Die Stein-Reichen: Kursfantasie bei Immo-Aktien
Die Branche profitiert stark von niedrigen Zinsen und schuldet günstig um. Die Aussicht auf Zusammenschlüsse bei kleinen Unternehmen bringt den Aktien Kursfantasie.
Werte in diesem Artikel
von Klaus Schachinger, Euro am Sonntag
Geschafft. Zum Start der Branchenmesse Expo Real am 6. Oktober in München erhält Deutschlands Immobiliensektor endlich auch an der Börse mehr Aufmerksamkeit.
Die Nummer 1 bei Wohnimmobilien, Deutsche Annington, wird seit Wochenbeginn im MDAX gehandelt. Mit mehr als fünf Milliarden Euro Börsenwert sind die Bochumer auch an der Börse mit Abstand das größte Unternehmen der Branche.
Kurstreiber Niedrigzins
Der Indexaufstieg des Verwalters von bundesweit 190.000 Wohnungen dürfte die Aufmerksamkeit der Anleger noch erhöhen. Mit Kurssteigerungen von 20 bis 40 Prozent zählen die Papiere von Unternehmen wie Deutsche Annington, Deutsche Wohnen, Gagfah, LEG Immobilien oder Patrizia seit Jahresbeginn zu den Favoriten der Investoren. Die Rahmenbedingungen stimmen: Für die Unternehmen, bei denen günstige Refinanzierungskosten ein wichtiger Gewinnbringer sind, ist das Dauerzinstief die beste aller Welten.
So gesehen spricht einiges für weiter steigende Notierungen: Die Geldpolitik werde noch für lange Zeit expansiv bleiben, sagt schließlich Mario Draghi, Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB). Anfang des Monats hatte die EZB den Leitzins auf ein Rekordtief gesenkt.
Das günstige Zinsumfeld haben die Konzerne bisher genutzt, um die hohen Schuldenberge aus der Zeit, als Finanzinvestoren die Bilanzen mit Verbindlichkeiten vollpackten, auf Normalmaß zu schrumpfen. Die Zinslast sinkt, es bleibt mehr Geld in den Kassen - etwa für nachhaltige Dividendenzahlungen und hohe Renditen.
Für langfristig orientierte Investoren wie Staatsfonds, Versicherungen, Pensionsfonds oder Versorgungswerke verschiedener Berufsgruppen sind die Aktien der Immobilienkonzerne somit eine Alternative zu Staatsanleihen. Vor allem aus dem Ausland strömt den börsennotierten deutschen Wohnungsgesellschaften viel Geld zu. Nach Branchenschätzungen flossen bisher insgesamt 16 Milliarden Euro, rund zwei Drittel kamen von außerhalb Deutschlands.
Der Zugang zu so viel Geld macht erfinderisch. Die Augsburger Patrizia hat ihren eigenen Immobilienbesitz inzwischen weitgehend verkauft und baut jetzt im Auftrag von Investoren europaweit milliardenschwere Portfolios auf und verwaltet diese.
So profitiert Patrizia von steigenden Mieten in Neubauprojekten, etwa in Städten wie Berlin, München, Frankfurt und Hamburg. "Das ist ein begehrter Markt", sagt Konstantin Kortmann, beim Maklerkonzern Jones Lang LaSalle (JJL) für Wohnimmobilien verantwortlich. Fast eine halbe Milliarde Euro floss im ersten Halbjahr in die Neubauprojekte. Ihr Geschäftsmodell haben die Augsburger aus den USA importiert und sind jetzt damit ein erfolgreicher Pionier in Europa.
Es ist nicht die einzige Innovation. Auch Marktführer Deutsche Annington wagt Neues. Um sich noch günstiger zu refinanzieren, ließ der Konzern seine Bilanz von Ratingagenturen bewerten und ergatterte ein Investment-Grade-Rating, das erste in der Branche.
Zudem wollen die Immokonzerne ihren Eigentümern hohe jährliche Renditen bieten: Als Untergrenze gelten inzwischen drei bis vier Prozent Dividendenrendite plus zwei bis drei Prozent Kurssteigerung. Das kommt bei Investoren, die stabile Geschäftsmodelle mit Dividendenstärke und geringem Risiko suchen, gut an. Ein Indiz: Nach Ablauf der Sperrfrist für Aktien der Deutschen Annington, die der ehemalige Mehrheitsaktionär Terra Firma den Zeichnern seines Private-Equity-Fonds in die Depots gebucht hatte, gab der Kurs kaum nach.
Doch die Wachstumsstrategie in der Branche hat sich geändert. Große Transaktionen von Wohnungsportfolios im Milliarden-Euro-Bereich werden laut Experten auf dem Markt für Wohnimmobilien die Ausnahme sein - der Markt gilt hier als leer gekauft. Gewinnsteigerungen müssen die Konzerne künftig überwiegend über eine effizientere Bewirtschaftung ihrer bestehenden Portfolios erreichen.
