Meldeschwelle soll sinken

Deutschland beschließt strengere Prüfung von Auslandsinvestitionen

27.04.21 10:47 Uhr

Deutschland beschließt strengere Prüfung von Auslandsinvestitionen | finanzen.net

Das Bundeskabinett hat grünes Licht für die Pläne von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) gegeben, sicherheitsrelevante Bereiche der Wirtschaft stärker vor dem Einfluss ausländischer Staatskonzerne zu schützen.

Allerdings geht die nun beschlossene 17. Novelle der Außenwirtschaftsverordnung nicht ganz so weit wie urprünglich geplant und nimmt wesentliche Bedenken der Industrie auf. So soll die Meldeschwelle für entsprechende Direktinvestitionen aus dem Ausland von derzeit 25 Prozent auf nur 20 Prozent sinken. Ursprünglich waren 10 Prozent vorgesehen.

Das Wirtschaftsministerium erklärte dazu, das finale Maßnahmenpaket stelle "einen ausgewogenen Kompromiss zwischen sicherheitspolitischen Notwendigkeiten und unternehmerischen Interessen dar". Mit der nicht ganz so niedrigen Prüfschwelle werde nicht nur zusätzliche Bürokratie für zahlreiche Unternehmen verhindert. Davon profitierten insbesondere auch Start-ups und Finanzinvestoren, hieß es.

Novelle tritt schon in wenigen Tagen in Kraft

Die Novelle soll noch in dieser Woche im Bundesanzeiger verkündet werden und am Tag danach in Kraft treten. Der Bundesrat kann zwar Stellung nehmen, hat aber kein Vetorecht. Der Bundestag könnte die Verordnung nur noch nachträglich aufheben.

Mit den neuen Regeln setzt die Bundesregierung die EU-Screening-Verordnung um, die seit Oktober wirksam ist und den Binnenmarkt besser vor chinesischen Staatskonzernen oder US-Multis schützen soll. Übergreifendes Ziel ist, einen Ausverkauf der europäischen Industrie zu verhindern.

Dazu hatte die Bundesregierung bereits im Mai 2020 das strengere Außenwirtschaftsgesetz verabschiedet. Es sollte im Zuge der Corona-Pandemie heimische Impfstoffproduzenten, Arzneimittel- und Maskenhersteller stärker vor ausländischem Zugriff schützen. Nun fallen auch Hoch- und Zukunftstechnologiesektoren unter die intensivere Investitionsprüfung wie die Künstliche Intelligenz, autonomes Fahren, Halbleiter, Cybersicherheit, Luft- und Raumfahrt, Nukleartechnologie, Quantentechnologie, Datennetze, Smart-Meter oder Rohstoffe.

KUKA-Übernahme wäre auch jetzt noch erlaubt

Allerdings machte die Bundesregierung auch hier Zugeständnisse an die Wirtschaftsverbände, die vor zu viel Prüfaufwand gewarnt hatten: So fallen die meisten Produzenten von Industrierobotern oder 3D-Druckern nicht mehr unter die Verordnung, es sei denn, sie betreffen sicherheitssensible Bereiche der kritischen Infrastruktur. Die vor drei Jahren heftig umstrittene Übernahme des Roboterherstellers KUKA durch chinesische Investoren wäre damit auch weiterhin möglich.

Leicht verschärft wird die Investitionsprüfung aber mit Blick auf den Hinzuerwerb: Demnach wirft der Staat künftig nicht nur bei der erstmaligen Beteiligung an einem deutschen Unternehmen einen kritischen Blick auf das Geschehen, sondern auch bei darauffolgenden, aufstockenden Investitionen. Auch werden die Möglichkeiten, Stimmrechtsanteile verschiedener Investoren zusammenzurechnen, erweitert. Dies gilt insbesondere für den Fall, dass sämtliche Investoren durch den gleichen Drittstaat kontrolliert werden. Gleichzeitig werden im Waffensektor nicht mehr nur Übernahmen von bestimmten, sondern künftig von allen Rüstungsgütern schärfer unter die Lupe genommen.

Im vergangenen Jahr verbot der Staat nur eine einzige Übernahme

Tatsächlich aber führen die strengeren Investitionsprüfungen nicht zwangsläufig zu mehr Verboten. Im vergangenen Jahr, als das strengere Außenwirtschaftsgesetz verabschiedet wurde, untersuchte der Staat etwa 190 angemeldete ausländische Direktinvestitionen, die meisten aus den USA und China. Allerdings wurde nur ein einziger Erwerb untersagt. In 15 Fällen - einige davon noch aus dem Vorjahr - wurden öffentlich-rechtliche Verträge abgeschlossen.

Mit dem Gesetz waren erstmals auch staatliche Prüfungen eingeführt worden, wenn der ausländische Erwerb die öffentliche Sicherheit in Deutschland oder Europa "voraussichtlich" beeinträchtigen könnte. Zuvor war nur eine "tatsächliche Gefährdung" maßgeblich.

DJG/pso/apo

BERLIN (Dow Jones)

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