BioNTech-Aktie schließt schwach: Impfstoff wirkt wahrscheinlich auch gegen neue Variante - Auslieferung in EU ab Mittwoch
BioNTech-Chef Ugur Sahin ist zuversichtlich, dass der Corona-Impfstoff seines Unternehmens auch gegen die in Großbritannien aufgetauchte neue Mutation des Virus wirkt.
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Aus wissenschaftlicher Sicht sei die Wahrscheinlichkeit dafür hoch, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. "Wir haben den Impfstoff bereits gegen circa 20 andere Virusvarianten mit anderen Mutationen getestet. Die Immunantwort, die durch unseren Impfstoff hervorgerufen wurde, hat stets alle Virusformen inaktiviert."
Das Virus sei jetzt etwas stärker mutiert, sagte Sahin. "Wir müssen das jetzt experimentell testen. Das wird etwa zwei Wochen in Anspruch nehmen. Wir sind aber zuversichtlich, dass der Wirkungsmechanismus dadurch nicht signifikant beeinträchtigt wird."
Das Antigen, das das Mainzer Unternehmen und sein US-Partner Pfizer für den Impfstoff nutzen, besteht laut Sahin aus über 1270 Aminosäuren. Davon seien jetzt neun mutiert, also noch nicht einmal ein Prozent. "Unser Impfstoff sieht das ganze Protein und bewirkt multiple Immunantworten. Dadurch haben wir so viele Andockstellen, dass das Virus schwer entkommen kann. Das bedeutet aber nicht, dass die neue Variante harmlos ist." Der BioNTech-Impfstoff auf Basis des Botenmoleküls mRNA könne prinzipiell schnell an neue Varianten angepasst werden.
Laut Sahin hatte die vergleichsweise lange Dauer im Zulassungsprozess der EU keinen Einfluss auf die Menge der Impfdosen, die das Mainzer Unternehmen vorproduziert hat. "Wir hatten schon vorab seit November eine Aufteilung der Impfdosen geplant, an die halten wir uns auch. Was sich geändert hat, ist natürlich die Zahl, die wir dieses Jahr ausliefern können. Aber insgesamt wird sich die Zahl der Dosen, die wir der EU versprochen haben, nicht ändern."
Die am Montag erfolgte EU-Genehmigung für den BioNTech-Impfstoff nannte er die "historisch mit großem Abstand schnellste Arzneimittelzulassung". BioNTech habe nicht nur die Fragen der EU-Behörde beantworten müssen, sondern auch viele Fragen aus einzelnen Ländern. "Der Prozess war dadurch anstrengender, aber es gehörte einfach dazu, sich um die Prozeduren in der EU entsprechend Zug um Zug korrekt zu kümmern."
Weder er selbst noch seine Frau, die BioNTech-Mitgründerin und medizinische Geschäftsführerin Özlem Türeci, haben sich nach seinen Worten bislang mit dem Wirkstoff ihrer Firma impfen lassen. "Wir möchten das aber, sobald wir eine entsprechende Grundlage dafür haben", sagte er. "Für uns ist es wichtig, dass wir unseren Mitarbeitern in der Produktion entsprechende Impfstoffdosen zukommen lassen." Es gehe darum, in den nächsten zwölf Monaten eine unterbrechungsfreie Herstellung von Impfstoffen im Produktionsnetzwerk von BioNTech zu gewährleisten. "Wir überlegen uns daher, eine vom EU Kontingent unabhängige kleine Charge für diesen Zweck zu nutzen."
Sahin deutete an, dass BioNTech neben seinen Werken in Mainz und Idar-Oberstein in Rheinland-Pfalz und demnächst auch im hessischen Marburg weitere Produktionsstätten für den Impfstoff ins Auge fasst. "Wir sprechen darüber, über eine Partnerschaft eine weitere Produktionsstätte zu aktivieren", sagte er. Zudem gebe es noch die bereits bekannte Partnerschaft mit dem Pharmaunternehmen Dermapharm, das auch für BioNTech produziere. "Wir versuchen jetzt, weitere Partner zu gewinnen. Wir streben danach, Dosen, die für die zweite Hälfte 2021 geplant waren, schon in der ersten Hälfte verfügbar zu machen."
Die bedingte Zulassung des BioNTech-Impfstoffs in der EU nannte er "großartig". Er fügte hinzu: "Dass uns die EU jetzt die Möglichkeit gibt, die Menschen mit unserem Covid-19-Impfstoff zu versorgen, erleichtert uns und macht uns glücklich. Wir haben vielerorts den Wunsch gesehen, dass die Menschen einen Impfstoff haben wollen."