Konsolidierungswelle rollt
Bei kleineren Gesellschaften allerdings geht noch was - durch Übernahmen von Konkurrenten. "Wir beobachten eine zunehmende Bereitschaft der Firmen zu Fusionen. Ein wichtiger Treiber dafür ist der im Vergleich zum Gewerbe hohe Anteil der Bewirtschaftungskosten, vor allem bei kleineren Portfolios aus Wohnimmobilien", so Kortmann.
Institutionelle Investoren achten daher auch auf kleinere Aufsteiger. Beispiel Westgrund: Die Berliner haben jüngst ihren Bestand von 7.000 Wohnungen mit ihrem bisher größten Zukauf von 12.000 Apartments auf knapp 20.000 Einheiten fast verdreifacht. Die notwendige Kapitalerhöhung nutzten die Fondsgesellschaften Allianz Global Investors (AGI) und Asset Value Investors zum Einstieg. Künftig sind beide mit jeweils mehr als drei Prozent beteiligt.
Um die Handelbarkeit der Papiere mit Blick auf institutionelle Investoren zu verbessern, verringerte der Westgrund-Großaktionär Klaus Wecken seinen Anteil von knapp 50 auf gut 34 Prozent. Der Anteil frei handelbarer Papiere stieg dadurch auf 50 Prozent.
Westgrund-Chef Arndt Krienen stellt zudem erstmals Ausschüttungen in Aussicht. "Nach der Integration des Portfolios wollen wir ab 2016 Dividenden zahlen und streben eine Rendite von etwa drei Prozent an", sagte er gegenüber dieser Zeitung. Das Portfolio will Krienen in drei Jahren auf 40.000 Einheiten verdoppeln. Die bisherigen Schwerpunkte sind Wohnungen in Niedersachsen und Berlin. "Weil wir darauf achten, dass Zukäufe von Beginn an einen positiven Beitrag zum Gewinn leisten, ist Berlin für uns derzeit zu teuer", sagt Krienen. Neben Niedersachsen bevorzuge man deshalb auch Regionen mit guter demografische Entwicklung in den neuen Bundesländern, etwa Dresden, Halle oder Erfurt.
Der Manager rechnet mit einer Konsolidierung und macht Westgrund mithilfe schlanker Strukturen für Interessenten attraktiver. Das dürfte auch im Interesse des Großaktionärs Klaus Wecken sein. Der Schweizer hält zudem zehn Prozent am Konkurrenten Adler Real Estate, der sich jüngst die kleinere Immobilienfirma Estavis geschnappt hat. Adler und Westgrund ergänzen sich gut, sagen Experten. Für Wecken läuft es daher wie gewünscht.
Auf Konsolidierung setzt auch TAG-Immobilien-Chef Rolf Elgeti - und zeigt sich offen für eine Übernahme von TAG durch einen Konkurrenten. Elgeti kündigte wenig später seinen Wechsel in den Aufsichtsrat an. Der Ex-Investmentbanker hat auch sein eigenes Vermögen in TAG-Immobilien angelegt.
Experte Kortmann stuft jedoch eine Übernahme des MDAX-Konzerns durch deutsche Unternehmen als schwierig ein. Auch Börsianer spekulieren hier bislang noch nicht auf eine Fusion. Dafür ist TAG wohl etwas zu groß geworden.
Sieben immobilienAktien im Vergleich
Unternehmen Börsenwert Freefloat LTV 1 Net Gearing 1 Op. Rendite 1 Kurs/NAV 1 Div.-Rend. 1
Deutsche Annington 5,6 Mrd. € 60% 53% 151% 4,6% 105% 3,4%
Deutsche Wohnen 1,5 Mrd. € 75% 56% 116% 4,4% 108% 2,6%
Gagfah 3,2 Mrd. € 72% 59% 185% 6,2% 102% 2,0 %
LEG Immobilien 2,9 Mrd. € 62% 47% 108% 5,3% 109% 3,5%
Patrizia Immobilien 5,6 Mrd. € 48% 45% 63% 8,3% 142% 0,0%
TAG Immobilien 0,7 Mrd. € 30% 66% 168% 7,7% 96% 5,6%
Westgrund 0,2 Mrd. € 50% 56% 141% 1,9% 84% 0,0%
Median der Branche - - 52% 124% 6,2% 104% 3,5%
1 geschätzt für 2014 (Erklärungen siehe Glossar unten) Stand: 25.09.2014, 18 Uhr; Quelle: Berenberg Bank
Glossar
Die Kennziffer LTV (Loan to Value) beschreibt das Verhältnis zwischen Kreditvolumen (Loan) und
dem Wert der Immobilien eines Unternehmens.
