noch im Dezember vorhergesagt.
Powell betonte außerdem, dass die Fed bereit sei, "alle Instrumente" einzusetzen, um die Sicherheit des Bankensystems zu gewährleisten. Mit Blick auf den Kollaps der Silicon Valley Bank sprach er von einem Versagen des Managements. Man müsse aber aus dieser Krise lernen. Die Fed war für die Aufsicht der gescheiterten Bank zuständig. "Wie konnte das passieren, das ist die Frage", so Powell, der zuletzt wegen des Bankenkollaps in der Kritik stand.
Silvergate als Auslöser der Probleme im Bankensektor
Auslöser der Krise Anfang März war die Abwicklung des auf die Kryptobranche ausgerichteten US-Finanzkonzerns Silvergate Capital. Ein paar Tage später wurde das auf Startup-Finanzierungen spezialisierte US-Geldhaus Silicon Valley Bank unter die Kontrolle der US-Einlagensicherung FDIC gestellt und geschlossen. Es war der größte Kollaps eines US-Geldhauses seit der Finanzkrise 2008. Es folgten die Schließung der Signature Bank und eine koordinierte Rettungsmaßnahme für ein weiteres strauchelndes Geldhaus in den USA. .
Probleme im Bankensektor treffen auch europäische Banken
In Europa bekam die Schweizer Großbank Credit Suisse ernste Probleme. Nach zahlreichen Skandalen, Kritik wegen eines schlechten Risikomanagements und Geldabflüssen in dreistelliger Milliardenhöhe stand die Bank am Wochenende mit dem Rücken zur Wand. Der Aktienkurs war trotz Liquiditätszusagen abgestürzt. Um angesichts der Nervosität in der Bankenbranche einen Flächenbrand und eine globale Finanzkrise zu verhindern, drängten Regierung und Aufsichtsbehörden die Konkurrentin UBS zur Übernahme.
"Zinsänderungsrisiko" sorgt für Verwerfungen
Im Zentrum der Bankenkrise steht das sogenannte Zinsänderungsrisiko. So hatte etwa die Silicon Valley Bank enorme Summen in langlaufende und niedrig verzinste Anleihen gesteckt, die eigentlich zu den sichersten Investments am Finanzmarkt zählen. Da die US-Notenbank Fed die Leitzinsen im Kampf gegen die hohe Inflation aber so rasch und deutlich erhöhte, verlor dieses Portfolio drastisch an Wert. Das ließ die Bilanz aus dem Ruder laufen und löste letztlich einen immensen Abzug von Kundengeldern aufgrund von Liquiditätssorgen aus.
Geringeres Wirtschaftswachstum erwartet
Die Fed sagt für dieses Jahr außerdem ein etwas geringeres Wirtschaftswachstum voraus als noch vor drei Monaten angenommen. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) der weltgrößten Volkswirtschaft wird demnach 2023 um 0,4 Prozent wachsen. Das wären 0,1 Prozentpunkte weniger als noch im Dezember prognostiziert.
US-Notenbank verändert Zinserwartung für 2023 nicht - 2024 weniger Senkung
Die US-Notenbank hat die Projektion für die Zinsentwicklung in diesem Jahr nicht verändert. Ende des Jahres erwartet die Notenbank einen Leitzins von 5,1 Prozent, wie aus den Projektionen hervorgeht, die die Fed am Mittwoch im Anschluss an die Zinsentscheidung veröffentlicht hat. Damit entspricht sie der jüngsten Projektion aus dem Dezember.
Im Jahr 2024 dürfte die Geldpolitik dann gelockert werden, aber nicht so stark wie bisher erwartet. Den Prognosen zufolge zeichnet sich bis Ende 2024 ein Rückgang des Leitzinses auf 4,3 Prozent ab, bisher wurden 4,1 Prozent angedeutet.
Die Prognosen der Fed ergeben sich aus den Erwartungen ihrer hochrangigen Vertreter im geldpolitischen Ausschuss. Zuletzt waren die Prognosen im Dezember veröffentlicht worden. Sie spiegeln einen Durchschnittswert der einzelnen Erwartungen, sind aber keine offizielle Prognose der Notenbank.
Fed-Chef Powell: Notenbank hat mögliche Zinspause erwogen
Die US-Notenbank Fed hat wegen der jüngsten Turbulenzen an den Finanzmärkten eine mögliche Pause bei den Zinserhöhungen in Erwägung gezogen. "Wir haben das in den vergangenen Tagen erwogen", sagte Notenbankchef Jerome Powell am Mittwoch im Anschluss an die Zinsentscheidung. Zuvor hatte die Fed den Leitzins wie von Analysten erwartet um 0,25 Prozentpunkte angehoben und damit die Serie von Zinserhöhungen fortgesetzt.
Die Konjunkturdaten hätten für Zinserhöhungen gesprochen, während der Bankenstress dem entgegengewirkt habe, sagte Powell. Die Zinserhöhung sei jedoch breit unterstützt gewesen. Es gab auch keine Gegenstimme im geldpolitischen Ausschuss.
Allerdings machte Powell auch deutlich, dass die Auswirkungen der Turbulenzen im Bankensektor noch unklar seien. In der Stellungnahme der Notenbank zur Zinsentscheidung wurden weitere Zinserhöhungen nicht ausgeschlossen: "Der Ausschuss geht davon aus, dass eine gewisse zusätzliche Straffung der Geldpolitik angebracht sein könnte."
Falls es notwendig sein sollte, könnte der Leitzins auch höher angehoben werden als dies derzeit erwartet wird, machte Powell deutlich. Er stellte zudem fest, dass die amerikanischen Notenbanker in diesem Jahr keine Zinssenkungen erwarten. Erst im kommenden Jahr rechnen die Fed-Mitglieder wieder mit sinkenden Zinsen, wobei der Leitzins aber 2024 insgesamt nicht so stark sinken dürfte wie bisher erwartet worden war.
Redaktion finanzen.net / dpa-AFX
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