Südzucker, Osram & Vossloh: Ran an den Wühltisch

von Jörg Lang, Euro am Sonntag

Wenn die Kurse fallen, nehmen Anleger Reißaus. Dabei scheint sich die Fluchtbewegung zu beschleunigen, je tiefer die Notierungen sinken. Und der Wühltisch ist in den vergangenen Wochen wegen politischer Spannungen und schwacher ­Unternehmenszahlen größer geworden. Um im Rennen um die Schnäppchen am Ende nicht auf einem Ladenhüter zu sitzen, sind drei Dinge zu beachten: finanzielle Stabilität, lösbare Pro­bleme und wirklich tiefe Kurse.

Nehmen wir die Aktie von Südzucker. Sie kostete vor gut einem Jahr mehr als 30 Euro und ist heute für unter 13 Euro zu haben. Die gleichen Analysten, die damals noch mit Kurszielen von 40 Euro operierten, erwarten nun einstellige Notierungen. Natürlich ist der Weltmarktpreis für Zucker gefallen, und natürlich rückt das Ende der Zuckermarktverordnung der EU näher. Aber wird der Zuckerpreis deshalb für immer unten bleiben? Wird künftig der Weltmarkt mit all seinen Wetterkapriolen nicht stärker ins Gewicht fallen? Wer die Sache mal historisch betrachtet, sieht bei der Südzucker-Aktie im Moment drei, vielleicht auch vier Euro Kurs­risiko, aber zwölf bis 15 Euro Gewinnpotenzial.

Wegen seines Restrukturierungsprogramms ist Osram Licht in die Schlagzeilen und der Aktienkurs unter die Räder gekommen. Vor gut einem Jahr zu 23 Euro von Siemens abgespalten, hatte sich die Notierung glatt verdoppelt. Die Zahlen in den Wachstumssegmenten sind gut, das ­traditionelle Geschäft schwächelt. Auf einmal verkaufen die Anleger, die den Wert zu über 40 Euro wegen Wachstumsbereichen wie Optoelektronik ins Depot nahmen, ihn bei weniger als 30 Euro, weil das sowieso sterbende Geschäft mit Glühbirnen und Leuchtstoffröhren weniger abwirft als erwartet. Werden nun die Wachstumsbereiche so bewertet, wie das bei Konkurrenten der Fall ist, steuern die operativ noch profitablen Einheiten einen negativen Unternehmenswert von weit mehr als einer Milliarde Euro bei. Auf Deutsch heißt das: Würde Osram Licht diese Bereiche verschenken, stiege der Kurs ohne Halt auf über 40 Euro an.

Und da ist der Bahntechnikkonzern Vossloh, für dessen Aktien der als sehr sparsam geltende Großaktionär Heinz Hermann Thiele bis zu 100 Euro gezahlt hatte. Nachdem Thiele nun das Sagen hat, wird erst einmal klar Schiff gemacht, die Kosten werden gesenkt und die Abenteuer der Vorgänger beendet. Weil hohe Verluste entstehen, laufen die Anleger in Scharen weg. Aber: Wird ein schlankeres Unternehmen in einem strukturell eher wachsenden Bahntechnikgeschäft mehr oder weniger als vorher verdienen können? Im Moment notiert der Wert auf einem Fünfjahrestief, knapp bei der Hälfte der Höchstkurse. Ein Sonderangebot.