Halvers Kapitalmarkt-Monitor Robert Halver

Gegen die Liquiditätsflutwelle hat der griechische Wellenbrecher keine Chance

03.02.15 15:07 Uhr

Gegen die Liquiditätsflutwelle hat der griechische Wellenbrecher keine Chance | finanzen.net

Der "Grexit" ist kein Thema, vorerst! Denn Griechenland ginge es wirtschaftlich noch schlechter und die Eurozone stünde vor dem Scherbenhaufen ihrer Krisenpolitik seit 2010.

Ebenso ist kein offener Schuldenschnitt zu erwarten, der Deutschlands Steuerzahler Geld kostete und bei anderen Euro-Schuldnerländern schlafende Hunde wecken könnte. Gemäß dem EU-Prinzip "Was nicht passt, wird passend gemacht" wird ein verdeckter Schuldenschnitt über verlängerte Schuldenlaufzeiten oder Zinsstundungen durchgeführt. (Mehr zum Thema Griechenland finden Sie in "Halvers Woche" im zweiten Teil des vorliegenden Kapitalmarkt Monitor)

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Griechenland ausgenommen reagieren die Anleihemärkte entspannt auf das Athener Krisenpotenzial. Die Finanzmärkte erwarten, dass eine erneute Euro-Krise 2.0 selbst bei einem Grexit - sollte die Regierung in Athen nachhaltig über die Stränge schlagen - durch die Euro-Rettungsinstrumente und die EZB verhindert wird.

Deutschland hat die konjunkturelle Delle hinter sich gelassen

Die deutsche Wirtschaft zeigt sich von der Unsicherheit in punkto Griechenland und in punkto Russland-Krise weitgehend unbeeindruckt. Historisch eher die Ausnahme ist insbesondere die Binnennachfrage ein stabilisierender Wachstumsfaktor: Der GfK Konsumklimaindex ist mit 9,3 auf den höchsten Stand seit 14 Jahren gestiegen. Geringere Ausgaben für Benzin und Heizöl stärken die Kaufkraft und lassen die deutsche Anschaffungsneigung auch auf ein Mehrjahreshoch steigen. Hinzu kommen die stabile Beschäftigungslage bzw. die immer weiter fallenden Sparzinsen, die volkswirtschaftlich zu einer Einkommensverbesserung bei gleichzeitig erhöhter Konsumneigung führen.

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Aber auch die deutsche Industrie hat gemäß den letzten Daten des ifo Instituts die Trendwende vollzogen. Denn sowohl die ifo Geschäftslage als auch die Geschäftserwartungen für das Verarbeitende Gewerbe haben sich im Januar zum dritten Mal in Folge aufgehellt. Setzt man beide Teilindices zueinander in Beziehung, befindet sich die deutsche Industrie stimmungsseitig wieder knapp in der Boom-Phase. Die Bundesregierung hat ihre Wachstumsprognose für 2015 bereits von 1,3 auf 1,5 Prozent angehoben.

Deutsche Konjunkturaktien von der Weltwirtschaft beflügelt

Exportseitig profitiert die deutsche Industrie von einer wiedererstarkten US-Konjunktur, einer zumindest stabilen Wirtschaftsentwicklung in Asien und nicht zuletzt einer ultralockeren Zinspolitik der EZB, die schuldenfinanzierte Konjunkturprogramme zur Wirtschaftsstabilisierung in den Euro-Ländern begünstigt. Die ab März einsetzenden Staatsanleiheaufkäufe der EZB stimulieren über einen so nachgebenden Euro die deutsche Exportindustrie zusätzlich. Daneben kommen konjunktursensitiven Aktien die günstigen Energiepreise zugute, die trotz Euro-Schwäche insgesamt zu Margenverbesserungen führen. Das spricht dafür, dass sich insbesondere konjunktur- und exportsensitive deutsche Aktien im Trend weiterhin besser entwickeln als Aktien aus Spanien und Italien.

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Vor diesem konjunkturellen Hintergrund ist auch von einer Fortsetzung der Outperformance des MDAX gegenüber dem Leitindex DAX auszugehen. Denn im Vergleich zum deutschen Leitindex ist dieser ungleich stärker mit Aktien der konjunkturzyklischen Branchen Automobil, Maschinenbau, Elektro oder Chemie bestückt.

Öl- und Gasaktien sind wieder ein Investment wert

Die OPEC wird bis zur nächsten Sitzung im Juni ihre Fördermenge planmäßig ausweiten. Da insofern das Überangebot auf dem Ölmarkt fortbesteht, hält auch der Preisdruck beim Öl an. Schätzungen zufolge könnte der Ölpreis der Sorte Brent noch bis 40 US-Dollar pro Barrel fallen. Spätestens ab diesem Preis wird Öl- und Gas-Fracking in den USA jedoch unrentabel, was zu nachfolgenden Angebotsverknappungen und einer Preiswende führen wird. Grundsätzlich erwartet die US-Energiebehörde EIA wegen der niedrigeren Energiepreise eine deutliche Abflachung des Wachstums der US-Ölproduktion 2015 und 2016. Bereits jetzt ist die Zahl der aktiven Bohrlöcher in den USA deutlich gefallen. Insgesamt ist ab Frühjahr 2015 wieder mit steigenden Ölpreisen bis 65 US-Dollar zum Jahresende zu rechnen.

