Nur Alabama?

ThyssenKrupp droht auf Brasilien-Werk sitzenzubleiben

13.08.13 08:38 Uhr

Die Flucht von ThyssenKrupp aus dem Sumpf von Rio droht zu misslingen.

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Wie drei mit den Vorgängen vertraute Personen dem "Wall Street Journal Deutschland" berichteten, könnte der Konzern auf dem Mehrheitsanteil an seinem Stahlwerk in Brasilien sitzenbleiben.

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   Der deutsche Stahlkonzern und der brasilianische Konkurrent CSN haben zwar ihre zwischenzeitlich in Gefahr geratenen Verhandlungen über das ThyssenKrupp-Geschäft in Amerika wieder intensiviert, wie die Informanten sagten. Verhandlungsgegenstand ist nun aber auch eine Variante, nach der CSN nur das ThyssenKrupp-Werk im US-Staat Alabama übernehmen würde.

   Das Szenario, das offenbar eines von mehreren ist, sieht den Informationen zufolge vor, dass CSN rund 1,5 Milliarden US-Dollar für die US-Produktionsstätte zahlen und sich zugleich verpflichten würde, jährlich mehrere Millionen Tonnen Stahlbrammen aus dem brasilianischen Werk abzunehmen. Einer der Informanten sagte, es gehe um eine Abnahmeverpflichtung im Umfang von 3 Millionen Tonnen Stahl jährlich. 2,5 Millionen Tonnen würden zum Weiterverarbeitungswerk in Alabama geliefert. Rund 500.000 Tonnen gingen an CSN-Werke in Brasilien. Eine andere informierte Person berichtete, die Verpflichtung solle sechs Jahre lang gelten. An den Anlagen bei Rio de Janeiro hält ThyssenKrupp 73 Prozent der Anteile. 27 Prozent sind im Eigentum des Erzlieferanten Vale.

   Nach den Worten einer der informierten Personen bereitet ThyssenKrupp zudem eine Kapitalerhöhung vor, die unter Ausschluss der Bezugsrechte stattfinden soll und gleichzeitig mit einem Abschluss der Verhandlungen über die amerikanischen Werke verkündet werden könnte. Einen solchen Schritt haben jüngst auch Analysten der Bank J.P. Morgan vorausgesagt. Sie prognostizierten die Ausgabe von bis zu 51,5 Millionen neuen Aktien. Bei dem aktuellen Kurs könnte der Konzern damit bis zu rund 900 Millionen Euro erlösen.

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   Ein Sprecher von ThyssenKrupp wollte die Informationen zum Fortgang der Verhandlungen nicht konkret kommentieren. Er wiederholte lediglich eine frühere Aussage, nach der das Unternehmen in fortgeschrittenen Verhandlungen über die amerikanischen Werke mit mehreren Interessenten ist. ThyssenKrupp wolle "zeitnah" eine Einigung erreichen, sagte der Sprecher zudem. Er verwies auch auf eine frühere Aussage von Vorstandschef Heinrich Hiesinger, nach der eine Kapitalerhöhung nur infrage kommt, wenn unter anderem klar ist, zu welchen Konditionen sich ThyssenKrupp von seinen amerikanischen Werken trennen kann. Der Sprecher lehnte es ab, die Angaben über konkrete Vorbereitungen zur Ausgabe neuer Aktien zu kommentieren.

   Neues Kapital könnte ThyssenKrupp in dem nun diskutierten Verkaufsszenario aber gut gebrauchen. Die verlustreichen Werke in Brasilien und den USA nämlich stehen trotz mehrerer Abschreibungen noch mit rund 3,4 Milliarden Euro in den Büchern. Eine Zahlung von 1,5 Milliarden Dollar (1,13 Milliarden Euro) für eines der beiden Werke würde angesichts dessen enttäuschen - und wahrscheinlich zusätzliche Wertkorrekturen auslösen. Blieben die Deutschen Mehrheitseigentümer des Werks bei Rio de Janeiro, müssten sie dort voraussichtlich zudem zusätzliche Investitionen von bis zu rund 800 Millionen Euro tragen, um die andauernden Probleme mit den Anlagen zu lösen.

