Krise? Also fundamental sieht das alles gar nicht schlecht aus
Die Konjunkturunsicherheiten in den Schwellenländern und die Krim-Krise werden die Finanzmärkte weiter begleiten.
Bislang blieben harte Wirtschaftssanktionen des Westens zwar aus, sind im Falle weiterer Territorialansprüche Russlands aber nicht ausgeschlossen. Eine diplomatische Lösung der Krim-Krise ist noch nicht in Sicht.
Sorgenkind China?
In China hat sich der von der HSBC Bank veröffentlichte Einkaufsmanagerindex für das Verarbeitende Gewerbe bereits den fünften Monat in Folge auf einen Wert von 48,1 nach 48,5 eingetrübt und liegt nun unter der Expansion anzeigenden Schwelle von 50. Die Konjunkturabschwächung in Asien erschwert den eingeleiteten Transformationsprozess der chinesischen Wirtschaft hin zu einer stärkeren Binnennachfrage.
So hat der von der Citigroup veröffentlichte ökonomische Überraschungsindex - er misst positive sowie negative Abweichungen der tatsächlichen Konjunkturdaten von den Konsensschätzungen der Volkswirte - nach einer bereits schwachen Entwicklung zu Jahresbeginn im März erneut deutlich nachgegeben. Ähnlich negative Werte wurden zuletzt nach der Lehman-Pleite Ende 2008 verzeichnet.
Um die Ausweitung eines Bank-Runs zu verhindern - Gerüchten zufolge steht die erste chinesische Geschäftsbank vor der Insolvenz - garantierte die People’s Bank of China sofort die Zahlungsfähigkeit dieser Bank. Grundsätzlich wird die chinesische Notenbank keinen Kollaps einer großen Geschäftsbank mit im Extremfall dramatischen Folgen für Konjunktur und Finanzmärkte Chinas, aber auch der Welt zulassen.
Zur chinesischen Exportstützung wird mittlerweile auch die Währungspolitik eingesetzt. Denn die von der japanischen Geldpolitik betriebene Yen-Abwertung setzt dem chinesischen Außenhandel heftig zu. Immerhin hat der Renminbi zuletzt gegenüber Yen, US-Dollar und Euro bereits nachgegeben.
Insgesamt weisen die Emerging Markets im Vergleich zu den Industrieländern eindeutig bessere Fundamentaldaten auf. Zur Konjunkturstabilisierung stehen den Schwellenländern ohnehin größere Verschuldungsmöglichkeiten zur Verfügung: In China und Südkorea ist der Schuldenstand nur halb so hoch wie in den Industriestaaten und Brasilien und Indien bewegen sich nur knapp über dem Maastricht-Verschuldungskriterium von 60 Prozent zum BIP.
Grundsätzlich scheinen internationale Anleger diese stabilen Daten wieder wertzuschätzen. Denn in den letzten Tagen ist - auf Euro-Basis - eine Erholung der Aktienmärkte der Schwellenländer unverkennbar.
US-Konsumenten als konjunkturelle Sorgenpause
Die US-Konjunktur ist im abgelaufenen IV. Quartal stabil um 2,6 Prozent zum Vorquartal gewachsen. Zudem gewinnt die Binnennachfrage an Dynamik. So hat sich das Konsumentenvertrauen von der verunsichernden fiscal cliff-Debatte im Herbst 2013 erholt und stieg trotz des harten Winters zuletzt auf den höchsten Stand seit Januar 2008. Auch die US-Konsumentenkredite haben sich wieder auf das Niveau vor der Lehman-Pleite eingependelt.
Deutsche Konjunktur stabil
Die Euro-Wirtschaft kann sich nicht der verhaltenen Nachrichtenlage der vergangenen Wochen entziehen. So hat sich der Einkaufsmanagerindex für das Verarbeitende Gewerbe in Euroland das zweite Mal in Folge - jedoch nur noch leicht von 53,2 auf 53 - verringert. Ebenso gab der Index für das Dienstleistungsgewerbe zuletzt minimal auf 52,4 nach. Insgesamt signalisieren die euroländischen Stimmungsindikatoren immer noch eine Konjunkturerholung, die allerdings anfällig ist.
Zugpferd der euroländischen Konjunktur bleibt Deutschland. Dieses positive Bild unterstreichen auch die ifo Geschäftsdaten. Setzt man die ifo Geschäftslage deutscher Unternehmen zu den ifo Geschäftserwartungen gemäß der vier typischen Phasen eines Konjunkturzyklus zueinander in Bezug, bewegt sich die Stimmung im deutschen Verarbeitenden Gewerbe weiter in eine Boom-Phase hinein. So konnte sich zuletzt die ifo Geschäftslage mit einem Wert von 115,2 auf den höchsten Stand seit rund zwei Jahren verbessern, während allerdings die ifo Geschäftserwartungen - beeinflusst durch die Verunsicherungen in den Schwellenländern und die Krim-Krise - leicht nachgaben, sich aber dennoch weiter auf hohem Niveau befinden.
Nicht zuletzt zeigt sich die deutsche Binnennachfrage ungebrochen stark. Trotz der geopolitischen und weltkonjunkturellen Unwägbarkeiten liegt der deutsche GfK Konsumklimaindex wie im Vormonat auf dem höchsten Niveau seit 2006. Der Index der Anschaffungsneigung konnte sogar weiter zulegen. Hintergrund sind die stabile Beschäftigungslage, reale Einkommenszuwächse und die unattraktiven Sparzinsen.