Diese Einschätzung gibt auch der europäische Branchenindex STOXX Europe 600 Öl und Gas-Index wieder, wo sich Preiserholungsphantasien bereits niederschlagen.

Dividendentitel als Ersatzbefriedigung für Zinsen

Ein Mega-Anlagethema 2015 sind Dividendenstrategien als Alternative zu Zinsstrategien. In diesem Jahr werden DAX-Konzerne einen neuen Ausschüttungsrekord aufstellen. Aktuell wartet der DAX mit ca. 3, der Euro Stoxx 50 mit 3,5 und einige Branchen sowie ein reiner Euro-Dividendenindex mit bis deutlich über 4 Prozent Dividendenrendite auf. Dividendenstarke Aktien bieten nicht zuletzt ein ordentliches Risikopolster gegen Kursschwankungen.

Im Übrigen tritt der Dividendendividendeneffekt immer mehr an die Stelle des Zinseszinseffekts. Denn der Wiederanlageeffekt kann nur dann einen positiven Anlageerfolg erbringen, wenn der zugrunde gelegte Anlagezins eine entsprechende Höhe hat. Zur Verhinderung einer erneuten Euro-Staatsschuldenkrise sind ansteigende Zinsen aber völlig undenkbar.

Aktuelle Marktlage

Die Unsicherheitsfaktoren der Causa Hellas, die Russland-Krise und die Deflation - in der Eurozone liegt die Inflationsrate im Januar bei minus 0,6 Prozent und selbst in Deutschland bei minus 0,3 - hinterlassen an den Finanzmärkten kaum Spuren. Gerade die Deflationstendenzen, die in der Eurozone noch bis in das III. Quartal 2015 anhalten können, wird die EZB nicht nur als willkommenes nachträgliches Argument für ihre Liquiditäts-Manie zu nutzen wissen. Es ist auch nicht ausgeschlossen, dass die EZB zur Dämpfung eines möglichen Griechenland ähnlichen Wählerunmuts in Spanien und Portugal - dort wählt man im kommenden Herbst neue Parlamente - eine weitere Liquiditätsausweitung vornimmt.

Denn insbesondere die Deflation, die in Spanien mit minus 1,4 besonders stark ausgeprägt ist, sorgt für einen kontraproduktiven Effekt bei spanischen Staatsanleihen. Deren Realrenditen sind über die Negativ-Inflation deutlich angestiegen. Das verteuert die Bedienung der spanischen Staatsverschuldung bzw. die konjunkturförderliche Aufnahme neuer Schulden.

Und was passiert in der KW 6?

Im Rahmen der Berichtsaison wird mit Spannung erwartet, inwiefern General Motors und Merck von der US-Dollar-Stärke betroffen sind. Daimler dürfte neben einem soliden Jahresergebnis einen ebenso positiven Jahresausblick 2015 geben.

Auf Makroebene werden die Einkaufsmanagerindices für das Verarbeitende Gewerbe in Japan und China auf eine konjunkturelle Stabilisierung hindeuten. In den USA weist ein stabiler ISM Index für das Verarbeitende Gewerbe auf eine robuste US-Konjunkturverfassung hin, die sich in einer fortschreitenden Erholung des US-Arbeitsmarktes zeigt. Etwas schwächere Auftragseingänge in der Industrie werden darüber nicht hinwegtäuschen.

In Deutschland lassen stabile Auftragseingänge in der Industrie sowie eine sich erholende Industrieproduktion im Dezember eine fortgesetzte Konjunkturstabilisierung erkennen.

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Der Vorsitzende des Aufsichtsrats ist Dr. Horst Schiessl. Die Mitglieder des Vorstands sind Uto Baader (Vorsitzender), Nico Baader und Dieter Brichmann.

Nach Abschluss seines betriebswirtschaftlichen Studiums begann Robert Halver seinen beruflichen Werdegang zunächst als Wertpapieranalyst bei der Sparkasse Essen. Anschließend arbeitete er als Analyst und Aktienstratege bei der Privatbank Delbrück & Co in Frankfurt.

2001 wechselte Robert Halver zur Schweizer Privatbank Vontobel. Sein Aufgabenschwerpunkt war die Formulierung der Anlagestrategie der Vontobel Gruppe in Deutschland.

Seit 2008 leitet Herr Halver die Kapitalmarktanalyse bei der Baader Bank AG in Frankfurt. In dieser Funktion ist er auch für die Außendarstellung der Baader Bank tätig.
Robert Halver ist durch regelmäßige Medienauftritte, auf Fachveranstaltungen und Anlegermessen sowie durch Fachpublikationen und als Kolumnist präsent.