Cause in this world of trouble, my Fed pulls me through (Frei nach John Miles)
Die Terroraktionen der ISIS schüren Bedenken vor einer Eskalation im ohnehin instabilen Nahen Osten und vor Rohöl-Lieferengpässen des zweitgrößten Ölproduzenten Irak.
Der Ölpreis liegt auf dem höchsten Stand seit neun Monaten.
Die aktuell sehr robusten Finanzmärkte gehen jedoch nicht von dauerhaft hohen Ölpreisen als Bremsklotz für die Weltkonjunktur aus. Sie vertrauen darauf, dass die sich formierende Gegenwehr aus irakischen Militärkräften mit internationaler Unterstützung einen weiteren Vorstoß der extremistischen Milizen insbesondere in die strategisch wichtigen Ölfelder des Iraks und die Logistikzentren des Ölexports im Süden des Landes verhindern wird.
Immerhin drücken die geopolitischen Unsicherheitsfaktoren auf die Stimmung der Konjunkturerwartungen des ZEW, die von 33,1 auf 29,8 Punkte leicht nachgegeben haben. Insgesamt rechnen die vom ZEW befragten Finanzanalysten nicht mit einer Konjunkturverbesserung, sondern eher mit einer Verstetigung der deutschen Wirtschaft auf dem aktuellen Niveau. Der DAX hätte damit ZEW-seitig kaum mehr Potenzial. Allerdings sind die Analysteneinschätzungen im Vergleich zu den direkten Unternehmensbefragungen des ifo Instituts typischerweise deutlich kritischer.
Die Fed-Zinsgeschichte wiederholt sich nicht
Vor dem Hintergrund der geopolitischen Risiken, der Konjunkturgefahren steigender Rohölpreise sowie der winterbedingten Wachstumsdelle im I. Quartal zeigt sich die US-Notenbank auf ihrer letzten Sitzung vergleichsweise zurückhaltend. Auch der IWF hat seine US-Konjunkturprognose für 2014 von 2,8 auf 2 Prozent herunter revidiert.
Grundsätzlich will man der US-Wirtschaft den wichtigen zinspolitischen Stützpfeiler noch nicht entziehen. Die Fed betonte erneut, dass es keine festgelegte, automatisierte Formel für eine erste Zinserhöhung gibt und dass das Niedrigzinsniveau auch nach dem voraussichtlichen Ende des Anleihenaufkaufprogramms im Herbst 2014 noch für längere Zeit bestehen wird. Auch von einer steigenden Inflationsrate auf zuletzt 2,1 Prozent lässt sich Frau Yellen nicht aus ihrem Zinskonzept bringen. Hier wird die primär konjunkturstützende Politik der Fed deutlich. Insbesondere die von ihr als elementar betrachtete Erholung am US-Arbeitsmarkt verläuft noch zu langsam. Laut Schätzungen des IWF kehrt die US-Wirtschaft frühestens Ende 2017 zur Vollbeschäftigung zurück. Dieser Zustand ist für die Fed bei einer Arbeitslosenquote von 5,6 bis 5,2 Prozent erreicht.
Behutsame Zinserhöhungen frühestens ab der zweiten Jahreshälfte 2014
Eine Zinswende ist daher frühestens in der zweiten Jahreshälfte 2015 - und dann auch nur in behutsamen Trippelschritten - zu erwarten. Die Fed hat aus ihren früheren Fehlern gelernt. Denn ihre deutlichen Zinserhöhungen im Vorfeld der Dotcom- und Immobilienblase haben nicht nur diese zum Platzen gebracht. Anschließend musste auch die US- und Weltwirtschaft massive Kollateralschäden ertragen. Ein starker zinspolitischer Gegenwind der Fed bleibt den globalen Aktienmärkten erspart.
