Noch lange nicht vorbei

Impfboom: Diese Biotech-Aktien besitzen noch Kurspotenzial

14.07.21 01:00 Uhr

Impfboom: Diese Biotech-Aktien besitzen noch Kurspotenzial | finanzen.net

Nach dem Scheitern von CureVacs COVIS-19-Vakzin lohnt sich ein Blick auf die Nachzügler. Diese drei Unternehmen werden unterschätzt.

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von Julia Groß, Euro am Sonntag

Dass die Studienergebnisse von Novavax’ Corona-Impfstoff Mitte Juni wenig Aufsehen erregten, ist noch untertrieben. An der US-Technologiebörse Nasdaq eröffnete die Aktie des Biopharma- Unternehmens aus Maryland nach der Veröffentlichung zwar deutlich im Plus, der Kurs fiel dann jedoch unter das Niveau der vorhergehenden Tage und hat dieses Level seitdem auch nicht mehr erreicht. Aus einer Meldung der "New York Times" zu den Resultaten las man das gelangweilte Achselzucken des Autors förmlich zwischen den Zeilen heraus: "Die USA schwimmen ohnehin in Impfstoffen." 90 Prozent Wirksamkeit gegen eine symptomatische Corona-Erkrankung, 100 Prozent gegen mittlere und schwere Verläufe hatte Novavax da gerade gemeldet - auf Augenhöhe mit BioNTech/Pfizer und Moderna.

Nicht nur viele Amerikaner glauben, dass das Impfstoffrennen längst gelaufen sei. Zwei super wirksame mRNA-Vakzine, zwei auch sehr effektive, aber im Westen weniger beliebte Vektorimpfstoffe und einige Außenseiter aus China und Russland - was braucht die Welt noch mehr?

Antwort: eine ganze Menge. Nicht nur, dass die Mehrheit der Menschen in Ländern mit niedrigem Einkommen noch auf ihre Spritzen wartet. Auch die Industrienationen benötigen mehr und vor allem andere sichere und wirksame Impfstoffe, um zum Beispiel den Schutz durch Booster-Injektionen zu erhöhen, besser für Kinder geeignete Produkte zu haben und um Menschen zu erreichen, die den neuen Technologien nicht vertrauen.

Bewährte Technologien

Novavax kann hinter all diese Anforderungen einen Haken setzen. Der Impfstoff der Amerikaner basiert auf Proteinbestandteilen des SARS-CoV-2-Virus, zusammen mit dem firmeneigenen Verstärker Matrix-M, der einen Extrakt aus dem südamerikanischen Seifenrindenbaum enthält. Eine weitverbreitete Technologie, die schon seit den 80er- Jahren beispielsweise bei Hepatitis-B- oder Keuchhustenimpfungen verwendet wird und ersten Daten zufolge auch bei Corona extrem wenige Nebenwirkungen hervorruft. "Unser Produkt wird vermutlich eines der besten Sicherheitsprofile aller COVID-Impfstoffe haben", erklärte Unternehmenschef Stanley Erck auf Bloomberg TV. Gleichzeitig muss es nur im Kühlschrank gelagert werden und lässt sich, wie in der Phase- 3-Studie demonstriert wurde, mit der Grippeimpfung kombinieren, ohne dass die Wirksamkeit herabgesetzt wird. Auch die Virusvarianten hält der Stoff weitgehend in Schach, wobei hierzu erst wenige Zahlen existieren. Gegen die in Südafrika entdeckte Beta-Variante, die der Immunantwort am besten entwischt, ist bereits eine angepasste Version in Arbeit. Auch die Studien zur Zulassung bei Zwölf- bis 17-Jährigen haben schon begonnen. "Novavax könnte mit der Zeit der Universal-Booster-Impfstoff werden", glaubt Kelechi Chikere, Analyst bei der US-Investmentbank Jefferies.

Novavax, das auf eine jahrzehntelange Durststrecke zurückblickt, hat noch mehr zu bieten als den COVID-Impfstoff. Im Frühjahr präsentierte die Firma sehr gute Daten zu einem Grippe-Vakzin, für das nun der Zulassungsantrag gestellt wird. Außerdem ist Novavax’ Matrix-M auch in einer von der Uni Oxford entwickelten, sehr vielversprechenden Malaria-Impfung enthalten.

