MARKT-AUSBLICK/Neubewertung bei KI - Seitwärtsbewegung voraus

31.01.25 12:03 Uhr

DOW JONES--Auf eine eher besinnliche Woche nach einem aufregenden Januar sollten sich Anleger zum Start in den Februar einstellen. Nach dem kurzen Crash der Technologiewerte, der kräftigen Erholung danach, Zins-Entscheidungen von Fed und EZB und diversen politischen Aufregern käme etwas Ruhe vielen professionellen Marktteilnehmern gelegen. Die Volatilität muss erst raus aus den Märkten, bis sich neue verlässliche Trends bilden können.

Wer­bung

Der starke Januar war ohnehin für viele Anleger überraschend. Mit fast 9 Prozent Plus legte er stärker zu als manchmal gesamte Jahre. Nicht wenige Fondsmanager fragen sich daher, woher die Argumente für noch mehr Kursgewinne kommen sollen. Bei ihnen dürfte eine eher vorsichtige Einschätzung Einzug halten, die sich mehr um die Sicherung der bisherigen Gewinne kümmern wird.

Große Seitwärtsbewegung voraus - Über 22.000 wird es eng für DAX

Per Saldo dürften die Märkte in eine große Seitwärtsbewegung übergehen. Die Zeit des einfachen Trendfolgens ist damit vorbei. Argumente dazu gibt es sowohl von technischer als auch fundamentaler Seite: So sehen Technische Analysten im DAX noch ein letztes Bein nach oben, das den Index geschmeidig über die 22.000er-Marke schieben dürfte. Danach sei das Potenzial aber ausgereizt, der laufenden "Flaggen"-Formation müsse eine Konsolidierung folgen. Vorgemacht hat dies bereits die KI-Hype-Aktie Nummer Eins, Nvidia. Sie läuft schon seit Herbst letzten Jahres nur noch seitwärts und warnte rechtzeitig, dass die Luft aus dem Themen-Investment entwichen ist.

Wer­bung

Nun wird es anstrengend - Selektive Einzelbewertung der Aktien

Die heftige Marktreaktion auf den chinesischen Newcomer Deepseek am vergangenen Montag war nur die Selbsterkenntnis der Anleger, dass man sich die Sache zu lange schön geredet hatte. Denn neu war an Deepseek gar nichts: Schon seit Weihnachten war das Modell öffentlich nutzbar und jedem Branchenkenner bekannt. Über die möglichen Kosteneinsparungen gegenüber den milliardenteuren US-KI-Investitionen war auch ausreichend berichtet worden. So sprach Chinas Einzelhandelsriese Ali Baba Anfang Januar von bis zu 85 Prozent.

Für den Aktienmarkt ist das nicht negativ, aber anstrengend - notwendig ist nun eine komplette Neubewertung der KI-Investitionen. Goldman Sachs hatte dies bereits im Juni 2024 gesehen und in einer Studie gewarnt "Zu viel Ausgaben - Zu wenig Nutzen". MIT-Professor Daron Acemoglu warnte darin, dass sich die Investitionen in KI womöglich nie wieder einspielen lassen.

Wer­bung

Kaum Zahlungsbereitschaft bei Kunden für KI

Passend dazu zeigt sich immer wieder, dass Kunden nicht bereit sind, für KI zu zahlen: So beschwerte man sich bei ChatGPT Anfang Januar, dass selbst das teure 200-Dollar-Abo nicht kostendeckend sei. Und bei Microsoft revoltierten die Kunden wegen einer 30-prozentigen Preiserhöhung für Office365. Denn für den angeblichen Grund - bessere KI-Funktionen bei Copilot - sind sie nicht bereit zu zahlen.

Fundamental dürfte die kommende Seitwärtsbewegung daher von Sektorrotation und kompletter Differenzierung der Einzelaktien getragen werden. Alle Aktien dürften darauf abgeklopft werden, wie hoch ihre Investitionen sind und welche Zahlungsbereitschaft dafür bei Kunden besteht.

Neubewertung der Tech-Werte - Selbst Underperformance denkbar

Auch innerhalb der Branche wird nun genau unterschieden: Falls es sich bestätigt, dass DeepSeek ein sehr gutes Modell mit niedrigeren Kosten ist, würde der Markt für KI-Chips und Datenzentren weniger stark wachsen als angenommen. Dann kämen auch die Gewinnmargen von Nvidia unter Druck, meint Investmentexperte Jan Viebig von Oddo BHF.

Die Strategen der UBS sehen in ihrer Liste der "10 Überraschungen für 2025" daher sogar das Risiko einer Unterperformance der Tech-Werte.

Dass die Differenzierung schon voll im Gange ist, zeigte die Kursreaktion auf Zahlen von Microsoft und Apple, die nach dem Deepseek-Schreck kamen. Microsoft wurden abgestraft, weil es in der Cloud nicht wie erwartet läuft. Umgekehrt stieg die weniger tech-, sondern konsumlastige Apple-Aktie kräftig an.

Sektorrotation in die Konjunktur

In der laufenden Berichtssaison kommende Woche werden Anleger die Quartalsberichte also noch genauer sezieren als bisher. Kursausschläge nach beiden Seiten dürften dann die Folge sein. Was in den Aktien-Indizes wiederum die typische Grundlage für eine Seitwärtsbewegung ist.

Speziell in Deutschland dürften ausländische Anleger immer stärker das Risiko der bevorstehenden Neuwahl einpreisen. Die Sektorrotation heraus aus Tech- und hinein in zyklische Aktien dürfte sich fortsetzen. Stärker in den Fokus rücken damit die Konjunkturindikatoren, vor allem die globalen Einkaufsmanager-Indizes (PMI). Sollten ihre Revisionen nach oben zeigen, dürften Konjunktur-Aktien weiter steigen. Besonders der DAX könnte von so einer Rotation profitieren.

In den USA stehen dazu die wichtigen ISM-Indizes an. Der große monatliche US-Arbeitsmarktbericht dürfte dagegen keine Rolle spielen. Denn die wichtige Fed-Zins-Entscheidung ist gerade erst gefallen, die nächste steht frühestens im März an. Auch die zahlreichen Reden von Fed-Sprechern dürften nur bestätigen, was die Notenbank bereits sagte.

Kontakt zum Autor: maerkte.de@dowjones.com

DJG/mod/cln

(END) Dow Jones Newswires

January 31, 2025 06:04 ET (11:04 GMT)