Experte zu Corona-Variante: Blicke 'relativ gelassen' auf Impfung
Der Düsseldorfer Diagnostik-Experte Ortwin Adams sieht trotz der neuen Variante des Coronavirus "relativ gelassen" den bevorstehenden Corona-Impfungen entgegen. Das Virus habe sich zwar verändert und das brauche Aufmerksamkeit, sagte er am Dienstagmorgen dem Radiosender WDR5. "Aber man darf sich das nicht so vorstellen, dass man jetzt als Immunantwort auf diesen Impfstoff nur eine einzige Form von Antikörpern produziert. Man bildet eine ganze Armee aus", sagte der Experte vom Institut für Virologie des Universitätsklinikums Düsseldorf. Wenn "mal ein einzelner Soldat" ausfalle, gebe es noch genügend andere für den Angriff.
Die in Großbritannien entdeckte Mutation könnte nach ersten Erkenntnissen britischer Wissenschaftler um bis zu 70 Prozent ansteckender sein als die bisher bekannte Form. Die neue Variante wurde auch schon in anderen Ländern entdeckt.
BioNTech: Auslieferung des Corona-Impfstoffs in EU ab Mittwoch
Die ersten Auslieferungen des Corona-Impfstoffs können nach Angaben des Herstellers BioNTech an diesem Mittwoch starten. Bis Ende des Jahres stünden 12,5 Millionen Dosen für die EU bereit, teilte BioNTech-Geschäftsvorstand Sean Marett am Dienstag mit. Die Impfdosen werden derzeit im Werk des US-amerikanischen BioNTech-Partners Pfizer im belgischen Puurs gelagert. Dort werden die Ausgangsstoffe, die in den verschiedenen Produktionsstätten von BioNTech hergestellt werden, weiterverarbeitet und abgefüllt. Bis zum 26. Dezember sollten die Dosen in jedem EU-Mitgliedsland sein, damit die Impfungen am 27. beginnen könnten, sagte BioNTech-Finanzvorstand Sierk Poeting.
BioNTech: Vakzin gegen neue Virusvariante binnen sechs Wochen möglich
BioNTech wäre nach eigenen Angaben prinzipiell binnen sechs Wochen in der Lage, auch ein Präparat gegen die in Großbritannien aufgetauchte Mutation des Virus herzustellen. "Das ist aber eine rein technische Überlegung", sagte BioNTech-Chef Ugur Sahin am Dienstag. Es gehe dabei nicht nur um technische Fragen, sondern auch darum, wie etwa die Zulassungsbehörden dieses Präparat bewerten würden. Es sei aber sehr wahrscheinlich, dass der bereits hergestellte Impfstoff auch gegen die neue Variante wirke.
Die Plattform des bisherigen Impfstoffs würde bei einer etwaigen Weiterentwicklung nicht angetastet, erläuterte die medizinische Geschäftsführerin und BioNTech-Mitgründerin Özlem Türeci. In diesem Fall würde es darum gehen, inwieweit die Behörden die bereits eingereichten Sicherheits- und Wirksamkeitsdaten des jetzigen Vakzins als Basis akzeptierten. Dies wiederum würde die Dauer eines möglichen Zulassungsprozesses beeinflussen.
BioNTech will Kühlungs-Anforderungen des Impfstoffs senken
Der Corona-Impfstoffhersteller arbeitet derzeit daran, die bislang notwendigen hohen Anforderungen an die Kühltemperaturen für eine langfristigen Lagerung des Präparats auf ein "entspannteres Niveau" zu bringen. Ergebnisse dazu seien bis Ende Januar zu erwarten, sagte Firmenchef Ugur Sahin am Dienstag.Für einen längeren Zeitraum muss der Impfstoff bei minus 70 Grad gelagert werden. In speziell entwickelten Versandboxen mit Trockeneis übersteht das Präparat bei diesen Temperaturen bis zu 15 Tage. In den Impfzentren kann das Vakzin in ungeöffnetem Zustand nach Firmenangaben in den Lieferboxen oder auch in herkömmlichen Kühlschränken bis zu fünf Tage bei zwei bis acht Grad aufgehoben werden. Bis zwei Stunden vor dem Spritzen könne das Präparat sogar bei bis zu 30 Grad gelagert werden. Die eigentliche Impfung könne bei Zimmertemperatur erfolgen, teilte das Unternehmen am Dienstag mit.
