Bayer-Aktie schwächelt: Bayer-Chef Anderson gesteht Defizit in Pharma-Forschung ein - Bayer spielte Aufspaltungsszenarien durch
Bayer-Chef Bill Anderson führt die dünne Produktpipeline in der Pharmasparte nach dem plötzlichen Aus einer wichtigen Studie auch auf zu geringe Investitionen in der Vergangenheit zurück.
"Wir hatten einige Jahre mit Unter-Investitionen bis etwa 2018", sagte der Chef des DAX-Konzerns im Interview der "Financial Times" ("FT"/Sonntag). Bayer habe in der Zeit keine neuartigen Moleküle erforscht und nicht die wirklich wichtigen Ziele verfolgt. Die Folge sei, dass die Pipeline weit entwickelter Medikamente dünn sei im Vergleich mit den auslaufenden Patenten der kommenden Jahre. Er könne nicht korrigieren, was vor acht oder zehn Jahren nicht passiert sei.
Anfang vergangener Woche hatte der plötzliche Abbruch einer wichtigen Studie mit dem Gerinnungshemmer Asundexian die Anleger des Konzerns schockiert, sie ließen die Aktie an einem Tag um 18 Prozent fallen. Asundexian galt als Blockbuster-Hoffnung der Leverkusener mit erwarteten Spitzenumsätzen von mehr als fünf Milliarden Euro jährlich. Zumindest in der wichtigen Indikation der Behandlung von Patienten mit Vorhofflimmern und Schlaganfallrisiko wird daraus nun wohl nichts mehr, weil sich Asundexian in der abgebrochenen Studie nicht gegen die Standardbehandlung behaupten konnte.
Anderson sieht die Forschung und Entwicklung im Konzern nach einer Neujustierung der Strategie vor fünf Jahren aber auf Kurs. Mit der neuen Entwicklungsstrategie werde der Konzern die aktuellen Schwierigkeiten mit der Zeit meistern. "Das hier ist ein Geschäft mit Lebenszyklen von zehn bis fünfzehn Jahren", sagte der Manager. "Zwei der Unternehmen, welche die niedrigsten Forschungs- und Entwicklungsausgaben vor einem Jahrzehnt hatten, waren Eli Lilly und Novo Nordisk", sagte er. Beide feiern aktuell mit ihren Medikamenten rund um Diabetes und Gewichtsreduktion große Erfolge. "Das sind heutzutage zwei der wertvollsten Pharmakonzerne weltweit", sagte Anderson.
Kreise: Bayer spielte Aufspaltungsszenarien durch
Der unter Druck stehende Chemie- und Pharmakonzern Bayer hat Kreisen zufolge mehrere Aufspaltungsszenarien durchspielen lassen. Zwei verschiedene Banken-Teams hätten dabei die Vor- und Nachteile sondiert, berichtete die Nachrichtenagentur Bloomberg am Montag unter Berufung auf informierte Personen. Das eine Team habe dabei eine Kampagne von Aktivisten simuliert, die auf eine Aufspaltung drängten, das andere Team beriet, wie auf eine solche Forderung zu reagieren sei. Bayer sei zu dem Schluss gekommen, dass eine Reaktion auf ein solches mögliches Ansinnen vermieden werden sollte, bis das Unternehmen selbst seine strategische Überprüfung abgeschlossen habe. Damit solle auch das Schüren von Erwartungen von Aktionären verhindert werden.
Die Simulation habe vor der Veröffentlichung der Zahlen zum dritten Quartal und den jüngsten Rückschlägen im Zusammenhang mit Rechtsstreitigkeiten um den Unkrautvernichter Glyphosat sowie bei der Entwicklung neuer Medikamente stattgefunden. Neue Erkenntnisse hätte sie aber nicht gebracht.
So reagiert die Bayer-Aktie
Aktien von Bayer haben am Montag ihren Abwärtstrend auf dem niedrigsten Niveau seit 2006 fortgesetzt. Vor allem in der Stunde vor dem Handelsschluss kam wegen eines Berichts der Nachrichtenagentur Bloomberg über schwierige Szenarien für eine Aufspaltung Abwärtsdruck auf. Diese wird neuerdings unter Investoren als Möglichkeit thematisiert. Zum Handelsschluss fielen sie via XETRA um 3,02 Prozent auf 31,66 Euro. Das Jahresminus beträgt nunmehr 34,5 Prozent. Damit wird der Abstand zum bislang schlechtesten Indexwert in diesem Jahr immer kleiner. Siemens Energy kommt aktuell auf ein Minus von mehr als 38 Prozent.
Wie es in dem Bericht unter Berufung auf Kreise heißt, hat der Chemie- und Pharmakonzern mehrere Teams mit Experten gebildet, die sich in einer Strategiesimulation mit Szenarien einer Aufspaltung beschäftigt haben. Im Ergebnis sei dabei klar geworden, dass umfassende Veränderungen im kriselnden deutschen Konzern nicht einfach sein wären. Die Debatte um die künftige Konzernstruktur steht derzeit bei Bayer im Fokus. Unternehmensangaben von Anfang November zufolge befasst sich der Konzern derzeit mit verschiedenen Optionen: etwa mit einer Trennung von der Sparte Consumer Health und/oder der Sparte Crop Science.
/men
LONDON/LEVERKUSEN (dpa-AFX)
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