Milliarden-Fusion

Lithiumhersteller Allkem und Livent schließen sich zusammen: Folgt nun eine Fusions- und Übernahmewelle in der Lithiumindustrie?

30.05.23 22:42 Uhr

Lithiumhersteller Allkem und Livent schließen sich zusammen: Folgt nun eine Fusions- und Übernahmewelle in der Lithiumindustrie? | finanzen.net

Die Lithiumproduzenten Allkem und Livent wollen sich bis Ende des Jahres zu einem neuen Unternehmen zusammenschließen. Damit wollen die beiden Unternehmen künftig den drittgrößten Lithiumproduzent der Welt bilden. Für die Branche dürfte der Deal aber einiges an Veränderung nach sich ziehen.

• Milliarden-Zusammenschluss zwischen Allkem und Livent
• Lithiumcarbonat im Preis gefallen
• Weitere Übernahmen und Fusionen zu erwarten



Allkem und Livent geben Milliarden-Deal bekannt

Erst kürzlich gaben die beiden Lithiumproduzenten Allkem und Livent ihre Fusion bekannt. Aus dem Zusammenschluss soll einer gemeinsamen Pressemitteilung zufolge ein neues Unternehmen mit einem Wert von insgesamt 10,6 Milliarden US-Dollar entstehen. Die Transaktion soll bis zum Jahresende 2023 abgeschlossen sein. Ein neuer Unternehmensnamen wurde noch nicht genannt.

"Ich bin gespannt auf das, was vor uns liegt, wenn Livent und Allkem ihre Kräfte bündeln, um den Übergang zu Elektrofahrzeugen, sauberer Energie und einer nachhaltigeren Zukunft zu unterstützen", so Livent-CEO Paul Graves in der Mitteilung. "Wir freuen uns darauf, eine noch größere Rolle bei der Beschleunigung der Dekarbonisierungspolitik zu spielen, indem wir das Lithium bereitstellen, das für diese entscheidende globale Energiewende benötigt wird." Graves wird seine Führungsrolle behalten und auch den neuen Konzern leiten.

"Bedeutender Meilenstein"

Martín Pérez de Solay, CEO von Allkem, wird derweil Beratungsleistungen erbringen, um die Zusammenführung der beiden Lithiumgrößen zu erleichtern. "Der Zusammenschluss von Allkem und Livent ist eine Umstrukturierung mit überzeugender strategischer Logik und stellt einen bedeutenden Meilenstein in unseren Bemühungen um das Wachstum des Unternehmens dar", äußerte sich Pérez de Solay im Rahmen der Ankündigung. "Wir führen zwei sich hervorragend ergänzende Geschäftsbereiche zusammen, um ein weltweit führendes Unternehmen für Lithiumchemikalien zu schaffen, das auf Allkems nachweislicher Integrationserfahrung aufbaut."

Hauptaktiennotierung in New York geplant

Allkem hat seinen Sitz im australischen Brisbane, weshalb die die Allkem-Aktie derzeit noch an der Australian Stock Exchange (ASX) gelistet ist. Die Livent-Zentrale ist hingegen in Philadelphia im US-amerikanischen Bundesstaat Pennsylvania zu finden. Aktien des Lithiumherstellers werden an der NYSE gehandelt. Nach der Fusion zwischen den beiden Unternehmen sollen die Anteilsscheine dann exklusiv an der Wall Street zuhause sein. Allkem-Aktionäre halten dann etwa 56 Prozent des fusionierten Unternehmens, Livent-Investoren werden die restlichen 44 Prozent besitzen.

Einsparungen in Millionenhöhe erwartet

Das neue Unternehmen wird nach dem erfolgreichen Abschluss des Milliarden-Deals Minen in Argentinien und Kanada besitzen. Die gemeinsame Produktion im Jahr 2023 soll sieben Prozent des weltweiten Angebots entsprechen. Gemessen an der geschätzten Produktionskapazität bis 2027 wollen Allkem und Livent zum drittgrößten Lithiumproduzenten der Welt werden.