Das Net Gearing zeigt die Nettoverschuldung in Verhältnis zum Eigenkapital. Ein niedriges LTV und niedriges Gearing sind günstig. Das Verhältnis zwischen Kurs und dem Wert der Immobilien, dem sogenannten NAV (Net Asset Value) pro Anteilschein ist ein wichtiges Bewertungskriterium. Ist
die Marktkapitalisierung höher als der Wert der Immobilien, gilt eine Aktie als anspruchsvoll bewertet, liegt der Wert unter 100 Prozent, gilt die Aktie als unterbewertet.
Investor-Info
Deutsche Annington
Der Primus
Mit eigener Handwerkertruppe kann Deutschlands größter Wohnungskonzern seine Bestände rentabler bewirtschaften als Wettbewerber. Megatrends wie altersgerechtes Wohnen und energetische Wohnungssanierung sind für den Marktführer damit zusätzliche Gewinntreiber. Für Dividendenjäger.
Patrizia
Der Pionier
Patrizia wandelt sich vom Immobilienbesitzer zum Dienstleister für Investoren. Im Auftrag deutscher instititutioneller Anleger läuft derzeit die Übernahme eines niederländischen Wohnungsportfolios. Statt Dividenden erhalten Aktionäre regelmäßig zusätzliche Anteilscheine. Der Immobilienwert mit der besten Kursentwicklung 2014. Daher halten.
Westgrund
Der Aufsteiger
Durch die Verdreifachung des Wohnungsporfolios auf knapp 20.000 Wohnungen werden für 2015 gut 62 Millionen Euro Mieteinnahmen erwartet. Erstmals soll eine Dividende fließen. Alle wesentlichen Kennzahlen in der Bilanz werden durch den Zukauf deutlich verbessert. Attraktiver Übernahmekandidat.
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Der Hebel muss zwischen 2 und 20 liegen
Name | Hebel | KO | Emittent |
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Name | Hebel | KO | Emittent |
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Bildquellen: berni / Shutterstock.com, Alexander Raths / Shutterstock.com
Nachrichten zu Vonovia SE (ex Deutsche Annington)
Analysen zu Vonovia SE (ex Deutsche Annington)
Datum | Rating | Analyst | |
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16.12.2024 | Vonovia SE (ex Deutsche Annington) Buy | Goldman Sachs Group Inc. | |
10.12.2024 | Vonovia SE (ex Deutsche Annington) Overweight | JP Morgan Chase & Co. | |
10.12.2024 | Vonovia SE (ex Deutsche Annington) Buy | Goldman Sachs Group Inc. | |
09.12.2024 | Vonovia SE (ex Deutsche Annington) Buy | Joh. Berenberg, Gossler & Co. KG (Berenberg Bank) | |
06.12.2024 | Vonovia SE (ex Deutsche Annington) Buy | Joh. Berenberg, Gossler & Co. KG (Berenberg Bank) |
Datum | Rating | Analyst | |
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16.12.2024 | Vonovia SE (ex Deutsche Annington) Buy | Goldman Sachs Group Inc. | |
10.12.2024 | Vonovia SE (ex Deutsche Annington) Overweight | JP Morgan Chase & Co. | |
10.12.2024 | Vonovia SE (ex Deutsche Annington) Buy | Goldman Sachs Group Inc. | |
09.12.2024 | Vonovia SE (ex Deutsche Annington) Buy | Joh. Berenberg, Gossler & Co. KG (Berenberg Bank) | |
06.12.2024 | Vonovia SE (ex Deutsche Annington) Buy | Joh. Berenberg, Gossler & Co. KG (Berenberg Bank) |
Datum | Rating | Analyst | |
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05.05.2023 | Vonovia SE (ex Deutsche Annington) Hold | Deutsche Bank AG | |
27.04.2023 | Vonovia SE (ex Deutsche Annington) Hold | Deutsche Bank AG | |
30.03.2023 | Vonovia SE (ex Deutsche Annington) Hold | Deutsche Bank AG | |
17.03.2023 | Vonovia SE (ex Deutsche Annington) Hold | Deutsche Bank AG | |
08.03.2023 | Vonovia SE (ex Deutsche Annington) Hold | Deutsche Bank AG |
Datum | Rating | Analyst | |
---|---|---|---|
06.11.2024 | Vonovia SE (ex Deutsche Annington) Underperform | Jefferies & Company Inc. | |
03.10.2024 | Vonovia SE (ex Deutsche Annington) Underperform | Jefferies & Company Inc. | |
02.08.2024 | Vonovia SE (ex Deutsche Annington) Underperform | Jefferies & Company Inc. | |
01.08.2024 | Vonovia SE (ex Deutsche Annington) Underperform | Jefferies & Company Inc. | |
07.06.2024 | Vonovia SE (ex Deutsche Annington) Underweight | Morgan Stanley |
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