Kopf der Woche

Marc Faber: Die kleinen Fehler eines großen Gurus

24.01.11 06:00 Uhr

Wegen seiner düsteren Prognosen ist Marc Faber weltweit als Dr. Doom bekannt, die Schar seiner Anhänger ist groß. Doch die Performance des Schweizer Fondsmanagers glänzt nicht immer.

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von Samuel Gerber, Euro am Sonntag

Eurokrise, US-Defizit, Währungskrieg: In den vergange­nen Börsenmonaten war Marc Faber in seinem Element. Denn alles entwickelte sich so, wie „Dr. Doom“ es voraussagte – was ihn erst recht in der Meinung bestärkt, dass alles noch viel schlimmer wird. „Sie werden kaum jemanden finden, der einen negativeren Ausblick auf die langfristige wirtschaftliche, geopolitische und gesellschaftliche Entwick­lung hat als ich“, erklärt der Investor mit Schweizer Wurzeln.

Und Faber wäre nicht Faber, wenn er nicht in aller Öffentlichkeit jenen an den Karren fahren würde, die seiner Meinung nach die Schuld an der Malaise tragen. US-Notenbankchef Ben Bernanke? Gehört entlassen. Barack Obamas Finanzreform? Reine Show. Griechenland? Hätte man am besten gleich aus der EU werfen sollen.

Es sind treffende Worte, wie sie gerade Kleinanleger lieben. Denn wer sonst traut sich in der verschwiege­nen Finanzbranche, den Mächtigen so deutlich seine Meinung zu sagen – und wer sieht zugleich mit solcher Treffsicherheit den nächsten Crash voraus? Kein Wunder, ist der 64-­jährige Unternehmer, Fondsmanager und Buchautor bei Börsianern Kult.

Allerdings nicht bei allen. Altgediente amerikanische Fondsmanager tragen Faber immer noch nach, dass er 1999 dazu überging, die Technologieaktien am amerikanischen Nasdaq-Index leer zu verkaufen. Der Aufruf zu „Short“ kam jedoch zu früh, wie sich herausstellte. Bis die Techblase im März 2000 tatsächlich platzte, legten diese Werte nochmals einen guten Lauf hin. Fabers Kunden entgingen schöne Gewinne – wie hoch diese waren, will er nicht sagen. Die Rede ist von Millionen.


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Auch nach der Jahrtausendwende zeigt der Blick auf verschiedene ­Faber-Fonds – solche, die er selbst führt, oder solche, die er berät –, dass auch er den Kräften des Marktes nicht in jedem Fall zu trotzen vermag. Faber mag ein Börsenguru sein, unfehlbar ist er nicht.

Über seinen Missgriff von 1999 sagt Faber mit der für ihn typischen, entwaffnenden Ehrlichkeit: „Dass ich die Techaktien zu früh geshortet habe, bleibt ein großer schwarzer Fleck in meiner Karriere.“ Die Erfahrung sei schmerzhaft gewesen, habe ihn aber auch viel über seine eigenen Schwächen und über Investment­hypes gelehrt. Nach 2000 seien seine Anlagen jedoch sehr erfolgreich gewesen, so Faber. „Die Verluste von damals sind heute nur noch ein böser Traum.“ Genau lässt sich dies nicht überprüfen. Denn Fabers eigene Investmentfirma, die Marc Faber Ltd., weist keine Performancedaten aus.

Die Episode war schnell vergessen. Im ersten Jahrzehnt des neuen Jahrtausends rissen sich große Namen um Faber. So sitzt der Rohstoffspezialist in den Verwaltungsräten verschiedener Minenkonzerne wie Ivanhoe Mines und Nova Gold. Auch die Credit Suisse wurde bei Dr. Doom vorstellig. Die Großbank wollte sich das Wissen des langjährigen Asien-Kenners zunutze machen und engagierte ihn 2004 als Berater für den damals neu lancierten Fonds CS Total-Return Asia Pacific.

Für das Management des Fonds zeichnete kein Geringerer als Peter Sartori verantwortlich, damals Head of Asian Equity von Credit Suisse ­Asset Management. Mit dem Australier verbindet Faber noch heute eine Freundschaft. Das gemeinsam geführte Vehikel, das in Aktien und Anleihen aus Südostasien investierte, startete aber verhalten: Das Jahr 2004 beendete es knapp im Minus. Sartoris Ziel war dagegen eine jährliche Wertsteigerung von rund fünf Prozent. Und wären es mehr geworden, hätten er und Faber zehn Prozent Gewinnbeteiligung erhalten. Bereits Anfang 2005 verließ Sartori die CS. Er ist heute Chefstratege beim Vermögensverwalter Treasury Asia Asset Management. 2008 ver­kaufte Credit ­Suisse den Fonds an Aberdeen.

Warum sich die Großbank vom berühmten Börsenguru trennte, will sie nicht kommentieren. Auch Faber und Sartori äußern sich nicht näher zu den Vorgängen. Sicher ist, dass der ehemalige Fondsmanager nicht auf Faber verzichten wollte. Für den 2005 lancierten TAAM New Asia Fund verpflichtete Sartori den Schweizer erneut als Berater; auch hier wird Faber ein Teil der Performancegebühr zugestanden. Der Aktienfonds, der nach fundamentalen Ansätzen investiert, erzielte seit Gründung eine Rendite von knapp sechs Prozent – nicht genug, um den Vergleichsindex MSCI AC Asia ex Japan mit seinen gut sieben Prozent zu schlagen.