   In dem brasilianischen Werk nämlich sind in den vergangenen Jahren immer neue technische Schwierigkeiten aufgetreten. Erst vor wenigen Wochen war einer von zwei Hochöfen in der Produktionsstätte ausgefallen. Schon kurz nach dem Baubeginn im Jahr 2006 hatte sich herausgestellt, dass die zur Unterstützung des Fundaments vorgesehenen Pfähle die Fabrik in einem sumpfigen Mangrovenwald nicht tragen konnten. Enorme Zusatzkosten entstanden auch, weil das von ThyssenKrupp beauftragte chinesische Bauunternehmen Citic beim Bau einer Kokerei Fehler machte. Das sorgte auch deshalb für Unverständnis, weil zum ThyssenKrupp-Konzern mit dem Unternehmen Uhde eine Gesellschaft gehört, die selbst Kokereien errichtet. Sie riss schließlich die Kokerei des chinesischen Unternehmens teils ab und errichtete sie neu. ThyssenKrupps amerikanisches Stahlgeschäft entwickelte sich zu einem Milliardengrab.

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   Dabei hatte sich der Konzern von den Werken in Brasilien und den USA einst hohe Gewinne versprochen: Der Konzern wollte von niedrigen Lohnkosten in Brasilien und einem lukrativen Absatzmarkt in den USA profitieren. Doch die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen änderten sich. Angesichts der technischen und wirtschaftlichen Schwierigkeiten schrieb ThyssenKrupp immer wieder Milliardenbeträge auf das amerikanische Stahlgeschäft ab. Allein im vergangenen Geschäftsjahr korrigierte das Unternehmen den Wert der Anlagen um 3,6 Milliarden Euro nach unten. Nach einer weiteren Abschreibung um rund 700 Millionen Euro im Mai stehen die Werke noch mit etwa 3,4 Milliarden Euro in den Büchern des Konzerns. ThyssenKrupp hat bislang mehr als 12 Milliarden Euro für die amerikanischen Produktionsstätten ausgegeben.

   Seit Mai des vergangenen Jahres bemüht sich der Konzern um den Rückzug: Er sucht einen Käufer für die Werke in Brasilien und den USA. Der Verkaufsprozess läuft aber schleppend. Mehrere Interessenten haben sich schon zurückgezogen. Als einziger Bieter für die Anlagen in Brasilien galt zuletzt der brasilianische Stahlkonzern CSN. An dem Werk im US-Staat Alabama soll außerdem der luxemburgische Konkurrent ArcelorMittal interessiert sein.

   Die Verkaufsverhandlungen sind entscheidend für die Zukunft von ThyssenKrupp. Ende des vergangenen Jahres hatte etwa die Ratingagentur Standard & Poor's darauf hingewiesen, dass vom Verkauf der amerikanischen Werke letztlich das Kreditrating des Konzerns abhänge.

   ThyssenKrupp leidet derzeit zwar nicht unter zu wenig Liquidität. Der Konzern verwies im Bericht über das erste Halbjahr seines Geschäftsjahres auf flüssige Mittel und freie, zugesagte Kreditlinien in der Höhe von zusammen 8 Milliarden Euro. Erst im Februar und März hat das Unternehmen eine Anleihe im Umfang von 1,6 Milliarden Euro begeben. Eine Kreditlinie allerdings ist in Gefahr: Laut Geschäftsbericht über das vergangene Jahr können die Banken eine bislang nicht in Anspruch genommene 2,5-Milliarden-Euro-Linie kündigen, wenn das sogenannte Gearing die Grenze von 150 Prozent überschreitet. Das Verhältnis von Netto-Finanzschulden zum Eigenkapital betrug schon Ende März 148,2 Prozent. Im Fall von neuen Abschreibungen auf das Amerika-Geschäft dürfte es weiter steigen.

   Ein neuer Einblick in die Geschäftszahlen ist für Dienstagnachmittag zu erwarten. Dann will ThyssenKrupp die Ergebnisse seines dritten Geschäftsjahresquartals veröffentlichen.

   Kontakt zu den Autoren: john.miller@wsj.com, eyk.henning@wsj.com und hendrik.varnholt@wsj.com

   Mitarbeit: Jan Hromadko und Paul Kiernan   DJG/hev/jhe/cln Dow Jones Newswires Von John Miller, Eyk Henning und Hendrik Varnholt

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