Ohnehin ist die eindimensionale Betrachtung der Notenbankzinsen für die Beurteilung der Finanzmärkte nicht ausreichend. Bedeutsamer ist die Zinsstrukturkurve. Ist diese steil, d.h. sind die Renditen von länger laufenden US- Staatsanleihen höher als die US-Notenbankzinsen, liegt ein insgesamt positives Investitionsklima vor, bei dem es sich lohnt, kurzfristig zinsgünstig aufgenommenes Notenbankgeld längerfristig in höher rentierliche Anlageformen wie Aktien anzulegen. Selbst bei Annahme steigender US-Notenbankzinsen bis 1,75 Prozent und zunehmender Renditen bei 10-jährigen US-Staatsanleihen von etwa 3,9 Prozent, jeweils bis Ende 2016, bleibt die Zinsstrukturkurve investitions- und damit auch aktienfreundlich. Nicht zuletzt wird damit Turbulenzen an den Finanzmärkten der weltkonjunkturell bedeutenden Emerging Markets vorgebeugt. Denn in Folge inverser US-Zinsstrukturkurven 2001 und 2007/2008, bei denen die Notenbankzinsen oberhalb der Anleiherenditen lagen, brachen nicht nur die Kapitalmärkte der Schwellenländer ein, sondern litt auch die Realwirtschaft unter Kapitalabzug. Insofern wird die Fed über ihre Notenbankzinssteuerung auch zukünftig alles unternehmen, um die Zinsstrukturkurve zum Wohle der Aktienmärkte und der kaufkräftigen Volkswirtschaften der Emerging Markets steil zu halten.
Was ist eigentlich mit…Osteuropa?
Die Volkswirtschaften Osteuropas sind grundsätzlich stabil. Im Vergleich zu entwickelten Industriestaaten weisen sie ein dynamischeres Konjunkturwachstum bei gleichzeitig wesentlich niedrigerem Schuldenstand auf. In Euro-Ländern wie Italien und Frankreich dürfte der Schuldenstand über die absehbare politische Aufweichung der Stabilitätskriterien zukünftig noch weiter zunehmen. Wird das US-Konjunkturwachstum im laufenden Jahr vom IWF auf zwei Prozent bei einem Schuldenstand im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung von über 100 Prozent eingeschätzt, glänzen Tschechien, Ungarn oder Polen mit einem projizierten Wachstum zwischen zwei und drei Prozent bei nur halb so hohem Schuldenverhältnis. Selbst gegenüber den großen Emerging Markets wie Brasilien oder Südkorea müssen sie die Osteuropäer fundamental nicht verstecken.
Seit Jahresbeginn ist ein entsprechend positives Bild an den osteuropäischen Aktienmärkten - in Euro gerechnet - zu beobachten. Zwar hatten russische Aktien bis Mitte März deutlich unter den befürchteten Wirtschaftssanktionen des Westens in Folge der Ukraine-Krise zu leiden, die bis dato nicht wieder vollständig aufgeholt werden konnten. Im Gegensatz dazu zeigen sich tschechische, polnische und selbst ukrainische Aktien jedoch wenig von geopolitischen Risiken beeindruckt. Während die Kursgewinne ukrainischer Aktien von rund 17 Prozent sicherlich eher spekulativen Charakter haben, profitieren z.B. polnische und tschechische Aktien von vergleichsweise niedrigen Lohnkosten sowie gut ausgebildeten, überdurchschnittlich jungen Arbeitskräften, einem sich dynamisch entwickelnden Mittelstand sowie der regionalen Nähe zu den wichtigen westeuropäischen Exportmärkten.
Osteuropäische Aktien stellen aufgrund ihrer fundamentalen Robustheit eine attraktive europäische Anlageoption, mindestens aber Depotbeimischung, dar. Den Vergleich zu euroländischen Aktien - in Euro gerechnet - müssen sie nicht scheuen.
Aktuelle Marktlage und Charttechnik
Trotz der geopolitischen Risiken halten sich die Aktienmärkte sehr robust und sind sogar in Rekordlaune. Dennoch sind mit Blick auf den Irak oder auch die Ukraine über den Sommer nervöse Seitwärtsbewegungen möglich. Mit einer Entspannung der Situation im Irak, einer politischen Annäherung zwischen der Ukraine und Russland, weiter an Fahrt gewinnenden Volkswirtschaften der Schwellenländer und - mittlerweile langweilig - der geldpolitischen Dauerberieselung bleiben die Aufwärtskräfte für Aktien bis Ende des Jahres weiter erhalten.