Von der Fusion erhoffen sich die beiden Konzerne jährlich vorsteuerliche Einsparungen in Höhe von 125 Millionen US-Dollar sowie einmalige Kapitaleinsparungen über 200 Millionen US-Dollar. Dies liege vor allem an der Nähe der bereits bestehenden Anlagen zueinander, sowie dem gemeinsamen Ausbau der bisherigen Minen in Argentinien und Kanada. Außerdem rechnen die Unternehmen mit weiteren positiven Effekten der Fusion über das Jahr 2027 hinaus.

Unruhe in der Branche

Die Fusion von Allkem und Livent ist nur eine von vielen Zusammenschlüssen und Übernahmeversuchen in der Lithiumbranche, wie "Bloomberg" berichtete. Der Marktführer Albemarle buhlt derzeit um die Gunst der australischen Liontown Resources, der chinesische Mitbewerber Tianqi Lithium scheiterte derweil an der Übernahme von Essential Metals und die Fortescue Metals Group will das Lithiumvorkommen in Südamerika untersuchen, so die Nachrichtenagentur. Auch das britische Bergbauunternehmen Rio Tinto galt als Interessent für Allkem, nun hat sich Livent aber offenbar durchsetzen können.

Preisverfall bei Lithiumcarbonat

Der Grund für den Übernahme-Trend ist laut Bloomberg im starken Preisverfall von Lithiumcarbonat zu finden. Die halbverarbeitete Lithiumverbindung wird vor allem für E-Auto-Batterien verwendet. Für viele Branchengrößen sind Übernahmen und Fusionen für den Ausbau von Produktionskapazitäten jedoch profitabler als Herstellungslösungen vollständig neu zu entwickeln. In den letzten Monaten litten außerdem die Aktienkurse einiger Bergbauunternehmen unter den sinkenden Preisen, was diese nun zu attraktiveren Übernahmezielen macht.

Vorteile durch den US Inflation Reduction Act

Darüber hinaus könnte auch der Inflation Reduction Act der US-Regierung die Fusion zwischen Allkem und Livent vorangetrieben haben. Das bereits 2022 verabschiedete Gesetz soll nicht nur die hohen Verbraucherpreise abfedern, sondern beinhaltet auch Investitionen in die Energieproduktion und Fertigung sowie die Reduktion Kohlenstoffemissionen. In Bezug auf E-Autos muss ein bestimmter Anteil an verarbeitenden Mineralien in Batterien aus Ländern gewonnen oder verarbeitet werden, die sich dem Freihandelsabkommen der USA angeschlossen haben. Bislang gilt dies für Kanada, Bloomberg zufolge sei aber denkbar, dass sich auch Argentinien und die USA auf ein solches Abkommen einigen.

Weitere Impulse erwartet

"Dies ist äußerst positiv für die Lithiumindustrie", kommentierte Benchmark Mineral Intelligence-CEO Simon Moores den Deal zwischen Allkem und Livent auf seinem Twitter-Profil.

"Die Lithiumproduzenten müssen viel größer werden, weitaus ehrgeiziger sein als bisher und die nächste Generation der großen ‚Rohstoff‘-Häuser werden." Und auch der Frankfurter Anlageberater Dr. Reuter Investor Relations hält eine neue Welle von Übernahmen und Fusionen im Sektor für wahrscheinlich, nachdem die Impulse zuvor von Autozulieferern, Batteriekonzernen und traditionellen Bergbauunternehmen ausgingen. "So gibt es weltweit mehrere hundert Lithium-Explorer-, -developer und -produzenten", heißt es in einem entsprechenden Kommentar. "Fusionen und Übernahmen könnten mehr Übersichtlichkeit und Effizienz in die Branche bringen. Zudem erhöht eine größere Produktion auch die Verhandlungsmacht gegenüber möglichen Kunden." Damit dürfte auf die Branche in der Zukunft noch einiges an Bewegung zukommen.

Redaktion finanzen.net

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