Deutsche Aktien fundamental gut unterfüttert
Nach aktueller Datenlage dürfte sich die stabile Stimmung in der deutschen Industrie zukünftig in verbesserten Gewinnausweisen der Unternehmen zeigen. Denn typischerweise nach etwa sechs Monaten schlagen sich die ifo Geschäftserwartungen in entsprechenden Gewinnveränderungen nieder.
Jedoch müssen die Anleger mit Blick auf die Krim-Krise und die wirtschaftlichen Eintrübungen der Schwellenländer ein mögliches Down Side-Risiko einkalkulieren. Hierbei sollte der Knick bei den ifo Geschäftserwartungen nicht überinterpretiert, aber zumindest beachtet werden.
Die steile Zinsstrukturkurve in Deutschland - die Rendite deutscher Staatsanleihen liegt höher als die Notenbankzinsen - ist grundsätzlich ein klarer Anhaltspunkt für eine auch zukünftig freundliche Aktienmarktstimmung. Dieses Zinsszenario lieferte bereits zwischen 2003 und 2007 sowie ab 2009 klare Argumente für die Aktienhausse des DAX. Eine steile Zinsstrukturkurve sorgt für ein attraktives Investitionsklima: Es lohnt sich, kurzfristig und zinsgünstig aufgenommenes Geld in längerfristige, höher rentierliche Investments wie Aktien anzulegen.
Auf absehbare Zeit ist keine Änderung dieses positiven Zinsklimas zu erwarten. Denn die fortgesetzte geldpolitische Rettung der Eurozone und die Bekämpfung der Deflationserscheinungen in der Euro-Peripherie lässt der EZB keine andere Wahl.
Aktuelle Marktlage und Charttechnik
Die europäischen Aktienmärkte setzen ihre Stabilisierung wegen der bislang ausgebliebenen Eskalierung der Krim-Krise fort. Mit Blick auf die vorhandenen geopolitischen Restrisiken und den Umbau der Volkswirtschaften der Schwellenländer zu stärkeren Binnenkonjunkturen bleibt die Volatilität an den Aktienmärkten jedoch zunächst hoch. Ausgehend vom Basisszenario einer allmählichen diplomatischen Krisenbeilegung und der Aussicht auf eine Konjunkturstabilisierung insbesondere in China, dürfte es an den Aktienmärkten spätestens in der zweiten Jahreshälfte wieder nachhaltig bergauf gehen. Dann dürfte sich der DAX wieder Richtung 10.500 Punkten entwickeln.
Im Falle einer erneuten Korrektur wartet beim DAX der erste Widerstand im Bereich zwischen 9.450 und 9.500 Punkten. Der nächsten liegen dann bei 9.340 und 9.140 Punkten. Darunter gibt die nächste Unterstützung an der 200-Tage-Linie bei aktuell 8.875 Punkten Halt. Wird diese jedoch signifikant durchbrochen, findet sich die nächste nennenswerte Unterstützung im Bereich zwischen 8.500 und 8.450 Punkten. Unterhalb dieser Zone besteht die Gefahr einer Baisse. Dann muss ein Rutsch bis zur wichtigen Auffangzone zwischen 7.600 und 7.500 Punkten einkalkuliert werden.
Und was passiert in der nächsten Woche?
Fraglich ist, ob der offizielle chinesische Einkaufsmanagerindex für das Verarbeitende Gewerbe den Einschätzungen des von der HSBC Bank veröffentlichten Indikators folgt. In Japan dürfte der Tankan Geschäftsklimaindex der japanischen Großunternehmen einen sich weiter aufhellenden Konjunktursausblick bestätigen.
In den USA weisen freundliche Auftragseingänge in der Industrie sowie ein stärkerer Arbeitsmarkt im März ebenso auf eine weiter anziehende Konjunkturdynamik hin wie die erneute Aufhellung des ISM Index für das Verarbeitende Gewerbe.
In Deutschland zeugen robuste Auftragseingänge in der Industrie und stabile Arbeitsmarktdaten von einer fortschreitenden Konjunkturerholung.
Anämisches Wachstum und Deflation schüren bei vielen Anlegern die Erwartung, dass die EZB auf ihrer Sitzung die Zinsen senkt oder neue Liquiditätsmaßnahmen beschließt.
Nach Abschluss seines betriebswirtschaftlichen Studiums begann Robert Halver seinen beruflichen Werdegang zunächst als Wertpapieranalyst bei der Sparkasse Essen. Anschließend arbeitete er als Analyst und Aktienstratege bei der Privatbank Delbrück & Co in Frankfurt.
2001 wechselte Robert Halver zur Schweizer Privatbank Vontobel. Sein Aufgabenschwerpunkt war die Formulierung der Anlagestrategie der Vontobel Gruppe in Deutschland.
Seit 2008 leitet Herr Halver die Kapitalmarktanalyse bei der Baader Bank AG in Frankfurt. In dieser Funktion ist er auch für die Außendarstellung der Baader Bank tätig.
Robert Halver ist durch regelmäßige Medienauftritte, auf Fachveranstaltungen und Anlegermessen sowie durch Fachpublikationen und als Kolumnist präsent.
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