Insbesondere die konjunkturelle Großwetterlage dürfte den Anlegerfokus im zweiten Halbjahr wieder auf die fundamentalen Qualitäten deutscher Aktien legen. Hier kommt deutschen Aktien auch ein sich abschwächender Euro zugute. Die EZB wird alles unternehmen, um die Gemeinschaftswährung endlich unter die Unterstützung von 1,35 zum US-Dollar zu drücken, um anschließend eine weitere Euro-Schwäche zum Wohle der euroländischen Exportindustrie zu begünstigen.
Überhaupt, vergleicht man seit dem Euro-Rettungsversprechen Mario Draghis im Juli 2012 die Entwicklung des italienischen und spanischen mit dem deutschen DAX-Kursindex - also jeweils ohne Berücksichtigung von Dividenden - werden die fundamental berechtigten Nachholeffekte deutscher Aktien für das zweite Halbjahr 2014 deutlich.
Aus charttechnischer Sicht sollten Anleger eine Wiederaufnahme der Korrektur in Betracht ziehen, da der DAX noch überverkauft ist. Dabei besteht der erste, wenn auch schwache Widerstand bei 9.921 Punkten. Darunter wartet die erste solide Unterstützung bei 9.800 Punkten, wobei diese Auffanglinie durch die noch nicht geschlossene Kurslücke zwischen 9.822 und 9.779 Punkten verstärkt wird. Letztlich bietet die Marke bei 9.720 und im Bereich von 9.600 Punkten Halt.
Umgekehrt ist auf dem Weg nach oben Platz bis zum bisherigen Allzeithoch bei 10.033 Punkten. Sollte diese Marke kurzfristig überwunden werden, ist Platz bis rund 10.200 Punkten und darüber bis zur oberen Begrenzung des seit Juni 2013 bestehenden Aufwärtstrendkanals bei derzeit 10.700 Punkten.
Und was passiert in der nächsten Woche?
In den USA dürften die Auftragseingänge langlebiger Güter im Mai nach drei starken Vormonaten eine Verschnaufpause einlegen. Die US-Konsumausgaben sollten nach ihrem Ausrutscher im April wieder positive Zuwachsraten erzielt haben. Auch der vom Conference Board veröffentlichte Index des US-Verbrauchervertrauen wird nicht enttäuschen.
In Euroland stehen die Einkaufsmanagerindices im Fokus. Danach dürfte die Konjunkturerholung in Euroland weiterhin nur langsam voranschreiten. Die Stimmung im Dienstleistungs-Subindex sollte auf hohem Niveau bleiben. Für den Sub-Index des Verarbeitenden Gewerbes ist ein leichter Rückgang zu erwarten.
In Deutschland dürften sich das ifo Geschäftsklima stabiler als die ZEW-Einschätzungen präsentieren.
Disclaimer
Die hier wiedergegebenen Informationen wurden von uns sorgfältig zusammengestellt und beruhen zum Teil auf allgemein zugänglichen Quellen und Daten Dritter, für deren Richtigkeit und Vollständigkeit wir keine Gewähr übernehmen können. Sie stellen eine Übersicht und Zusammenfassung ausgewählter Meldungen und Zahlen dar. Die Informationen stellen keine Anlageberatung, keine Anlageempfehlung und keine Aufforderung zum Erwerb oder zur Veräußerung dar. Die Informationen wurden einzig zu Informations- und Marketingzwecken zur Verwendung durch den Empfänger erstellt. Sie stellen keine Finanzanalyse i.S. des § 34b WpHG dar und genügen deshalb nicht allen gesetzlichen Anforderungen zur Gewährleistung der Unvoreingenommenheit von Finanzanalysen und unterliegen nicht dem Verbot des Handelns vor der Veröffentlichung von Finanzanalysen. Es wird keine Gewähr für die Geeignetheit und Angemessenheit der dargestellten Finanzinstrumente sowie, für die wirtschaftlichen und steuerlichen Konsequenzen einer Anlage in den dargestellten Finanzinstrumenten und für dessen zukünftige Wertentwicklung übernommen. Die in der Vergangenheit erzielte Performance ist