Wir müssen bis zum nächsten Winter 'neue Normalität' haben
Das Coronavirus wird die Menschen nach Ansicht von BioNTech-Chef Ugur Sahin die nächsten zehn Jahre begleiten. "Wir werden uns daran gewöhnen müssen, dass es immer wieder Infektionen und kleine Ausbrüche gibt", sagte er am Dienstag. Bei Beantwortung der Frage, wann das Leben wieder normal sein werde, sagte Sahin, man brauche eine neue Definition dessen, was "normal" ist. "Normal in dem Sinne, dass keine Shutdowns mehr nötig sind, die Geschäfte normal arbeiten können, dass wir die Zahl von Krankenhauseinlieferungen und Todesfälle senken können, das könnte durch Impfungen bis Ende des Sommers passieren".
Um gegen die Corona-Pandemie erfolgreich zu sein, brauche es aber nicht nur den Impfstoff, sondern auch die Präparate anderer Hersteller. All diese Dosen würden dazu beitragen, dass genügend Impfstoff zur Verfügung stehe, damit 60, 70 oder vielleicht 80 Prozent der Bevölkerung vor dem Herbst nächsten Jahres geimpft werden könnten, sagte Sahin. "Das ist wichtig, denn diesen Winter werden wir noch keinen Effekt der Impfungen auf die Infektionszahlen haben. Aber wir müssen einen Effekt haben, um sicherzustellen, dass wir im nächsten Winter eine Quasi-Normalität, eine neue Normalität haben."
Erkenntnisse zu Infektionsschutz durch Impfung bis Februar
Der Impfstoffhersteller erwartet bis spätestens Februar genauere Erkenntnisse darüber, inwieweit sein Präparat die Menschen auch vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus schützen kann. Die Daten dazu würden derzeit geprüft, sagte Firmenchef Ugur Sahin am Dienstag.
Der Impfstoff der Mainzer Firma und ihres US-Partners Pfizer war am Montag in der EU zugelassen worden. Er hat nach Angaben der Hersteller eine Wirksamkeit von rund 95 Prozent. Das bedeutet, dass unter den Probanden der geimpften Gruppe 95 Prozent weniger Covid-19-Erkrankungen auftraten als unter den Probanden der Kontrollgruppe. Unklar ist bislang noch, welche Auswirkungen das Präparat auf eine Weitergabe des Virus oder eine Ansteckung damit hat.
Impfstoff-Erfolg wird auch andere Forschung beschleunigen
Der Erfolg bei der Herstellung eines wirksamen Corona-Impfstoffes zeigt nach Einschätzung von BioNTech das "bahnbrechende Potenzial" der auf dem Botenmolekül mRNA beruhenden Technik. Der Erfolg mit dem Corona-Impfstoff erlaube es BioNTech, diese Forschungen auf vielen Gebieten beschleunigt voranzutreiben, sagte Firmenchef Ugur Sahin am Dienstag. Auch weitere Felder würden erforscht. Dabei gehe es aber nicht nur um mRNA, sondern auch um Gentherapie und andere Techniken.
"Unser Ziel ist es, auch eine Behandlung gegen Krebs auf den Markt zu bringen, die auf die medizinischen Bedürfnisse von einzelnen Patienten eingeht", sagte Sahin. Das Mainzer Unternehmen ist eigentlich auf individualisierte Immuntherapien für Krebspatienten spezialisiert. Weltweit bekannt wurde es aber wegen seiner führenden Rolle bei der Suche nach einem Impfstoff gegen das Coronavirus, für die sich die Mainzer mit dem US-Pharmagiganten Pfizer zusammengeschlossen haben. Der Impfstoff war am Montag in der EU zugelassen worden.
Am Dienstag verlor die BioNTech-Aktie an der NASDAQ 5,54 Prozent auf 100,56 US-Dollar, während es für Pfizer-Titel an der NYSE um 1,71 Prozent abwärts auf 36,74 US-Dollar ging.
MAINZ (dpa-AFX)
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18.11.2024 | BioNTech (ADRs) Buy | Goldman Sachs Group Inc. | |
14.11.2024 | BioNTech (ADRs) Buy | Goldman Sachs Group Inc. | |
12.11.2024 | BioNTech (ADRs) Buy | Deutsche Bank AG | |
08.11.2024 | BioNTech (ADRs) Buy | Goldman Sachs Group Inc. |
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