Mission Renault: Wie die Interims-Chefin den Autobauer aus der Krise steuern will
Die Franzosen kämpfen nicht nur mit Corona. Interims-Chefin Clotilde Delbos muss auch Altlasten aus der Ghosn-Ära beseitigen. Staatliche Garantien und ein Milliarden-Sparpaket sollen helfen.
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von Stephan Bauer, Euro am Sonntag
Clotilde Delbos ist quasi die Vorhut. Erst Anfang Juli erhält die Interims-Chefin von Renault Verstärkung: Ex-Seat-Vorstand Luca de Meo wird dann den französischen Autohersteller mit Delbos als Co-Pilotin lenken. So lange muss Europas derzeit mächtigste Automanagerin den Konzern solo durch die Krise steuern - und den großen Umbau starten.
Die Mission: Eine 180-Grad-Wende in voller Fahrt. "Wir wollen nicht mehr die Weltherrschaft. Wir stellen uns der Realität und bauen ein profitables Unternehmen", sagt die 52-Jährige, die einst als Finanzchefin die hochfliegenden Pläne von Ex-Chef Carlos Ghosn unterstützen musste. Ghosn ist Geschichte. Und gäbe es die staatlich garantierten Bankkredite über fünf Milliarden Euro nicht, so geriete auch Renault in ernsthafte Schieflage. Im ersten Quartal verbrannten fast sechs der zuvor rund 15 Milliarden Euro Cashreserve. Der Absatz brach um ein Viertel, der Umsatz um 20 Prozent ein. Und Corona ist nicht alles: Schon 2019 waren die Fabriken chronisch unterbeschäftigt. Im Drei-Schicht-Betrieb lag die Auslastung gerade mal bei 60 Prozent.
Das neue Management muss Vertrauen zurückgewinnen. Deshalb erklärt Delbos Investoren nicht nur das harte Sparprogramm im Detail. Sie stellt auch klar, dass Ghosns Volumen-Maxime nicht mehr gilt. Künftig heißt es bei Renault: Profitabilität vor Masse. Teileanzahl und Modellvielfalt sollen sinken, die fixen Kosten bis 2022 um mindestens zwei Milliarden Euro schrumpfen. Weniger Fabriken will Delbos künftig weitaus stärker auslasten. 15.000 Jobs fallen weg, allein in Frankreich 4.500.
Ab zur Partnertherapie
Dazu muss auch die Allianz mit Nissan und Mitsubishi reanimiert werden. Das Bündnis wäre fast zerbrochen: Vor allem Nissan-Manager hatten Ghosn verdächtigt, eine Fusion mit französischer Dominanz zu planen. Der Konflikt gipfelte in Untreuevorwürfen und der Festnahme des Ex-Chefs. Klare Absprachen regeln künftig, wer wo das Sagen hat. Die Franzosen sollen demnach ab 2022 etwa bei kleineren SUVs der Leader sein, hernach soll die Technik im Nissan-Kleid erscheinen.
Auch Technikkompetenzen und regionale Führerschaften werden verteilt. Nissan kümmert sich ums autonome Fahren sowie um Nordamerika, Japan und China, Renault um Europa, Russland und Südamerika. Mitsubishi nimmt sich Südostasien vor. Das große Ziel: Nach dem Jahr 2025 soll es insgesamt vier Technikplattformen anstelle der aktuellen 13 in der gesamten Allianz geben, auf allen wird jeweils in großen Stückzahlen produziert. Die Entwicklungskosten sinken, die Profitabilität steigt.
So weit der Plan. Er ist hochkomplex, die Umsetzung birgt viele Tücken. Doch der Kostendruck ist auch für die Japaner riesig - und das ist ein starker Antrieb. Renault hat zudem eine gute Marktposition in der E-Mobilität in Europa. Neue Hybridmodelle wie der neue Clio, der im Juli kommt, dürften von erhöhten staatlichen Kaufanreizen profitieren.
Die Aktie schoss nach Bekanntgabe der Pläne in die Höhe. Spekulative Anleger kaufen an schwächeren Tagen. _
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