Gewinnprognose unkonkret

Munich Re-Aktie nimmt trotz Quartalsverlust Kurs auf Mehrjahreshoch

09.11.17 12:06 Uhr

Munich Re-Aktie nimmt trotz Quartalsverlust Kurs auf Mehrjahreshoch | finanzen.net

Der weltgrößte Rückversicherer Munich Re traut sich nach dem Hurrikan-Sommer mit Milliardenverlust keine konkrete Gewinnprognose für 2017 mehr zu.

Stattdessen blickt Finanzvorstand Jörg Schneider auf das nächste Jahr - und hofft auf höhere Prämien im Schaden- und Unfallgeschäft. "Wir rechnen für die kommenden Verhandlungen wieder mit steigenden Preisen", sagte Schneider bei der Vorlage der Zwischenbilanz am Donnerstag in München. Dies gelte vor allem für von Katastrophen getroffene Gebiete. Die Hurrikan-Serie in den USA und der Karibik sowie zwei Erdbeben in Mexiko hatten verheerende Schäden angerichtet.

Allein die Zerstörungen durch die Wirbelstürme "Harvey", "Irma" und "Maria" dürften die Versicherungsbranche weltweit rund 100 Milliarden US-Dollar (86 Mrd Euro) kosten, schätzt die Munich-Re-Führung. Bei dem Münchner Konzern schlagen sie nach bisheriger Berechnung mit 2,7 Milliarden Euro zu Buche. Die Schätzungen hält der Vorstand weiterhin für unsicher: Die Abwicklung der Schadensfälle werde noch Monate dauern.

Im dritten Quartal rutschte der Konzern infolge der Schäden unter dem Strich mit 1,4 Milliarden Euro in die roten Zahlen - nach 685 Millionen Euro Gewinn ein Jahr zuvor. Für die ersten neun Monate steht damit ein Verlust von 155 Millionen Euro zu Buche. Im Gegensatz zur Rivalin Hannover Rück besserte der DAX-Konzern sein Ergebnis nicht durch den Verkauf von Aktien aus dem Anlagebestand auf. Analyst Thomas Seidl von Bernstein Research beurteilte die Ergebnisse der einzelnen Segmente als etwas enttäuschend.

Für die Munich-Re-Aktie ging es am Donnerstag dennoch aufwärts. Mit einem Kursplus von gut einem Prozent gehörte das Papier am Vormittag zu den stärksten Werten im DAX. Die Aktie befindet sich seit einigen Wochen auf einem Höhenflug und ist zurzeit so teuer wie seit April 2015 nicht mehr. Seit Anfang September - als Hurrikan "Irma" auf Florida zusteuerte - hat sie rund ein Fünftel an Wert gewonnen. Rückversicherer und Aktionäre hoffen auf Ende des langen Preiskampfs in der Branche. Mit einem Jahresplus von zehn Prozent dem hinkt die Munich-Re-Aktie dem DAX jedoch auf dessen Rekordjagd immer noch hinterher.

Der Vorstand um den neuen Munich-Re-Chef Joachim Wenning hatte seine ursprüngliche Gewinnprognose von 2,0 bis 2,4 Milliarden Euro für 2017 im Oktober kassiert und nur noch einen "kleinen Gewinn" in Aussicht gestellt. Finanzchef Schneider zufolge würde dies bei einem "normalen" Geschäftsverlauf im Rest des Jahres auf einen kleinen dreistelligen Millionen-Euro-Betrag hinauslaufen. Analysten gingen zuletzt im Schnitt von einem Jahresgewinn von rund 560 Millionen Euro aus.

Die Aktionäre können dennoch hoffen, dass sie für 2017 wieder eine Dividende von 8,60 Euro je Aktie erhalten. Das wäre genauso viel wie für 2016, als die Munich Re einen Jahresgewinn von 2,6 Milliarden Euro erzielt hatte. Schneider deutete an, dass es keinen Grund gebe, die Dividende ausfallen zu lassen. So frage man sich: "Warum sollten wir keine Dividende auf Vorjahreshöhe zahlen?"

Sicher ist sich der Vorstand, dass die Prämieneinnahmen der Schaden- und Unfall-Rückversicherung in diesem Jahr nicht ausreichen, um die Aufwendungen für Schäden, Verwaltung und Vertrieb zu decken. Die kombinierte Schaden-Kosten-Quote dürfte mit 112 Prozent deutlich über der kritischen 100-Prozent-Marke liegen. Im dritten Quartal lag sie sogar bei 160,9 Prozent und damit weit im roten Bereich. Vor den Katastrophen hatte der Vorstand für das Gesamtjahr noch eine Quote von 97 Prozent ins Auge gefasst.

Bei der Erstversicherungssparte Ergo könnte der Ausstieg aus der klassischen Lebensversicherung jetzt doch auf einen Verkauf der Vertragsbestände hinauslaufen. Die Ergo habe dazu eine Handvoll Angebote erhalten, bestätigte ein Sprecher. Ergo-Chef Markus Rieß hatte Mitte 2016 bekanntgegeben, die 6,5 Millionen Verträge nach klassischem Modell mit Garantiezins in die Abwicklung zu schicken. Vorgesehen ist dafür eine Einheit unter dem Dach von Ergo. Konzern-Finanzchef Schneider zufolge ist es auch jetzt völlig offen, ob die Ergo die Verträge an einen fremden Abwickler abgibt. Die Angebote würden jetzt erst einmal geprüft.

Das langjährige Sorgenkind Ergo steckt mitten in einem langwierigen Sanierungsprozess mit Jobabbau und einer Erneuerung der Computersysteme. Ergo-Chef Markus Rieß baut den Versicherer für die digitale Welt um. Erst vor kurzem ging das Unternehmen mit einem rein digitalen Versicherer namens Nexible an den Start. Im dritten Quartal verdiente das Unternehmen 29 Millionen Euro nach 19 Millionen Verlust ein Jahr zuvor. Im Gesamtjahr soll Ergo weiterhin 200 bis 250 Millionen Euro Gewinn erreichen - auch dank eines steuerlichen Sondereffekts in der ersten Jahreshälfte.

Der Umbau des Allianz-Konkurrenten (Allianz) soll aber noch bis ins nächste Jahrzehnt dauern. Ab dem Jahr 2021 soll Ergo pro Jahr rund 600 Millionen Euro Gewinn abwerfen.

MÜNCHEN (dpa-AFX)

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