Ein Flaschenhals ist aktuell die Produktion. "Weltweit herrscht momentan eine Rohstoffknappheit im gesamten Biomanufacturing", sagt Thomas Lingelbach, Vorstandschef des französisch-österreichischen Impfstoffunternehmens Valneva. Dessen COVID-Phase- 3-Ergebnisse sollen noch im September kommen. Als erste Firma weltweit führt Valneva dazu keine Placebo-kontrollierte Wirksamkeitsstudie mit Zehntausenden Teilnehmern durch. Stattdessen wird, in Absprache mit den britischen Behörden, die Immunantwort von Astrazeneca-Geimpften mit der von Probanden verglichen, die Valnevas Produkt bekommen haben. "Wir sind in sehr aktiven Gesprächen mit der europäischen Zulassungsbehörde EMA und hoffen, dass dieses Vorgehen dort auch akzeptiert wird", so Lingelbach.

Unerschlossene Märkte

Valnevas Impfstoff enthält inaktivierte SARS-CoV-2-Viren, ebenfalls eine bewährte Technologie, die von der Vielfalt der ausgelösten Immunantwort her einer natürlichen Infektion vermutlich am nächsten kommt. Die Plattform dürfte sehr leicht an neue Varianten anpassbar sein, sollte dies nötig werden.

Valneva vertreibt seit Jahren zwei Impfstoffe gegen japanische Enzephalitis und Cholera, die vor allem von Reisenden nachgefragt werden. Daneben hat das Unternehmen aber noch zwei weitere Projekte mit außergewöhnlichem Marktpotenzial: Ein mit Pfizer zusammen entwickeltes Produkt soll der von Zecken übertragenen Borreliose vorbeugen und könnte 2023/24 marktreif sein. Die Zahl der Borreliose-Fälle hat sich in den vergangenen Jahren vervielfacht, einen anderen Impfstoff gibt es nicht, auch nicht in Entwicklung.

Bereits im Sommer erwartet Valneva Phase-3-Daten eines Chikungunya-Impfstoffs, es wäre der erste weltweit. Die durch Mückenstiche übertragene Viruserkrankung ähnelt dem Dengue-Fieber und verbreitet sich rasant. Sie ist sehr schmerzhaft und kann tödlich verlaufen.

Ein weiterer Nachzügler ist vom Impfstoff-Riesen Sanofi zu erwarten. Das wie bei Novavax auf Protein-Bestandteilen basierende Produkt könnte nach erfolgreicher Testung Ende des Jahres zugelassen werden. Aufgrund von Sanofis Größe ist dies für Investoren nicht ganz so interessant. Spannend ist aber, dass der französische Konzern mit der kleinen US-Firma Translate Bio auch noch an einem mRNA-Impfstoff arbeitet. Für Translate könnte sich dies als großes Los erweisen: Sanofi will nämlich nun groß in die mRNA-Technologie einsteigen und 400 Millionen Euro im Jahr in die Entwicklung von diversen mRNA-Impfstoffen mit Translate Bio investieren.

Zusammen haben sie bereits die erste klinische Studie für einen Grippeimpfstoff auf mRNA-Basis gestartet - noch vor den Wettbewerbern Moderna und Pfizer. Das Influenza-Geschäft könnte sich aufgrund der schnellen Anpassbarkeit von mRNA-Impfstoffen an neue Grippeviren in den kommenden Jahren als äußerst lukrativ erweisen.


INVESTOR-INFO

Valneva

Drei Riesenchancen

Drei äußerst attraktive Impfstoffprojekte, die relativ kurzfristig zu erheblichen Umsatzsteigerungen führen könnten: Das ist in der europäischen Biotech-Szene selten. Zudem sollte sich das Geschäft mit den beiden bereits vermarkteten Reiseimpfstoffen zusehends erholen. Nach dem erfolgreichen Nasdaq-Listing verfügt Valneva außerdem über ein gutes Cash-Polster. Wie für die gesamte Branche gilt: Fehlschläge sind möglich, nur risikobereite Anleger sollten zugreifen.

Novavax

Zu Unrecht verschmäht

Hätte es weniger Verzögerungen gegeben, würde Novavax jetzt in der ersten Liga der COVID-Impflieferanten spielen. Der langsame Aufbau der Produktion und Lieferkettenprobleme haben manchen Investoren vergrault. Trotzdem: Novavax liegen Bestellungen für 1,3 Milliarden Dosen vor, und auch der Grippeimpfstoff steht vor der Zulassung.

Translate Bio

Plötzlich Partner

Ob der Corona-Impfstoff, den Translate Bio mit Sanofi entwickelt, jemals marktreif wird, ist fast schon egal. Denn aufgrund der schon länger andauernden Zusammenarbeit hat der französische Pharmariese das kleine US-Unternehmen als Partner für die groß angelegte Entwicklung von neuen mRNA-Impfstoffen erkoren. Sollten sich hier bald Erfolge einstellen, ist eine Übernahme durch Sanofi ziemlich wahrscheinlich.









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Bildquellen: Henrik Dolle/AdobeStock, Schroders

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27.11.2024BioNTech (ADRs) BuyDeutsche Bank AG
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