kein Indikator für zukünftige Wertentwicklungen. Bitte beachten Sie, dass Aussagen über zukünftige wirtschaftliche Entwicklungen grundsätzlich auf Annahmen und Einschätzungen basieren, die sich im Zeitablauf als nicht zutreffend erweisen können. Es wird daher dringend geraten, unabhängigen Rat von Anlage- und Steuerberatern einzuholen. Durch das Bereitstellen dieser Informationen wird der Empfänger weder zum Kunden der Baader Bank AG, noch entstehen der Baader Bank AG dadurch irgendwelche Verpflichtungen und Verantwortlichkeiten dem Empfänger gegenüber, insbesondere kommt kein Auskunftsvertrag zwischen der Baader Bank AG und dem Empfänger dieser Informationen zustande. Es wird darauf hingewiesen, dass die Baader Bank an fünf deutschen Börsen als Skontroführer tätig ist und es möglich ist, dass das Institut in den beschriebenen Anlageinstrumenten eigene Positionen hält. Dieser Aspekt kann Einfluss auf die Informationen haben. Bitte beachten Sie auch die Ausführungen in dem Dokument "Umgang mit Interessenkonflikten bei der Baader Bank Aktiengesellschaft" das Sie unter www.baaderbank.de abrufen können. Für alle Hyperlinks gilt: Die Baader Bank erklärt ausdrücklich, keinerlei Einfluss auf die Gestaltung und die Inhalte der gelinkten Seiten zu haben. Daher distanziert sich die Baader Bank von den Inhalten der verlinkten Seiten und macht sich deren Inhalte ausdrücklich nicht zu Eigen. Diese Erklärung gilt für alle in den Seiten vorhandenen Hyperlinks, ob angezeigt oder verborgen, und für alle Inhalte der Seiten, zu denen diese Hyperlinks führen. Der Versand oder die Vervielfältigung dieses Dokuments ist ohne die vorherige schriftliche Zustimmung der Baader Bank AG nicht gestattet. Dieses Dokument enthält möglicherweise Links oder Hinweise auf die Webseiten von Dritten, welche von der Baader Bank AG nicht kontrolliert werden können und daher kann die Baader Bank AG keine Verantwortung für den Inhalt von solchen Webseiten Dritter oder darin enthaltener weiteren Links übernehmen. Copyright ©: Veröffentlicht von Baader Bank AG, Weihenstephaner Straße 4, 85716 Unterschleißheim, Deutschland. Baader Bank AG ist eine Aktiengesellschaft nach dem Recht der Bundesrepublik Deutschland mit Hauptgeschäftssitz in München. Baader Bank AG ist beim Amtsgericht in München unter der Nummer HRB 121537 eingetragen und wird beaufsichtigt von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), Marie-Curie-Straße 24-28, 60439 Frankfurt am Main und Graurheindorfer Straße 108, 53117 Bonn. Die Umsatzsteueridentifikationsnummer von Baader Bank AG ist DE 114123893. Der Vorsitzende des Aufsichtsrats ist Dr. Horst Schiessl. Die Mitglieder des Vorstands sind Uto Baader (Vorsitzender), Nico Baader und Dieter Brichmann.
Nach Abschluss seines betriebswirtschaftlichen Studiums begann Robert Halver seinen beruflichen Werdegang zunächst als Wertpapieranalyst bei der Sparkasse Essen. Anschließend arbeitete er als Analyst und Aktienstratege bei der Privatbank Delbrück & Co in Frankfurt.
2001 wechselte Robert Halver zur Schweizer Privatbank Vontobel. Sein Aufgabenschwerpunkt war die Formulierung der Anlagestrategie der Vontobel Gruppe in Deutschland.
Seit 2008 leitet Herr Halver die Kapitalmarktanalyse bei der Baader Bank AG in Frankfurt. In dieser Funktion ist er auch für die Außendarstellung der Baader Bank tätig.
Robert Halver ist durch regelmäßige Medienauftritte, auf Fachveranstaltungen und Anlegermessen sowie durch Fachpublikationen und als Kolumnist präsent.