Unitymedia-Übernahme als Befreiungsschlag für die Vodafone-Aktie?
Der britische Mobilfunker Vodafone steht seit geraumer Zeit mit dem Rücken zur Wand, wenn man sich die Entwicklung des Aktienkurses anschaut.
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Anleger haben mit dem Vodafone Group-Papier noch weniger zu Lachen als mit Telekommunikationsaktien in den vergangenen Monaten und Jahren ohnehin schon. Kann der seit Oktober amtierende neue Chef Nick Read das Ruder herumreißen? Bald steht den Briten ein weiterer großer Prüfstein ins Haus.
LAGE DES UNTERNEHMENS:
Ein Erfolg für Read könnte es werden, wenn Vodafone die europäischen Kabelnetze von Liberty Global und damit insbesondere die deutsche Tochter Unitymedia übernehmen dürfte. Bald sollte die Europäische Kommission entscheiden. Um den Aufsehern eine Zustimmung schmackhafter zu machen, will Vodafone den Rivalen Telefonica Deutschland ins Unitymedia-Netz lassen, der dann dort eigene Internettarife anbieten könnte. Die EU prüft die Milliardenübernahme intensiv, weil ihrer Ansicht nach der Wettbewerb leiden könnte. Rivale Deutsche Telekom sieht vor allem Vodafones mögliche Übermacht im Fernsehmarkt kritisch.
Vodafone will die Kabelnetze von Liberty Global in Ungarn, Rumänien, Tschechien und Deutschland für einen Unternehmenswert von 18,4 Milliarden Euro inklusive Schulden übernehmen.
Deutschland ist schon heute der größte Einzelmarkt für Vodafone. Überhaupt steht für die Briten der Umbau zu einem noch stärker europäisch ausgerichteten Konzern an. Das Geschäft in Neuseeland soll für zwei Milliarden Euro verkauft werden. In Australien legten Aufseher dem Konzern im Mai dagegen Steine in den Weg, als sie ein Zusammengehen der verlustreichen Tochter mit dem lokalen Breitbandanbieter TPG untersagten. Auch in Indien hat Vodafone seine Tochter mit einem ehemaligen Rivalen zusammengelegt.
In drei der vergangenen vier Geschäftsjahre hat der Vodafone-Konzern hohe Milliardenverluste eingefahren. Und der Wettbewerb ist auch in Europa hart. In Spanien und Italien ringt Vodafone mit den Billigtarifen der Konkurrenz.
Kürzlich kappte Read erstmals seit Einführung der Dividende 1990 die Ausschüttung an die Anleger, um die Schulden im Zaum zu halten und Geld für Investitionen in die Netze freizumachen. Die Kürzung war lange befürchtet worden, kurz zuvor hatte der ehemalige Finanzchef aber noch eine mittelfristige Steigerung in Aussicht gestellt.
Vergangenen Oktober gab Vodafone in Italien 2,4 Milliarden Euro für Mobilfunklizenzen aus, in Deutschland waren es jüngst im Juni 1,9 Milliarden Euro. Die Frequenzen sind unter anderem für den kommenden Mobilfunkstandard 5G gedacht - und der Netzausbau in den kommenden Jahren wird ebenfalls viel Geld verschlingen und die Kasse belasten. Anleger achten im Telekomsektor insbesondere auf die Entwicklung der Barmittel, weil sie ein Gradmesser für mögliche Dividendenzahlungen sind.
DAS SAGEN DIE ANALYSTEN:
Die Aktie von Vodafone sei über das vergangene Jahr unter anderem wegen Währungseffekten, schwachem Wachstum und Frequenzauktionen schlecht gelaufen, schrieb Deutsche-Bank-Analyst Robert Grindle. Die Dividendenkürzung sei ironischerweise mit dem zwei Milliarden Euro schweren Verkauf des Geschäfts in Neuseeland zusammengefallen. Das habe die Anlegersorgen rund um kurzfristiges Wachstum und die nachhaltige Entwicklung des Bargeldzuflusses stärker in den Fokus gerückt. Im zweiten Halbjahr rechnet der Experte mit zunehmender Umsatzdynamik, darüber hinaus mit deutlichen Sparerfolgen. Mit dem Wachstum des operativen Ergebnisses (Ebitda) ab dem kommenden Jahr dürfte sich auch der Cashflow wieder bessern und das Anlegervertrauen stärken.
Die gesenkte Dividende von neun Pence pro Aktie biete bei dem starken Kursverfall noch eine attraktive Dividendenrendite, schrieb HSBC-Analyst Stephen Howard. Im laufenden Geschäftsjahr dürfte sich die Umsatzentwicklung bessern. Auch die Übernahme von Unitymedia dürfte durchkommen.
Im Gesamtbild der im dpa-AFX-Analyser erfassten Analysten kommt Vodafone gut weg: Von den aktuellsten zehn Einschätzungen raten neun Experten zum Kauf bei nur einem "Halten"-Votum. Das durchschnittliche Kursziel liegt bei knapp 190 Pence - gut 40 Prozent mehr als das derzeitige Kursniveau.
DAS MACHT DIE AKTIE:
Die tut sich nach wie vor schwer. In diesem Jahr hat sie rund 13 Prozent an Wert verloren, über die vergangenen drei Jahre mehr als 40 Prozent. Vodafones Marktwert liegt aktuell bei rund 36 Milliarden Pfund (40 Mrd Euro). Der europäische Branchenindex hat sich in diesem Jahr stabil gehalten und in den vergangenen drei Jahren nur rund 18 Prozent verloren. Konkurrent Deutsche Telekom kann sogar im laufenden Jahr ebenso mit einem Plus von rund 5 Prozent aufwarten wie über die vergangenen drei Jahre. Der Börsenwert der Bonner liegt aktuell bei 74 Milliarden Euro - fast doppelt soviel wie bei den Briten.
LONDON (dpa-AFX)
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