Directors Dealings - Sollte man Aktien verkaufen, wenn es die Führungskräfte tun?
Wenn Führungskräfte mit den Wertpapieren ihres eigenen Arbeitsgebers handeln, entbrennt unter den Investoren stets eine Debatte über die Relevanz derartiger Transaktionen. Dabei werden die Intentionen der Insider häufig falsch gedeutet.
• Insider-Verkäufe sind nicht per se negativ
• Verkaufsgründe sind oft undurchschaubar
• Fokus sollte auf Insider-Käufen liegen
Von sogenannten Directors Dealings oder Insider-Transaktionen ist immer dann die Rede, wenn Führungskräfte mit Aktien, oder mit sich darauf beziehenden Derivaten, ihres Unternehmens oder der Muttergesellschaft handeln. Zu dem Kreis der Insider zählen dabei alle Personen, die innerhalb des Konzerns mit gewissen Führungsaufgaben betraut sind. Dazu zählen beispielsweise die Mitglieder eines Aufsichts-, Leitungs- oder Verwaltungsorgans sowie Gesellschafter und sonstige Personen mit einem ständigen Zugang zu Insiderinformationen.
Ein Terminus mit Beigeschmack
Wenn die meisten Menschen von Insider-Verkäufen hören, denken sie häufig sofort an Fälle wie den Finanzskandal rund um den US-Börsen-Spekulanten Ivan F. Boesky in den 1980er-Jahren und den davon inspirierten Filmcharakter Gordon Gekko aus dem Oliver-Stone-Film Wall Street. In der Realität sind jedoch die wenigsten Insider-Käufe bzw. Verkäufe so spektakulär oder gar illegal.
Verkaufen Manager im großen Stil Aktienpakete ihres eigenen Arbeitsgebers, wird dies von Privatanlegern häufig als Verkaufssignal gewertet. Diese Annahme ist zwar nicht grundlegend falsch, jedoch auch nicht so eindeutig, wie viele meinen. "Die Überlegung ist, dass Führungskräfte eine Innenansicht ihres Unternehmens haben, wissen, wie es im Unternehmen läuft", so Franz-Josef Leven vom Deutschen Aktieninstitut in Bezug auf die Deutung von Insider-Transaktionen.
Die Gründe für Insider-Transaktionen können vielseitig sein
Allerdings ist es für den Privatanleger fast unmöglich, einen Insider-Kauf oder -Verkauf zu bewerten bzw. die richtigen Beweggründe in Erfahrung zu bringen. Denn häufig haben die Directors Dealings keinerlei Zusammenhang mit der vorherrschenden Bewertung der Aktie. In der Konsequenz können Aktienkäufe beispielsweise schon im Arbeitsvertrag der jeweiligen Führungskraft festgeschrieben sein. "Es gibt viele Unternehmen, die ihre Aufsichtsräte verpflichten, einen Teil ihrer Vergütung in Aktien des eigenen Unternehmens zu investieren, um Commitment zu demonstrieren", so der DWS-Geschäftsführer Marc Tüngler. "Ein Erwerb hat hier also keinerlei Aussagekraft hinsichtlich der operativen Entwicklung im Unternehmen", meint dabei auch der Vermögensberater Adrian Roestel aus München.
Insider-Verkäufe können aus sehr verschiedenen Gründen zustande kommen, dabei ist aber nicht jede Veräußerung ein problematisches Zeichen für die Aktionäre. Beim Verkauf von Anteilsscheinen aus Mitarbeiter-Bonus-Programmen werden beispielsweise die Managergehälter in einen festen und einen variablen Teil untergliedert. Sofern explizite Unternehmensziele erreicht worden sind, erhalten die Führungskräfte so zusätzliche Anteilsscheine oder Aktien-Optionen. Als variabler Bestandteil des Lohns werden diese Aktien häufig jedoch zurück in Bargeld umgewandelt und dementsprechend an der Börse veräußert.
Gerade bei kleineren und noch relativ jungen Unternehmen kann es von Seiten der Führungsebene auch zu Verkäufen zwecks Risikostreuung kommen. Denn für Gründer oder Alteigentümer, die ihr Vermögen zum größten Teil in der eigenen Firma gebunden haben, kann es durchaus sinnvoll sein, Anteilsscheine zu veräußern, um das eigene Portfolio zu diversifizieren. Daneben gibt es auch viele prominente Insider, die ihre eigenen Unternehmensbeteiligungen nach einem streng festgelegten Plan veräußern, um regelmäßig frische Liquidität zu generieren. Die Gründe für einen Insider-Verkauf können somit auch privater Natur sein. "Vielleicht will der Manager ein Haus bauen oder seiner Tochter ein Auto kaufen", so Franz-Josef Leven.
Klare Verkaufssignale für Investoren
Neben vielen Verkaufsgründen, die mit dem operativen Geschäft des Unternehmens nichts zu tun haben, gibt es natürlich auch Ursachen, die sehr wohl mit dem Geschäftsverlauf zusammenhängen. So kann es beispielsweise dazu kommen, dass Insider die eigenen Aktien für überbewertet halten oder von einer negativen Geschäftsentwicklung ausgehen und sich aus diesem Grund von ihren Anteilen verabschieden. Ein derartiges Motiv wäre damit auch ein klares Verkaufssignal für den Privatanleger.
Ein weiterer Fall, in dem von Insider-Verkäufen ein problematisches Zeichen ausgeht, ist, wenn die Unternehmensführung ein großangelegtes Aktienrückkaufprogramm verkündet und das Management die Preiserhöhungen an der Börse, welche sich in der Regel nach solch einer positiven Nachricht sofort bemerkbar machen, ausnutzt, um eigene Aktienbestände aufzulösen. "Wenn Führungskräfte nach der Ankündigung eines Rückkaufs erhebliche Mengen an Aktien abladen, profitieren sie häufig von kurzfristigen Kursschwankungen aus Kosten langfristiger Anleger", so der SEC-Kommissar Robert Jackson in Bezug auf diese sehr fragwürdige Praxis.
Das Management braucht Skin in the Game
Die Vielzahl an möglichen Gründen für einen Insider-Verkauf sind für den Privatanleger dennoch undurchschaubar. Aus diesem Grund meint auch der DWS-Geschäftsführer Tüngler: "Die Meldung eines Kaufs oder Verkaufs allein sollte nicht der Impuls für den Anleger sein zu handeln". Dessen ungeachtet sollten sich langfristige Investoren eher auf Insider-Käufe anstatt auf Insider-Verkäufe konzentrieren, denn wenn ein CEO, Gründer oder Vorstandsmitglied systematisch in das eigene Unternehmen investiert, ist dies ein großer Vertrauensbeweis. Dieser Ansicht ist nicht zuletzt auch der Fondsmanager Nick Clay von Newton Investment aus London, der sagt: "Wir möchten auf jeden Fall, dass das Management Skin in the Game hat und bereit ist, sein eigenes Geld zu verwenden, um Aktien zu kaufen".
Pierre Bonnet / finanzen.net
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