Gemischt ist auch das Ergebnis des Löwenfonds Asian Real Estate Stocks and REITS der Löwengruppe Holding. Das Unternehmen mit Büros in Vaduz und Zürich wirbt auf seiner Website ganz offen mit dem Beratungsmandat von Marc Faber und lässt seinen Asian-Real-Estate-Fonds gar aktiv von dem Schweizer betreiben. Das für Privatanleger zugängliche Vehikel verwaltet indes ein vergleichsweise geringes Vermögen von drei Millionen Franken, was Faber selbst wenig Freude bereitet. „Der Fonds ist klein, weshalb die Kosten ins Gewicht fallen.“

Trotzdem macht Faber weiter. „Wir erhalten von Herrn Faber jeweils einmal im Monat Anweisungen via E-Mail, welche Transaktionen vorgenommen werden sollen“, sagt Löwenfonds-Chef Aldo Theler. 2010 legte das Vehikel eine Performance von über 30 Prozent hin. 2007 lag der Fonds jedoch vier Prozent im Minus, 2008 stand der Buchverlust gar bei 27 Prozent.

Faber hatte zwar rechtzeitig vor der aufkommenden Finanzkrise gewarnt, konnte sich als Fondsmanager deren Folgen jedoch nicht ent­ziehen.

Seiner Beliebtheit als Börsenorakel tut dies keinen Abbruch. Die Leit­medien der Finanzwelt bitten ihn regelmäßig zu Interviews. Fabers „Gloom, Boom & Doom-Report“ zur Börsenlage, der für 600 Dollar pro Jahr abonniert werden kann, zählt mehrere Tausend Leser. Und als Redner tourt er durch die ganze Welt.

Auch in der Schweiz sorgen seine Auftritte regelmäßig für volle Säle; laut Kennern der Eventszene kann Faber hierfür mit Gagen zwischen 8000 und 20 000 Franken rechnen. Summen, die selbst ein kleineres Geldhaus wie die Basellandschaftliche Kantonalbank offenbar gern ausgibt: Sie lud Faber vergangenen November zu einem Referat auf die Messe Basel ein.

Tatsächlich wird Faber von allen seinen Zuhörern ein großes Rednertalent attestiert. Den Starstatus unterstreicht Faber noch mit seinem ­paradiesvogelhaften Auftreten: das sorgsam gepflegte Pferdeschwänzchen, der lässige Umgang mit Dresscodes – Journalisten empfängt Faber in seiner Villa im thailändischen Chiang Mai schon mal im T-Shirt – und die legendäre Trinkfestigkeit.

All dies zementiert seinen Status als Guru der Finanzmärkte, den er selbst herunterspielt: Das sei ein von den Medien gefördertes Stereotyp. Informierte Kreise wüssten dagegen um sein Doktorat in Wirtschaft an der Universität Zürich und um seine Kompetenz als Investor. „Ihnen ist bekannt, dass ich etwas von Wirtschaft verstehe. Nicht alles – aber in aller Bescheidenheit etwas mehr als Herr Bernanke“, so Faber.

Und obwohl gerade junge Leute ihn bewunderten, sehe er sich „keine Sekunde als Vorbild“. Trotzdem gibt er gern Karrieretipps: „Heutzutage muss man seine Technik alle fünf bis zehn Jahre wechseln“, rät er. Und fügt hinzu: „Freundinnen sollten nach maximal zwei Jahren gewechselt werden.“

Treu bleibt Faber seinem Ruf als Kassandra der Börsen. Auch für das Jahr 2011 warnt er wieder: „Die derzeit größte Blase ist das Haushalts­defizit der USA, welches auf längere Sicht die Zinsen auf US-Staatsanleihen ansteigen lassen und die Ver­einigten Staaten in den Bankrott ­treiben wird.“ Auch bei einigen Rohstoffen und Schwellenländern könnte bald eine Blase platzen. „In China gibt es eine Blase, doch ich bin nicht sicher, ob sie morgen oder erst in drei Jahren platzt.“

Und ganz zuletzt zeigt sich Faber doch noch als Optimist. Nämlich was die Chancen von Edelmetallen, Aktien und Immobilien angeht, wenn es an den Märkten erneut zum Ernstfall kommt. „Dort ist das Geld besser angelegt als in Cash oder in US- und Schweizer Staatsanleihen.“

Zur Person:

Marc Faber
Der gut vernetzte Dr. Doom

Erstes Aufsehen erregte Faber, als er 1987 rechtzeitig vor dem „schwarzen Montag“ warnte. Früh erkannte er auch die Japan-Krise 1990 und die Dotcom-Blase von 2000. 2006 wies Faber auf die Verwerfungen am US-Immobilienmarkt hin. Schon am Anfang seiner Karriere bei White Weld in New York arbeitete Faber mit einem jungen Händler zusammen: Oswald Grübel − heute Chef der UBS. Faber berät Fonds und sitzt im Verwaltungsrat von Rohstoffunternehmen wie Ivanhoe Mines und Nova Gold.

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