Mobilitätswende abgesagt?

Ziele von VW, BMW, Volvo & Co. in Gefahr: Europäische Auto-Giganten verkaufen nur wenige E-Autos

20.09.24 22:24 Uhr

VW-Aktie, BMW-Aktie, Volvo-Aktie & Co. schwächeln: Niedrige E-Auto-Nachfrage setzt europäische Auto-Riesen unter Druck | finanzen.net

Während der COVID-Pandemie zu Beginn des laufenden Jahrzehnts schien es noch so, als würden E-Autos zu einem ungebremsten Siegeszug ansetzen. Mittlerweile hat der Wind aber gedreht - und die schwache Nachfrage nach E-Autos treibt Auto-Unternehmen die Sorgenfalten in die Stirn.

Werte in diesem Artikel

• E-Autos von europäischen Autoherstellern leiden unter geringer Nachfrage
• Autos mit Verbrennungsmotoren bei Kunden weiterhin beliebt
• Experte meint: Trotz derzeitiger Nachfrageschwäche wird E-Auto-Zeitalter kommen

Die erste Käuferwelle von E-Autos ist abgeebbt: Kamen Tesla, BYD, Volkswagen und andere Hersteller von E-Auto-Modellen vor einigen Jahren der Nachfrage nicht hinterher - zeitweise mussten Interessenten monatelang auf ihr E-Auto warten -, ist nun das Gegenteil der Fall. Immer mehr Autobauer klagen über massive Nachfrageprobleme bei ihren E-Autos. Besonders die europäischen Hersteller, die meist als teurer als die chinesischen Anbieter und weniger innovativ als Tesla eingeschätzt werden, leiden unter schwachen Verkaufszahlen. Werden E-Autos statt dem letzten Schrei vielmehr Ladenhüter?

Europäische Automobilhersteller verschieben Elektrostrategien

Europas Autohersteller geraten ins Stocken hinsichtlich der Umsetzung ihrer Pläne zur vollständigen Elektrifizierung. Volvo, einst Vorreiter bei der Ankündigung, ab 2030 nur noch Elektrofahrzeuge (EVs) anzubieten, hat diese ambitionierte Zielsetzung kürzlich aufgegeben. Der schwedische Hersteller begründet diesen Schritt mit der Notwendigkeit, "pragmatisch und flexibel" auf veränderte Marktbedingungen zu reagieren. Nun strebt das Unternehmen an, dass 90-100 Prozent der Verkäufe bis 2030 aus reinen Elektro- oder Plug-in-Hybridfahrzeugen bestehen, wobei bis zu 10 Prozent auf Mild-Hybrid-Modelle entfallen könnten. Volvo steht dabei nicht alleine: Auch Volkswagen, Ford und Mercedes-Benz haben ihre Zeitpläne für den Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor verschoben, was die Unsicherheiten in der Branche verdeutlicht.

Infrastrukturprobleme und Konsumentenverhalten

Ein zentraler Grund für die Verzögerungen ist der schleppende Ausbau der Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge. Hinzu kommt, dass in einigen Märkten staatliche Anreize für den Kauf von Elektrofahrzeugen zurückgenommen wurden. Tim Urquhart, Automobilanalyst bei S&P Global Mobility, erklärt, dass viele Hersteller, die zuvor die Investitionen in Verbrennungstechnologie eingestellt hatten, nun umdenken. "Ich denke, dass viele Hersteller diesen Prozess [der Verschiebung von Elektrifizierungszielen] im Moment durchlaufen. Wir sehen das in der gesamten Branche", betonte Tim Urquhart, leitender Automobilanalyst bei S&P Global Mobility, am Montag in der 'Squawk Box Europe'-Sendung von CNBC. "Viele Hersteller, die ihre Investitionen in die Technologie der Verbrennungsmotoren eingestellt hatten, haben erkannt, dass sie nicht wettbewerbsfähig sein werden, wenn sie nicht weiter in Verbrenner-Autos investieren, und dass sie nicht das Produkt in den Ausstellungsräumen haben werden, das die Leute kaufen wollen", fügt Urquhart er hinzu.

Zahlreiche Analysten und Manager haben wohl zu früh das Ende des Verbrennungsmotors erwartet - zahlreiche Hersteller müssen aber nun auf die weiterhin hohe Kundennachfrage nach nicht-elektrischen Autos reagieren. Tatsächlich bleibt die Nachfrage nach Elektrofahrzeugen hinter den Erwartungen zurück. Trotz strikter Vorgaben wie der britischen Vorschrift, dass 22 Prozent der Neuwagenverkäufe 2023 emissionsfrei sein müssen, zeigen sich Konsumenten skeptisch. "Es gibt eine Menge Anti-Elektroauto-Stimmung in den Medien, und leider ist einiges davon berechtigt", meint Urquhart.

Allgemein ist die Nachfragesituation bei den europäischen Autoherstellern schon seit einigen Jahren sehr schwach. Die schwächelnde Konjunkturlage setzt die Autobauer ebenso unter Druck wie die zunehmend auch in Europa Fuß fassende, günstigere Konkurrenz aus Asien. BMW reagierte mit einer Gewinnwarnung auf die gegenwärtige Auto-Krise, während VW einen radikalen Sparkurs inklusive betriebsbedingter Kündigungen fahren will. Die Aktien der beiden deutschen Automobilhersteller befinden sich bereits seit Wochen auf Talfahrt.

Langfristige Investitionen bleiben notwendig

Trotz der kurzfristigen Unsicherheiten glauben Experten, dass der Weg in Richtung Elektrifizierung unumkehrbar bleibt. "Der Wandel hin zu Elektrofahrzeugen ist ein nicht-linearer Prozess", sagt Rico Luman, Senior Economist bei der ING-Bank. Zwar verzögern einige Autohersteller ihre Pläne, doch geschehe dies vor allem, um die Rentabilität und Flexibilität in einem unsicheren Umfeld zu bewahren. Die kurzfristigen Probleme, wie das schwächelnde Verkaufswachstum von Elektrofahrzeugen, seien seiner Meinung nach nur vorübergehend. Langfristig sei die Elektrifizierung der Automobilindustrie jedoch alternativlos. Luman betont, dass die Umstellung der Fahrzeugportfolios weiter vorangetrieben werden müsse, um die Position der Hersteller auf den Märkten der nächsten Dekade zu sichern.

Redaktion finanzen.net

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